Zu alt für den Scheiß?

Fragen Sie sich auch manchmal, wenn gerade mal wieder nichts funktioniert, ob das jetzt an der Welt im Allgemeinen, irgendeiner Situation im Besonderen oder ganz schlicht an Ihnen selbst – und vielleicht der Tatsache, dass Sie einfach nicht jünger werden, sondern ganz im Gegenteil – liegt? Ob Aufgaben, die Sie früher mit links erledigt haben und die sich heute nicht mal mit beiden Händen und unter Zuhilfenahme der Füße und Ihres Verstandes erledigen lassen wollen, schlicht zu schwierig für Sie geworden sind. Ob irgendwas irgendwann noch einmal besser wird?

Ich werde in meinem Alltag gerade ständig mit diesen und ähnlichen Fragen konfrontiert. Sowohl im beruflichen Alltag wie im Privatleben. Vor allem natürlich auf dem weiten Feld der Gesundheit, also meiner Gesundheit.

In der vergangenen Woche fand meine letzte Psychotherapie-Sitzung statt. Es war eine Kurzzeit-Therapie, 25 Stunden, an die ich unfassbar problemlos gekommen bin, weil meine Krankenkasse an so einem Programm für Integrierte Versorgung namens „KOMPASS“ teilnimmt, über das man ohne großes Hin und Her bei einem der teilnehmenden Versorger einen Therapieplatz bekommen kann. Im letzten Herbst ging es los, ich bekam eine großartige junge Verhaltenstherapeutin zugeteilt, mit der ich vom ersten Moment an richtig gut reden und arbeiten konnte. Dass unsere gemeinsame Zeit jetzt abgelaufen ist, bedauern wir beide, ich sicher mehr als sie – und trotzdem bin ich auch froh, denn keine Therapie bedeutet auch einen Termin pro Woche weniger zu haben, bei dem ich pünktlich, ausgeschlafen und angezogen irgendwo sein muss.

Pünktlich ist mühsam, angezogen nervig und ausgeschlafen neuerdings wieder ein Ding der Unmöglichkeit. Obwohl ich meine Arbeitszeiten weitgehend selbst festlege und mir manchmal, wenn ich so gegen Mittag im Büro aufschlage, schon die ersten Kolleginnen, die in den Feierabend gehen, entgegenkommen, habe ich fast nie das Gefühl, lange genug geschlafen zu haben. Was natürlich dazu führt, dass ich immer auf den letzten Drücker ankomme, egal wo. In Kombination mit dem Ferienfahrplan der Hamburger Öffis und den daraus resultierenden Verspätungen und Busausfällen führt das dazu, dass ich auf dem Weg ins Büro manchmal keine Zeit habe, mir ein Brötchen zu kaufen. Und selbst wenn ich ausnahmsweise mal essbares Brot zu Hause habe, reichen Zeit und Energie morgens nicht aus, mir ein Brot zu machen und einzupacken.

In den meisten Wochen gehe ich an drei Tagen ins Büro bzw. in eins der beiden Hospize, für die ich arbeite, an zwei Tagen arbeite ich im Homeoffice und versuche, alle anderen notwendigen Termine auch an diesen Tagen unterzubringen. Zum Beispiel die Lymphdrainage für mein Lymphödem, die Krankengymnastik und notwendige Arzttermine. Und eben auch die Psychotherapie, die jetzt abgehakt ist. Arzttermine aber gibt es reichlich und daraus resultierend häufig noch Besuche im Sanitätshaus für Kompressionsstrümpfe, Einlagen gegen Fersensporn und andere schöne Dinge. Der Orthopäde neulich hat mir auch eine Orthese gegen X-Beine aufgeschrieben. Zwar glaube ich nicht, dass so eine Orthese an mein dickes Knie passt (auch wenn es langsam wieder abschwillt und der blaue Fleck der Schwerkraft folgend in meinen linken Fuß gerutscht ist), aber der Orthopäde meinte, ich sollte es zumindest probieren bzw. die Fachleute im Sanitätshaus um ihre Einschätzung bitten.

Auch damit, dass ich jetzt regelmäßig Medikamente, z. B. für den Blutdruck und die Schlaflosigkeit, einnehme und natürlich für entsprechenden Nachschub sorgen muss, bin ich noch leicht überfordert. Schon allein deshalb, weil ich nie zwei Tage hintereinander an derselben Apotheke vorbeikomme, so dass das Bestellen und Abholen der Medis genau überlegt sein will.

Wenigstens ist es in einer Großstadt wie Hamburg nicht übermäßig problematisch, auch kurz- und mittelfristig Termine beim Facharzt zu bekommen. Viele davon kann ich sogar online vereinbaren, was ich ja grundsätzlich lieber mache als stundenlang in einer Telefon-Warteschleife zu hängen.

