Mir fiele nicht ein zu behaupten, dass früher alles besser gewesen wäre, aber… Manches war einfach einfacher. Zum Beispiel das mit den toten Tieren. Es gab einen Garten, da wurden unsere Haustiere begraben. Die Löcher buddelte mein Vater und dann waren er und meine Mutter ganz selbstverständlich für mich da. Wenn es nötig war, kamen sie sogar zum Einschläfern dazu; ich erinnere mich, dass mein wunderbarer Riesenkater Otello spätabends von einem Notdienst-Tierarzt eingeschläfert wurde und ich mit Otello bei mir zu Hause ins Taxi stieg und meine Eltern bei sich zu Hause. Dann trafen wir uns in der Praxis in Othmarschen. Hinterher fuhren wir zu meinen Eltern, es war inzwischen Nacht, und ich ließ Otello in der Obhut meiner Eltern, die ihn am nächsten Vormittag dann in ihrem Garten begruben.
Tja. Zwischenzeitlich haben wir meinen Vater begraben (nicht im Garten, sondern ordnungsgemäß auf dem Friedhof) und meine Mutter sitzt im Seniorenheim und ich weiß nicht, ob sie sich noch daran erinnert, was eine Katze ist und was meine Katzen mir bedeuten.
In Olgas letzter Nacht, als ich mir zunehmend klarer darüber wurde, dass sie am nächsten Morgen vermutlich eingeschläfert werden würde, habe ich darüber nachgedacht, was wir dann anschließend mit der toten Katze machen. Natürlich: Erstmal mit nach Hause nehmen, damit Ida verstehen und sich von ihrer Schwester verabschieden kann. Soweit alles klar.
Und dann? Irgendwo einen Platz im Wald suchen? In unseren alten Garten in Halstenbek einbrechen und hoffen, dass die neuen Besitzer uns nicht erwischen? Eine Grabstelle auf einem Tierfriedhof erwerben? Einäschern lassen und mir eine Urne ins Regal stellen? Die Asche irgendwo zwischen Spanien und Hamburg ins Meer streuen?
Mir fiel ein, dass ich erst wenige Tage zuvor gelesen hatte, dass es in Hamburg nun legalisiert werden wird, Menschen gemeinsam mit ihren Haustieren zu bestatten. Das hat die Hamburger Bürgerschaft vor wenigen Wochen beschlossen und im Laufe des nächsten Jahres soll ein Feld auf dem Ohlsdorfer Friedhof dafür freigegeben werden. Das finde ich eine sehr gute Sache, also für später mal. Jetzt brauchten wir aber eine andere Lösung.
Mir wurde relativ schnell klar, dass es für mich nicht in Frage kommen würde, eine tote Katze irgendwo im Wald oder wo auch immer zu begraben. Zu weit weg, zu schutzlos. Also einäschern – auch wenn ich ja bisher nicht wirklich ein Freund der Feuerbestattung war. Aber ein sicherer Platz für die Asche findet sich draußen doch leichter. Vielleicht auch vorsätzlich verstreuen, auch wenn Olgas bevorzugter Ort dafür vermutlich eine Fressnapf-Filiale wäre und ich nicht ganz sicher bin, ob sich das unauffällig bewerkstelligen ließe. Was ich auf keinen Fall will: Eine Urne in der Vitrine. Zum Loslassen/Freilassen gehört auch, die sterblichen Überreste meines Tieres in den natürlich Kreislauf zurückzugeben… meine Meinung, das darf und muss natürlich jede*r für sich entscheiden.
Vielleicht hätte mir am nächsten Tag schon auffallen sollen, dass Ida nur einen sehr kurzen Moment brauchte, um sich von der toten Olga zu verabschieden. Gerade lange genug, um ihr „Mach dir keine Sorgen, ich bin bald wieder bei dir!'“ zu flüstern. Das weiß ich jetzt. Der kurze Moment war sehr süß und ich kann nur jedem Katzenmenschen in einer solchen Situation empfehlen, seinen Tieren diese Möglichkeit zu geben. Der Tod gehört zum Leben, für Tiere vielleicht noch selbstverständlicher als für uns, und auch eine zurückbleibende Katze (oder ein anderes Tier) kann ganz bestimmt besser mit der veränderten Situation umgehen, wenn sie versteht, warum sie plötzlich allein ist.
Auf Anraten meines Freundes rief ich nicht die Hamburger Filiale einer bekannten Kette von Tierbestattern an, sondern ein kleines Familienunternehmen, den Haustierservice Schneider. Das war auf jeden Fall die richtige Idee. Das Ehepaar Schneider wohnt und arbeitet idyllisch am Deich im Hamburger Osten mit einem großen Garten und eigenen Tieren. Ein sehr freundlicher Pudel führte uns herum und erledigt wahrscheinlich nachts heimlich die Buchführung. Die menschlichen Schneiders sind unaufdringlich, freundlich, mitfühlend, pragmatisch und authentisch.
