Wie alles anfing (Katze 1 erzählt).

Guten Morgen,
eigentlich wollte Bettina hier ja heute irgendwas Lustig-Österliches schreiben, aber leider schläft sie noch und wird wohl auch nicht rechtzeitig in die Hufe kommen. Zum Glück bin ich, Ida aka Katze 1, schon lange wach – und wie man ein Schreibprogramm benutzt, weiß ich auch.

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„Wenn hier alle schlafen, bloggt eben die Katze des Hauses.“

Wissen Sie, dass wir, also meine Schwester Olga aka Katze 2 und ich, diese Woche, genauer gesagt am 5. April 2018, schon seit zehn Jahren bei Bettina wohnen? Zehn Jahre. Das ist eine verdammt lange Zeit, ich meine, stellen Sie sich das doch mal in Hundejahren vor!

Was uns und natürlich Bettina in den zehn Jahren so alles passiert ist. Der Wahnsinn und das ganz und gar, ohne dass fremde Katzen diese Wohnung, also unser Heim, betreten hätten. Hunde waren da, in allen Größen und Formen, aber davon lassen wir uns gar nicht produzieren. Menschen auch, ebenfalls in diversen Ausführungen, aber wir haben sehr feine Antennen und wissen genau, mit wem wir engeren Kontakt wollen und mit wem besser nicht.

Protipp: Engerer Kontakt empfiehlt sich vor allem mit dem Personenkreis, der Leberwurstbrote, Hackbällchen oder zumindest Catsticks mit sich herumträgt.

Bettina ernährt sich ja seit sehr vielen Jahren schon vegetarisch, d. h. sie verzichtet komplett auf Leberwurstbrot und Hackbällchen. Das war schon so, als sie auf dieser Datingseite, über die wir uns kennenlernten, unser Profil anklickte, und wäre auch um ein Haar ein Ausschlusskriterium gewesen. Ich meine, was sollen wir von jemandem halten, der sich von Tofu und Gemüseburgern ernährt? Zum Glück war der Rest ihrer Bewerbung sehr ansprechend, so dass Olga und ich nach einiger Überlegung dann doch einem ersten unverbindlichen Treffen zustimmten.

Das erste Treffen fand auf neutralem Boden, in der Wohnung einer gemeinsamen Bekannten, statt. Wir waren dort schon seit einiger Zeit zu Gast, es waren gute, aber doch beengte Verhältnisse, und hofften, irgendwann in eine eigene kleine Bude umziehen zu können. Aber Sie wissen, wie schwierig das ist: Ohne Wohnung kriegt man keinen Job und ohne Job keine Wohnung. Olga hatte sich beim Ballett beworben und ich mich bei der Damenmannschaft des HSV – aber beides ging nicht so richtig voran, wahrscheinlich, weil unsere spanischen Ausbildungen und Studienabschlüsse hier nicht ohne Weiteres anerkannt wurden. In so einer prekären Situation komplett auf die Hilfe von Freunden angewiesen zu sein… das war auf die Dauer nichts für uns und so hatten wir unser Profil online gestellt und hofften auf vielversprechende Bekanntschaften aus dem Internet. 2008 wohlgemerkt, als noch lange nicht jede Katze dieser Welt online war.

Was wollte ich erzählen? Ach ja, das erste Treffen. Also, in der konspirativen Wohnung der erwähnten entfernten Bekannten, die sich „Pflegestelle“ nannte. Irgendwann am Nachmittag. Olga und ich hatten es uns für ein Mittagsschläfchen auf dem Bett der Wohnungsinhaberin gemütlich gemacht. Also, gemütlich sollte es aussehen. In Wirklichkeit waren wir natürlich ziemlich aufgeregt und neugierig – aber das wollten wir uns aber auf keinen Fall anmerken lassen.

Olga hatte vorher noch gefragt, ob wir Bettina nicht, weil sie doch Vegetarierin sei, direkt absagen sollten. Und blockieren auf der Datingseite. Aber ich sage ihr: „Ach, sie hat doch eigentlich sehr nett geschrieben und klingt auch sonst wie die perfekte Haushälterin. Wir treffen uns mit ihr und wir werden es ja sehen: Wenn sie innerhalb der ersten zehn Minuten von vegetarischer Ernährung spricht, dann hat sich die Sache erledigt!“

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Katze 2 wollte eigentlich auch was sagen, aber sie ist schon wieder eingepennt.

Olga stimmte zu und so lagen wir dann total lässig und mit halbgeschlossenen Augen auf dem Bett, als es an der Tür klingelte. Olga hätte sich natürlich am liebsten unter das Bett verpieselt, aber ich hatte ihr das strengstens verboten und außerdem residierte unter dem Bett ja auch schon Minka, die ungefähr achtzigjährige Katze des Hauses.