Meistens kriege ich alles gerade so hin, nicht elegant, aber gerade noch rechtzeitig. Auf der Strecke geblieben ist dabei aber zum Beispiel das Einkaufen von Lebensmitteln (ich lasse mir inzwischen wirklich alles liefern, notfalls sogar Brötchen zum Frühstück). Zum Friseur habe ich es auch seit dem letzten Herbst nicht geschafft; so langsam sieht man es meinen Haaren auch an, dass ich sie selbst schneide. Eigentlich möchte ich ja auch – so ist es ist mit der Therapeutin abgesprochen – einmal in der Woche ins Schwimmbad. Eigentlich.

Das Gemeine ist ja, dass ich, obwohl ich oft kaum oder keine verwertbaren Lebensmittel im Haus habe und deswegen deutlich weniger esse als früher, kein Gewicht verliere. Seit dem Beginn der Postmenopause scheint mein Körper die Fähigkeit zum Abnehmen verloren oder vergessen zu haben. Was blöd ist, weil ich wirklich viel zu dick geworden bin. Mittlerweile denke ich sogar über die Abnehmspritze nach und habe neulich auch mit meinem Hausarzt über diese Möglichkeit gesprochen. Aber natürlich will so eine Spritze erst einmal finanziert werden und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich einen Tag Übelkeit pro Woche, mit dem man wohl nebenwirkungsmäßig rechnen muss, akzeptabel finde. Aber vielleicht probiere ich es einfach mal aus.

Gestern wollte ich Wäsche waschen und musste feststellen, dass der Wasserhahn unter der Spüle, aus dem das Wasser in die Maschine laufen soll, kaputt bzw. undicht ist. Der Gedanke daran, nun auch noch einen möglichst zeitnahen Termin mit dem Klempner machen zu müssen und dann die Küche zumindest so weit zu putzen, dass der arme Mann da seinen Job ausführen kann, treibt mir schon wieder Schweiß auf die Stirn. In der zweiten Augustwoche habe ich Urlaub und mehr Zeit, aber erstens will ich im Urlaub nicht jeden Tag einen doofen Termin haben und zweitens reicht meine Unterwäsche auch eher nicht bis dahin. Seufz.

Dann habe ich gestern noch versucht, mich bei meiner Krankenkasse für die elektronische Patientenakte anzumelden und die dazugehörige App zu registrieren. Das Hinterherlaufen bei Fachärzten, damit sie mir oder meinem Hausarzt ihre Befunde und Berichte aushändigen, ist mir nämlich auch zu nervig und zeitaufwändig. Aber auch die ePA ist nicht so ohne Weiteres zu haben. Weder konnte ich mich mit meinem Personalausweis registrieren noch die notwendige Pin für meine Krankenkassenkarte bestellen. Ein Kontaktformular abschicken ging aber immerhin, vielleicht meldet sich ja jemand zurück. Wobei ich das Kontaktformular fast auch nicht ausfüllen konnte: Es wollte nämlich mein Geburtsdatum wissen, bot mir aber als Eingabehilfe ausschließlich einen Kalender an, der den Juli 2025 anzeigt und nur monatsweise zurückswipebar (ist das ein Wort?) ist. Manuelle Eingabe eines Datums wurde zwar vorgeschlagen, ging aber nicht. Und wissen Sie, wie viele Monate zwischen dem Juli 2025 und dem März 1964 liegen? Wie viele Swipes das wären? Ich hatte nicht einmal genug Zeit, das auszurechnen, geschweige denn, es zu tatsächlich zu tun. Es könnte also wohl passieren, dass mein Kontaktformular nicht berücksichtigt werden kann, weil ich als Geburtsdatum aus reiner Verzweiflung den 27. März 2025 angegeben habe. Wir werden sehen. Falls Sie also nichts mehr von mir hören sollte, erfahren Sie alles Weitere im Brennpunkt nach der Tagesschau.

Bis dahin einen schönen Sonntag!

 

 

2 Kommentare

  1. Oh, ich fühle das so sehr.
    Alles, sogar das Schwimmbad!
    Wobei das beste Schwimmbad hier in der Gegend an einer monatelangen Restaurierung laboriert..

  2. Ha, vielleicht sponsort dir die Krankenkasse einen Pekipkurs, als Bonus bei einer so jungen Kundin mit ePatientenAkte.

    Viel Glück! Exakte steht mir auch noch bevor mit den selben Schwierigkeiten. Montag freue ich mich jetzt schon auf die Warteschleife. Vielleicht treffen wir uns ja irgendwo dort.

    Schönen Sonntag. Und danke für deine tollen zu Herzen gehenden erfrischenden Geschichten aus deinem Leben.

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