Wenn man die Asche seines Tieres nach der Einäscherung wiederhaben möchte, entscheidet man sich für eine Einzelkremierung. Gruppenkremierungen sind natürlich günstiger, aber dann bleibt die Asche, die ja keinem einzelnen Tier zuzuordnen ist, beim Tierkrematorium (die Schneiders arbeiten mit einer Einrichtung in Uelzen zusammen) und wird dort im Garten unter den großen Eichen verstreut. Wir hätten uns dann noch eine Urne aussuchen können, entschieden uns aber für die einfache und biologisch abbaubare Spanschachtel, die im Preis enthalten ist. Wir vereinbarten, diese am nächsten Wochenende abzuholen.
Nachdem die praktischen Fragen besprochen waren, durften wir wieder in den „Abschiedsraum“, wo Olga auf ihrer Decke lag. Wir hatten ja schon zu Hause eine Weile bei ihr gesessen, deswegen brauchten wir nicht mehr viel Zeit für den Abschied. Schwer war es natürlich trotzdem und Tränen flossen reichlich. Ich war sehr sehr froh, dass mein Freund an diesem Tag bei mir war. Und überhaupt immer da ist, wenn ich ihn brauche.
Was wir an diesem Tag noch nicht wussten, war, dass wir bei der Abholung der Asche von Olga eine gute Woche später den toten Körper von Ida bei den Schneiders abgeben würden. Das war schon ziemlich schräg und steht auf der Liste der traurigsten Dinge, die ich je tun musste, recht weit oben.
Gestern haben wir nun die zweite Spanschachtel mit der Asche von Ida geholt. Die beiden Schwestern sind wieder soweit miteinander vereint wie möglich. Im Katzenhimmel sind sie ja sowieso immer zusammen und niemals getrennt. Inwieweit mein Vater bei den Beisetzungsfeierlichkeiten eine Rolle spielen wird, kann ich hier – aus… äh… Gründen – nicht konkret ausführen, aber ich habe das Gefühl, wir werden ihn irgendwie miteinbeziehen.
Ich vermisse Olga und Ida jeden Tag, jede Stunde und in jedem Augenblick. Es ist schmerzhaft und schwer und schön. Ich nehme an, Sie kennen das.
Müsste ich eine solche Entscheidung treffen – ich würde beider Asche mischen, damit sie auch beim verstreuen irgendwie zusammen bleiben. Und in Hamburg, weil dort ihr gutes Zuhause war, bei Dir, und nicht einen Fuß in Richtung spanischer Müllhalde.
Wie auch immer Du es machst, es wird das richtige sein.
Liebe Grüße
Nicole
Sie bleiben auf jeden Fall zusammen, natürlich.
Vielen Dank dir.
Ich hab‘ alle meine Katzen noch bei mir (außer dem Much, der liegt zuhaus im Garten begraben, unter einem Rosenstrauch). Und die Stiefkinder wissen, dass die Asche meiner Miezen zu mir in die Urne kommt und wir dann alle gemeinsam im Waldfriedhof unter einem schönen Baum ruhen werden. Und am Tag der Auferstehung werde ich mir die entzückenden schwarzen Öhrchen von Chat Noir krallen und ihm die meinen überlassen. Und vielleicht überlassen sie alle mir auch ein bisschen vom Fell. Wäre viel hübscher als diese nackige Menschenhaut…..
Das wäre zwar nicht – zumindest in voller Länge – mein Plan, aber ich finde es großartig, dass du dir das so für dich überlegt hast… und deine Vorstellungen auch mitteilen kannst.
Meine Mimi ist im Juli mit nur 3 Jahren überraschend verstorben. Ich hab sie bei uns auf dem Grundstück beigesetzt, sogar mit einer Art Grabstein.
Vor kurzem mussten meine beste Freundin und ich uns mit dem Thema Tod noch einmal auseinander setzen, da es bei ihrem Kater gar nicht gut aussah. Die Möglichkeit einer Beisetzung auf dem eigenen Grundstück, oder Garten gab es nicht.
Ich hab dann ein wenig geforscht und bin darauf gestoßen, dass aus der Asche u.a. Schmuck hergestellt, oder der Schmuck mit der Asche befüllt werden kann. Das finde ich eine sehr schöne Idee, so ist das Tier immer bei einem ♡
Ja, davon habe ich auch schon gehört. Ist aber ziemlich teuer, glaube ich.
Außerdem glaube ich ans Loslassen und damit verbundene Heilung. Das heißt, auf die Dauer möchte ich die Asche gar nicht bei mir haben.
Tut mir sehr leid wegen deiner Mimi. <3