Wie ein Qualitäts-Blogpost entsteht.

Sonntag, 11.01 Uhr
Geschafft. Der Blogartikel für diese Woche ist raus. Und so schlecht finde ich ihn gar nicht, auch wenn das Thema eine reine Notlösung war. Jetzt kommt der entspannte Teil des Sonntags, an dem ich mich zurücklehne, nichts tue und nur das freundliche Vibrieren meines Smartphones ab und zu (und ganz bescheiden) mit „Das ist, weil ich so gute Sachen schreibe!“ kommentiere.

Sonntag, 15.12 Uhr
Wordpress benachrichtigt mich darüber, dass heute recht häufig auf mein Blog zugegriffen wird: Deine Statistik ist im Aufschwung. Natürlich ist sie das.

Sonntag, 23.34 Uhr
Ich habe sooooo viele Ideen für den Blogpost der nächsten Woche; es wird schwierig werden, sich für eine zu entssssssssssssss

Montag, 7.34 Uhr
Was waren das nochmal für Ideen?

Dienstag, 23.56 Uhr
Komisch, die Blogideen, die am Sonntagabend noch mein Hirn bevölkerten, sind wie weggeblasen. Warum habe ich sie nicht aufgeschrieben?

Mittwoch, 0.07 Uhr
Egal, ich habe ja noch viel Zeit. Jetzt muss ich schlafen, Hirn, schlafen!

Mittwoch, 0.48 Uhr
Schlafen!

Donnerstag, 11.34 Uhr
So langsam müsste ich auch mal einen Blogpost für Sonntag schreiben oder mich wenigstens entscheiden, worüber ich schreiben will. Nicht hier im Büro und während der Arbeitszeit natürlich, aber schon irgendwie. Also, später.

Donnerstag, 11.45 Uhr
Ach, die Verträge kann ich auch morgen schreiben. Also, worüber möchte ich bloggen? Was Privates, was nicht so Privates?
Der neue Gesundheitsminister wäre doch eine prima Zielscheibe. Aber um seine dämlichen Aussagen sinnvoll kommentieren zu können, müsste ich sie gründlicher lesen. Das kann ja keiner wollen.
Die GroKo? Ach, darüber will doch keiner was lesen. Außerdem würde ich beim Schreiben einschlafen.
Die Katzen? Gehen immer, aber im April haben sie Geburtstag und wir feiern unser zehnjähriges Zusammenleben. Bis dahin müssen wir noch etwas Spannung aufbauen.
Meine Mutter? Ich könnte Bände über sie schreiben, aber das regt mich nur auf und nachher liest es wieder eine wohlmeinende Verwandte/Bekannte und erzählt ihr, dass ich im Internet über sie herziehe.
Das Leben im Seniorenheim? Darüber kann ich nicht viel schreiben, ohne auf die sehr speziellen Probleme meiner Mutter einzugehen und siehe oben.
Mein Ehrenamt? Mist, ich habe beim letzten Besuch im Hospiz wieder vergessen, mit meiner Kursleiterin darüber zu sprechen, was ich in meinem Blog unbedenklich beschreiben kann und was lieber nicht. Und einen Wischi-Waschi-Artikel zum Thema habe ich erst kürzlich hochgeladen.
Meinen Job? Je weniger ich darüber nachdenke, desto besser.
Katze 3 und Katze 4? Die sind echt süß, aber auch irgendwie Katzen. Und eigentlich will ich sie lieber im Geburtstag-Blogpost von Katze 1 und Katze 2 per Videokonferenz einbinden.
Mein Gewicht? Vergessen Sie’s.
Projekt „Wohnung auf Vordermann bringen“? Das wäre vielleicht eine Möglichkeit. Außer, ich müsste meine Wohnung wirklich auf Vordermann bringen. Dafür müsste ich erstens entrümpeln, zweitens zu Ikea und drittens unterm Bett staubsaugen. Klingt irgendwie anstrengend und unerfreulich, oder?
Vielleicht schreibe ich doch lieber ein paar Verträge und erledige endlich die Ablage.

Freitag, 18.27 Uhr
Wieso gibt es in diesem gar nicht so kleinen Supermarkt eigentlich nie alle Zutaten für irgendein Rezept, sondern immer nur bestenfalls drei von vier Bestandteile? Darüber müsste mal jemand bloggen.
Hey, Followerpower, ist vielleicht gerade jemand in der Nähe vom Rathausmarkt unterwegs und hat zufällig ein Gläschen Jalapenos dabei?

