Im Rausch der Abendveranstaltungen

Ein kurzes langes Wochenende. Der Feiertag am Freitag ist für mich frei, aber dafür muss ich am Sonntag arbeiten. Tag der offenen Tür im Hospiz in Altona und gleichzeitig der Beginn der Hamburger Hospizwoche. Juhu. Mein Plan für die Woche hält für morgen ein fröhliches 11 bis 17 Uhr für mich bereit und dann, damit es nicht langweilig wird, von Montag bis Donnerstag jeden Tag eine Abendveranstaltung. Montag Trauergruppe in Altona, am Dienstag ein Vortrag zum Thema „Trauer und KI“, am Mittwoch am Deich eine Veranstaltung über unsere beiden „Therapiehunde im Hospiz“ und am Donnerstag die Trauergruppe am Deich.

Am Freitag werde ich dann voraussichtlich mein Bett nicht verlassen – vorausgesetzt, ich schaffe es am Donnerstagabend überhaupt noch nach Hause. Vielleicht, wenn ich auf dem Heimweg länger als 5 Minuten auf einen Bus oder eine S-Bahn warten muss, schlafe ich auch dort, in einem Haltestellenhäuschen oder in einem Gepäckschließfach. Falls es überhaupt noch Gepäckschließfächer gibt und, wenn ja, diese sich bargeldlos öffnen lassen.

Natürlich freue ich mich auf die Veranstaltungen der Hospizwoche, mir stehen sowohl die Vortragsreferentinnen wie auch die Hunde nahe und die Trauergruppen würde ich auch um keinen Preis nicht machen wollen. Aber ich finde mehrere Abendveranstaltungen in einer Woche auch anstrengend. Wobei: Bei uns fangen Abendveranstaltungen um 18 Uhr an und zur Tagesschau sind sie schon wieder beendet. Im Vergleich zu dem, was ich früher in der Oper an Abendveranstaltungen mitgemacht habe, ist das wirklich Kinderkram. Aber es hat eben auch seinen Grund, dass ich nicht mehr für die Staatsoper arbeite. Die meisten Werke, die in der Oper zur Aufführung kommen, dauern so um die drei bis dreieinhalb Stunden, einschließlich einer Pause. Wenn man mal mit ca. zwei Stunden ohne Pause davonkommt (Salome, Der fliegende Holländer, Rheingold), kann man schon von Glück sagen. Von so richtig langen Werken wie Die Meistersinger von Nürnberg, Götterdämmerung oder Don Carlos in der fünfaktigen Fassung rede ich lieber gar nicht erst: Da kommen zu dreieinhalb bis viereinviertel Stunden Musik im Allgemeinen noch zwei Pausen hinzu. Was bedeutet, dass man anschließend eigentlich eher nach einem Frühstückslokal Ausschau halten sollte als nach einer Cocktailbar.

Dagegen sind die Abendveranstaltungen im Hospiz wirklich harmlos und die Chancen, vor Mitternacht zu Hause zu sein, sind gut, sogar vom Hospiz am Deich aus gedacht. Da ist ja direkt vor der Tür eine Bushaltestelle. Der Bus fährt einmal pro Stunde, allerdings nur tagsüber. Ab dem mittleren Abend fährt er dann irgendwann nur noch die halbe Strecke und noch ein bisschen später gar nicht mehr. Wenn mich dann nicht irgendjemand zum S-Bahnhof mitnimmt, muss ich ein Taxi nach Bergedorf bestellen, das aber auch nur dann so weit raus in die Vier- und Marschlande fährt, wenn es im Stadtgebiet von Hamburg-Bergedorf gerade keine große Nachfrage gibt. Und dann muss ich ja auch noch von Bergedorf nach Hause, also erst S-Bahn und dann Bus fahren. Oder S-Bahn und Taxi, wenn es zu spät ist und ich zu müde bin. Wobei ich zu geizig (und zu wenig vermögend) bin, um zweimal am Tag Taxi zu fahren. Selbst bei Fahrten, die nur zweimal um die Ecke gehen, zahlt man in Hamburg mittlerweile über zehn Euro.

Wenigstens ist es mir gelungen, mir für die kommende Woche nur sehr verkürzte Anwesenheiten im Büro zu planen. Meine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden kommt in derart veranstaltungslastigen Wochen ziemlich schnell zusammen und ich soll ja keine Überstunden mehr machen, wenn sie nicht unbedingt sein müssen. Das sagen die Katzen und mein Chef. Was es mir in der Hospizwoche ermöglicht, immer erst nachmittags ins Büro zu gehen, aber in der darauf folgenden Woche vermutlich dafür sorgt, dass ein ziemlicher Haufen Arbeit auf mich wartet. Aber bis dahin dauert es ja noch ein bisschen.

Aber gut. Erstmal den Sonntag mit dem Tag der offenen Tür überstehen. Um elf eröffne ich im Altonaer Hospiz die Benefizkunstauktion. Gut, dass ich von Kunst, sofern es sich nicht gerade um Opern handelt, keine Ahnung habe. Aber dafür kann ich natürlich sehr ausführlich über das Hospiz erzählen: Warum wir immer und immer wieder auf Spenden angewiesen sind. Das kann ich inzwischen ganz gut – schließlich sammele ich die Spenden ja nicht für mich persönlich. Letztes Jahr habe ich es einmal geschafft, dass die Referentin einer Veranstaltung nicht nur auf ihr Honorar verzichtet, sondern auch noch Geld ins Spendenhäuschen gesteckt hat. Da war ich ganz zufrieden mit mir – und die Referentin, eine bekannte Autorin, wurde spontan auch die Lieblingsschriftstellerin meines Chefs (meine war sie ohnehin schon). Das Motto für heute ist also: Nicht über Kunst reden, das können andere besser, aber über unsere Arbeit im Hospiz und über Geld. Sollte klappen.

 

 

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