Wir blieben also auf dem Bett liegen und Bettina wurde ins Schlafzimmer geführt, um einen Erstkontakt mit uns herzustellen. „Ach“, sagte sie, als sie uns so pseudo-entspannt rumliegen sah“, die sind ja klein.“

Dann sprach sie uns an, irgendwas mit Mäusepüppis und Schnabelkatzen und Flupsipupsis. Wir lagen da, starrten sie aus halbgeschlossenen Augen an und verstanden kein Wort. Aber egal. Immerhin nannte sie uns nicht Tofuschnupsi, Schnabelsellerie oder Möhrenkuschel.

Die Puffmutter äh Vermittlungsbeauftragte ermutigte Bettina, uns zu streicheln. Sie zierte sich, weil sie uns offenbar nicht zu nahe treten und/oder aufscheuchen wollte. Sehr lobenswert. Stattdessen setzte sie sich auf die Bettkante und redete weiter, irgendeinen Quatsch. Ich öffnete das linke Auge ein bisschen weiter und schnüffelte.

Hm. Sie roch nicht nach Leberwurstbrot und leider auch nicht nach Fleischbällchen. Aber immerhin auch nicht unangenehm. Und sie hatte eine sehr schöne, schmeichelnde Stimme, die kein bisschen in den Ohren wehtat. Nach einer Weile streckte sie dann ganz vorsichtig die Hand aus und berührte mich an der Stirn. Ich war so überrascht, dass ich völlig vergaß, zu fauchen und wegzurennen. Olga starrte uns von der anderen Bettseite aus komplett entsetzt an. Aber aufspringen tat sie auch nicht.

Dann stand Bettina auf, ging mit der Vermittlungsbeauftragten in die Küche und begann dort eine angeregte Unterhaltung.

„Was reden die denn da?“ fragte Olga. „Können die nicht lauter sprechen?“

Ich stellte meine Ohren auf Mäusetippelempfangslautstärke, konnte aber auch nichts verstehen. Mist.

„Wir sollten mal jemanden in die Küche schicken zum Lauschen“, schlug Olga vor.

Gute Idee. Wir sahen uns an, nickten uns bestätigend zu und riefen im Chor: „Minka!“

„Am Arsch“, kam eine kratzige Altkatzenstimme unter den Tiefen des Betts hervor. „Es geht um eure Zukunft, da werdet ihr euch ja wohl selbst drum kümmern können.“

Hm. Olga und ich warfen uns einen weiteren Blick zu. Irgendwie hatte Minka schon recht. Ich stand also auf, reckte und streckte mich und hüpfte vom Bett. Total nonchalant, ohne Eile und mir der Tatsache, dass am Küchentisch eine fremde Person saß, in keiner Weise bewusst, schlenderte ich in die Küche, um dort den Napf mit dem Trockenfutter zu inspizieren.

Im selben Moment, in dem ich aus dem Augenwinkel dabei Bettina sehen konnte, sah sie mich auch. Und hielt die Luft an. Ich blieb vor Schreck stehen und vergaß ebenfalls zu atmen.

„Na, du kleines Mäusepüppi“, sagte sie dann, „kannst du dir vorstellen, mit deiner Schwester bei mir einzuziehen?“

Plötzlich konnte ich mir nichts vorstellen, was ich lieber täte. Trotzdem sagte ich vorsichtshalber gar nichts, sondern zählte weiter die Trockenfutterbröckchen in ihrem Napf (es waren dreiundzwanzig, was skandalös wenig ist, wenn man bedenkt, dass mehrere Katzen in der Wohnung regelmäßig von heftigen und außerordentlich plötzlichen Hungerattacken befallen wurden).

„Fein“, sagte Bettina. „Dann ist ja alles gebongt und wir müssen uns nur noch über die Einzelheiten verständigen. Aber wenn alles gut geht, könnt ihr am Samstag bei mir einziehen.“

Am Samstag schon? Ich drehte mich um, raste aus der Küche, bretterte zurück ins Schlafzimmer und hechtete aufs Bett.

„Olga“, zischte ich, ganz außer Atem von der Rennerei, „sie sagt, wir können am Samstag bei ihr einziehen!“

„Ach du meine Güte“, quiekte Olga, die die ersten Anzeichen einer Panikattacke zeigte. „Hast du sie gefragt, ob sie genug Katzenfutter hat? Richtiges Katzenfutter, mit Fleisch drin?“

„Oh“, sagte ich, „das habe ich wohl in der Eile vergessen. Aber ich bin mir so gut wie sicher, dass….“

Oh. Sie ist wach. Ich muss jetzt Schluss machen, glaube ich. Sicher will Bettina schnell einen Frohe-Ostern-Blogpost schreiben und die Zeit drängt, denn es ist schon fast elf Uhr. Ich erzähle später weiter, versprochen. Schließlich gibt es noch viel zu berichten. Für heute reicht es aber erstmal. Olga und ich wünschen Ihnen allen frohe Ostern.

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Frohe Ostern, ihr Hasen!

 

 

1 Kommentar

  1. Hallo Ida!
    Dir und Olga und Euerer vegetarisch lebenden Mitbewohnerin auch frohe Ostern!
    Schön, einmal persönlich von Dir zu lesen!
    Miau, Shila (ich habe den ersten April jetzt einfach auch mal genutzt, persönlich zu kommentieren)

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