Samstag, 7.30 Uhr
Verdammt, der Wecker klingelt. Erstmal auf 8.30 Uhr weiterstellen. Haare waschen kann ich auch heute Nachmittag.

Samstag, 8.30 Uhr
Jetzt muss ich aufstehen und mich beeilen. Bürosamstage sind so was von überflüssig! Aber vielleicht habe ich da endlich Zeit für den wöchentlichen Blogpost.

Samstag, 11.57 Uhr
Oh, schon fast zwölf. Wenn ich jetzt nicht bald mit dem Blogpost anfange, kann ich nicht pünktlich um eins Feierabend mach… Oh. Telefon.

Samstag, 13.02 Uhr
Mist, nicht mal angefangen mit dem Blogartikel. Worüber wollte ich nochmal schreiben? Muss ich jetzt wirklich in den Supermarkt und Katzenfutter kaufen? Brauche ich sonst noch irgendwas? Jalapenos vielleicht?

Samstag, 14.07 Uhr
Endlich zu Hause. Warum ist es am Samstag im Supermarkt immer so voll und warum waren die lila Tütchen wieder ausverkauft? Um fünf kommt mein Freund. Nun aber schnell, Haare waschen und den Blogpost schreiben. Und vielleicht noch das Klo putzen.

Samstag, 14.13 Uhr
Vielleicht einen ganz kleinen Moment hinlegen.

Samstag, 17.02 Uhr
Wer ist denn das schon wieder? Unverschämth… Oh. ES IST WIE SPÄT?
„Hallo Schatz, schön, dass du da bist.“

Samstag, 17.04 Uhr
Auf dem Sofa ist es auch ganz schön. Und den Blogpost schreibe ich dann noch schnell heute Abend. Kein Problem.

Samstag, 21.24 Uhr
Wie kann man am Samstagabend so müde sein? Aber bis zehn halten wir noch durch, okay?

Samstag, 21.57 Uhr
Okay, das kann man gelten lassen. Stehe ich halt morgen ein bisschen früher auf und haue schnell was in die Tasten. Gute Nacht.

Sonntag, 9.30 Uhr
DIE UMSTELLUNG AUF SOMMERZEIT WAR HEUTE??? Warum sagt mir das keiner? Genau in der Stunde, die sie uns geklaut haben, wäre ich sowas von kreativ gewesen! Wo kriege ich denn jetzt bis 11 Uhr einen Blogpost her? Kann ich irgendwas recyclen? Beim Duschen Gedichte aufsagen und das Ganze als Podcast verkaufen? Kann mir bitte jemand einen Kaffee bringen? Habe ich noch Katzenfotos? Kinderfotos? Essensfotos? Fotos von den Staubmäusen unter meinem Bett? Irgendwas?

Sonntag, 9.35 Uhr
Ich wäre bereit, aber Windows muss noch schnell ein Update ziehen. Kleinen Moment noch.

Sonntag, 10.23 Uhr
Das Windows-Update steht bei 54 %. Ich kann so nicht kreativ sein. Außerdem hat mein Freund gerade Brötchen geholt und ich kann ihn schließlich nicht alleine frühstücken lassen. Die Katzen sehen echt niedlich aus, wenn sie mit der Sonne von der Fensterbank, über den gedeckten Tisch, die Wand runter und auf den Holzfußboden rutschen. Schade, dass ich heute nichts über sie schreiben kann.

Sonntag, 10.36 Uhr
Ach, Katzen gehen immer. Außerdem wird das heute ja eh nur ein kurzer Notfall-Blogartikel. Den Artikel zum Geburtstag/Jubiläum bereite ich ja richtig gut vor, damit er echt spektakulär wird, der kann das dann schon ganz locker toppen. Also, los geht’s. Erstmal ein paar Fotos hochladen.

Sonntag, 10.59 Uhr
So, da ist der Artikel. Sogar noch vor 11 Uhr fertig. Eigentlich finde ich mich sehr professionell. Dass ich ihn mit Stress im Nacken geschrieben habe, beweist doch auch nur, dass ich auch unter Hochdruck und in Krisensituationen noch gute Arbeit abliefere, oder? Also, Hochladen und Frühstück.

Sonntag, 11.01 Uhr
Geschafft. Der Blogartikel für diese Woche ist raus. Und so schlecht finde ich ihn gar nicht, auch wenn das Thema eine reine Notlösung war. Jetzt kommt der entspannte Teil des Sonntags, an dem ich mich zurücklehne, nichts tue und nur das freundliche Vibrieren meines Smartphones ab und zu (und ganz bescheiden) mit „Das ist, weil ich so gute Sachen schreibe!“ kommentiere.

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