Zum Glück nicht in Hamburg: Olympia

Kaum ist der Spaß mit dem Herren-Fußball vorbei, da beginnt schon das andere große Sportereignis dieses Jahres, zum Glück nicht „im eigenen Lande“, sondern nebenan bei den französischen Nachbar*innen: Olympia. Wie schnell doch vier Jahre vergehen. Nein, Moment, es ist erst drei Jahre her, die letzte Olympiade musste ja pandemiebedingt um ein Jahr verschoben werden. Lang lang ist es her.

Nun aber geht es in Paris und umzu so richtig zur Sache: Einen riesigen Aufwand hat man dort betrieben, um die Wettkämpfe an allen möglichen Orten, an denen sonst keine Sportveranstaltungen stattfinden, abhalten zu können. Die Stadt steht Kopf, wochenlang, und die Menschen, die in der Stadt leben oder das zumindest versuchen, auch. Nicht freiwillig zum großen Teil, aber was bleibt ihnen anderes übrig? Sie müssen jetzt wochenlang mit großen Einschränkungen leben, z. B. durch die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen, einen Touristenansturm, der seinesgleichen sucht, und vor allem natürlich die temporäre Errichtung von Sportstätten an zentralen Stellen der Stadt. Temporär meint in diesem Zusammenhang meist mehrere Monate, einige Bereiche sind seit März und bis zum Oktober gesperrt. Dies hat auch Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr: Einige Metrostationen sind gänzlich geschlossen, andere sollen wegen des hohen Fahrgastaufkommens „gemieden werden“.

Wenn ich mal kurz überlege, wie eingeschränkt und von der Teilhabe an jeder Art vom normalen städtischen Leben ausgeschlossen ich mich bei den jährlichen großen Sportveranstaltungen in Hamburg (Marathon, Triathlon, Radrennen etc.) schon immer fühle, weil mein Stadtteil, die Neustadt, durch die Streckenführung oft teilweise oder auch vollständig zur Insel wird – das aber ja immer nur für ein langes Wochenende – dann tun mir die Pariser*innen von Herzen leid. Ich glaube, ich würde durchdrehen, wenn ich mich wochen- und monatelang mit den Auswirkungen so einer Großveranstaltung arrangieren müsste.

Fast hätte sich Hamburg ja damals auch um die diesjährigen Olympischen Spiele beworben – hätte sich nicht die Bevölkerung in einem Referendum energisch gegen diese Absicht ausgesprochen. Zum Glück. Geschätzte 8 Millionen Tourist*innen würde diese Stadt niemals aushalten, auch nicht, wenn nur ein Teil der mit Olympia verknüpften Pläne wie die Verlegung des Altonaer Fernbahnhofs oder der vollständigen Instandsetzung der Autobahn 7 rund um den Elbtunnel fristgerecht umgesetzt worden wären. Vom Bau potemkinscher olympischer Dörfer in der Hafencity trotz Corona-Krise ganz zu schweigen.

Und trotzdem hat der Bürgermeister vor wenigen Tagen verkündet, eine Gemeinschaftsbewerbung zusammen mit Berlin um die Olympischen Spiele im Jahr 2040 ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Natürlich nur dann, wenn das Volk mitmacht und nicht wieder den Bremsklotz gibt.

Was soll ich sagen? Dass ich es schon immer schön fand, ein Bremsklotz zu sein? Dass bis 2040 hoffentlich noch genug Zeit ist, um aufs Land umzuziehen und mit diesem ganzen Unsinn nichts mehr zu tun zu haben? Dass mir die Stadt Hamburg, die sich mehr und mehr darauf einlässt, ihre Lebensumstände und ihren Kalender nach Events aller Art auszurichten und nicht mehr an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Bewohner*innen, verdammt leid tut und gleichzeitig immer weniger sympathisch wird? Dass ich glaube, dass diese Entwicklung durch die wachsende Geringschätzung sozialer, kultureller und am Menschen ausgerichteter Kräfte und Bemühungen im städtischen Leben ein weiteres politisches Abdriften Hamburgs nach Rechts zur Folge haben wird? Ja, das könnte ich alles sagen. Oder schreien.

1 Kommentar

  1. jo, ihr lieben miezen, man möcht schrein angesichz solcher absichtsvoller abdrift in großtönender vorhaben un ihwennz, die nur eingen wenigen zugute kOMmen…fAUchen möcht man

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