Noch zwei Wochen bis zum Urlaub. Es wird auch Zeit, wie jedes Jahr. So schlimm war es noch nie. Aber das sage ich ja auch jedes Jahr.
Vorfreude ist die schönste Freude. Da stehen mir noch alle Möglichkeiten offen, da kann ich noch Entspannung und Erholung pur planen. Sie sehen es doch auch plastisch vor sich, oder?
Wie ich morgens ausgeschlafen und tatendurstig aus dem Bett hüpfen werde, beim Blick in den Badezimmerspiegel denke: ‚Hej, ich muss nur duschen, Kosmetik ist absolut nicht notwendig!‘, mir dann ein gesundes, leckeres, nachhaltiges und umweltfreundliches Frühstück bereite, auf dem Sofa mit den Katzen schmuse, die Nachrichten und das Buch von gestern Abend fertig lese und dann spätestens um halb elf guten Mutes und kräftigen Schrittes aus dem Haus gehe, um den Tag so richtig auszukosten.
Bei schönem Wetter drehe ich dann eine Runde durch den Park, bevor ich ein paar Besorgungen mache und mich vielleicht irgendwo in der Umgebung von einem leckeren, leichten und sommerlichen Mittagstisch verleiten lasse. An besonders schönen Tagen mache ich einen Ausflug in einen Hamburger Stadtteil mit anliegendem Naherholungsgebiet, wo ich mindestens seit zehn Jahren nicht mehr gewesen bin. Natürlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln und in dem Naherholungsgebiet gibt es auf jeden Fall ein Hofcafé/Strandcafé/Café in einer umgebauten öffentlichen Toilette mit äußerst köstlichem selbstgebackenem Kuchen.
Bei nicht so schönem Wetter fällt die Runde durch den Park kürzer aus, weil ich zu Hause ja auch noch ein paar Sachen zu tun habe: Kleider- und Bücherschrank wollen durchgesehen werden. Die Steuerunterlagen meiner Mutter sortieren sich ja zum Glück quasi von alleine. Niemals, wirklich niemals sammeln sich in meinem Wohnzimmer ominöse Plastiksäcke, die zum Recyclinghof, zum Alterkleidercontainer, ins Tierheim oder einfach nur in die Mülltonne müssen. Nach einigen Stunden höchst effektiver Tätigkeit zu Hause belohne ich mich dann mit einem Besuch in der Sauna, oder, falls sich das Wetter inzwischen vorteilhaft entwickelt hat, mit einer Rundfahrt auf der Hafenfähre nach Finkenwerder und zurück plus Kaltgetränk.
An den allerbesten Tagen, völlig unabhängig vom Wetter, besuche ich meinen Freund in Bremen oder er mich in Hamburg. Wir fahren ans Meer oder gehen zusammen in den Park oder sitzen mit einem der ja in jeder Stadt vorhandenen Katzenpärchen auf dem Sofa. Wir gehen uns nie gegenseitig auf die Nerven, haben immer gleichzeitig Hunger (und Appetit auf dieselben Köstlichkeiten) und schlechte Laune kennen wir gar nicht.
Ich rede sechs Wochen lang nicht über Oper. Kein Sterbenswörtchen. Und mich ruft auch niemand an, um mir von den Sommerfestspielen in Bayreuth, Salzburg oder Verona zu erzählen. Mein Fernseher, der ohnehin nicht so genau weiß, auf welcher Frequenz arte und 3sat funken, schaltet bei Liveübertragungen von Musiktheater aller Art automatisch auf den Kinderkanal um und zeigt die Hamburger Traditionsserie „Die Pfefferkörner“ in Endlosschleife.
Natürlich nehme ich kein Gramm zu. Auch nicht unbedingt ab, obwohl ich ja ganz viel Sport treibe, aber die Muskeln, die von Tag zu Tag sicht- und spürbarer werden, haben ja auch ein gewisses Eigengewicht. Eigentlich treibe ich so viel Sport, dass ich gar nicht mehr aus dem Endorphinrausch rauskomme.
Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Ja, Sie dürfen es auch halluzinieren nennen. Aber in nur noch zwei Wochen geht es los. Sie werden schon sehen.