Nach dem Frühstück

„So, bitte schön, Herr Fritti“, murmelte die dicke freundliche Frau verschlafen, während sie eine gut mit Katzenfutter gefüllte Schale auf den Fußboden im Wohnzimmer stellte, „guten Appetit!“

„Juhu, Frühstück“, rief Frittbert Frittelby und stürzte sich auf sein Essen, während die dicke freundliche Frau davontorkelte und die Wohnzimmertür von außen schloss. Mampf, mampf, mampf. Köstlich. Mehr, mehr. Mampf, mampf. Oh. Schon alle?

„Schon alle!“, rief Frittbert Frittelby und eilte zur Tür. „Kann ich noch einen Nachschlag bekommen?“

Keine Antwort. Kein Laut von draußen.

„Hallo!“, rief Frittbert Frittelby energisch. „Ist da jemand? Oder schlaft ihr schon wieder? Dann singe ich jetzt für euch. Miaujodelpiepsjodelmiau!“ Und er stimmte ein fröhliches Liedchen an, das mit Sicherheit auch hinter der Tür (und wahrscheinlich auch noch in der Nachbarwohnung) gut zu hören war. Herr Frittelby hatte für einen ausgewachsenen Kater eine ausgesprochen schöne und tragfähige Singstimme. Fand er zumindest. Und er konnte Triller und Koloraturen und lauter so musikalische Verzierungen, die sonst nur hochbezahlte Opernsängerinnen in dieser Lautstärke und Schönheit zu produzieren vermochten.

Hinter der Wohnzimmertür rührte sich trotzdem nichts. Frittbert Frittelby hörte auf zu singen und lauschte einen Moment lang angestrengt. War da nicht ein leises Murmeln aus dem Schlafzimmer zu hören? Orrrrr, bestimmt lagen die dicke freundliche Frau und Frl. Leonie Mau Arm in Arm und flüsterten miteinander. Dinge, die er, Frittbert Frittelby, nicht hören sollte. Aber er rühmte sich nicht umsonst eines Hörvermögens, das fast so außergewöhnlich war wie seine Sangeskünste. Und vielleicht sprach Frl. Leonie Mau vor lauter Aufregung ein bisschen lauter, als sie eigentlich sollte.

„Was redet sie da von Hosen im Kleiderschrank?“, fragte er sich überrascht. „Leo trägt doch keine Hosen. Die wären ihr auch alle viel zu groß und dann würde man ihren knackigen Popo nicht sehen. Pfui, Fritte!“ Und er fauchte sich aus lauter Gewohnheit selbst an, so wie Leo es immer tat, wenn er auf ihr Hinterteil zu sprechen kam oder es gar berührte. Ach, dieser knackige Streifenhintern … da konnte ein Kater von Welt schon mal ins Schwärmen kommen, auch wenn die dazugehörige Katze sich ganz schön zierte. Was aber einen Frittbert Frittelby absolut nicht erschüttern … oh, Moment, er wollte ja konzentriert zuhören, was da im Schlafzimmer geflüstert wurde. Also weg mit den schönen und anregenden Gedanken von Leos Streifenpopo und Ohren aufgestellt.

Aber im Schlafzimmer war inzwischen wieder Ruhe eingekehrt. Nur ein leises zweistimmiges und sehr damenhaftes Schnarchen war noch zu vernehmen.

Frittbert Frittelby verließ seinen Posten an der Tür und kehrte zu seinem Fressnapf zurück, um gewissenhaft zu überprüfen, ob vielleicht noch irgendwelche Reste zu finden waren. Schließlich nannte er sich nicht umsonst „der Lebensmittelkontrolleur“. Aber er war, wie erwartet, schon beim Reinschaufeln des Frühstücks ausgesprochen gründlich gewesen, so wie es seiner Natur entsprach. Der Futternapf war so blankgeputzt und sauber, dass die dicke freundliche Frau ihn einfach zurück in den Schrank stellen konnte. Falls sie irgendwann aufstand und die Tür zum Wohnzimmer wieder öffnete. Im Moment deutete nichts darauf hin, dass das sehr bald geschehen würde.

Seufzend zog Frittbert Frittelby seine Taschenuhr aus der Bauchtasche und überprüfte die Uhrzeit. Kurz vor sieben. Verdammt. Dann würde es bestimmt noch zwei Stunden dauern, bis der Wecker der dicken freundlichen Frau endlich klingelte und sie aufstand, um die Wohnzimmertür zu öffnen. Nachdem sie vorher die Reste von Leos Frühstück in der Küche versteckt hatte, natürlich.

So eine Unverschämtheit. Nicht nur, dass Leo ihr Frühstück direkt neben der dicken freundlichen Frau im Bett einnehmen durfte, nein, sie konnte sich dabei auch noch ewig lange Zeit lassen. Und er, Frittbert Frittelby, musste währenddessen im Wohnzimmer darben. Ganz alleine. So eine Ungerechtigkeit.

Frittbert Frittelby hüpfte aufs Sofa und rollte sich in seinem dort auf ihn wartenden Körbchen zusammen, um noch einen kleinen Moment zu schlafen. Schließlich reichte die über das karge Frühstück zugeführte Energie nicht unbegrenzt, dessen war er sich durchaus bewusst. Und da niemand genau wusste, wann es Zeit fürs Abendessen sein würde, musste er sich seine Kräfte geschickt einteilen. Also erst einmal ein Schläfchen. Und später, wenn die Türen in der Wohnung offenstanden und die dicke freundliche Frau zu diesem Arbeiten gegangen war, dann würde er mal in aller Ruhe überprüfen, was mit den Hosen im Kleiderschrank los war. Nicht, dass da am Ende noch Leckerlis versteckt waren. Leckerlis, die ihm beim Einführen in die Wohnung nicht ordnungsgemäß gemeldet worden waren. Nicht dass Frittbert Frittelby der dicken Frau misstraute, nicht direkt jedenfalls, aber als Straßenkater von Welt wusste er, dass es immer gut war, sich selbst ein Bild von der Lage zu machen. Egal, was für eine Lage das war. Und wenn sich dabei eine Gelegenheit ergab, Frl. Leo an den Hintern zu fassen und sie dazu zu bringen, diesen reizenden kleinen Rachen zum Fauchen ganz weit aufzureißen, dann umso besser.

Zufrieden kuschelte sich Frittbert Frittelby in sein Körbchen und schloss die Augen. Erstmal ein kleines Verdauungsschläfchen und dann würde er sich um all diese Angelegenheiten kümmern. Egal ob es seine Angelegenheiten waren oder die von jemand anderem. Jawohl.

1 Kommentar

  1. Oh.
    Herzliche Grüße an Fräulein Leonie Mau und an Herrn Frittbert Frittelby.

    Danke für den Beitrag, ich freue mich sehr darüber.

    Andrea

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