Wissen Sie noch, wie viele allerbeste Freundinnen Sie im Laufe Ihres Lebens schon hatten? Mehr als eine? Mehr als fünf? Mehr als zehn? Mit wie vielen dieser BFFs sind Sie noch (allerbestens) befreundet oder stehen zumindest noch in Kontakt?
Meine Bilanz ist ernüchternd. Ich kann mich an mindestens sieben beste bis allerbeste Freundinnen erinnern – mit keiner von ihnen habe ich noch Kontakt. Bei den meisten hoffe ich einfach nur, dass sie mir nicht noch einmal begegnen werden, tue aber nichts dafür oder dagegen. Einer, ausgerechnet der längsten und allerbesten, gehe ich aktiv aus dem Weg.
Die meisten meiner freundschaftlichen Beziehungen verliefen schlicht, wie es vor allem bei Kinder- und Jugendfreundschaften nicht unüblich ist, einfach im Sand. Man wechselte nur die Schule, die Stadt, die Lebenseinstellung oder den Lippenstift und schon stellte sich heraus, dass man nicht mehr wirklich kompatibel miteinander war. Oder der Aufwand zur Pflege der Freundschaft zu hoch, wenn man sich nicht mehr automatisch jeden Tag sah. Meistens auf beiden Seiten und ohne viel Bedauern.
Eine beste Freundin hat mir die Freundschaft gekündigt. Sie brauchte mehr Zeit, Zuwendung, Unterstützung und kritiklose Hingabe, als ich zu geben bereit war. Ich war darüber sehr traurig, sah aber auch keine gemeinsame Zukunft für uns. Wir stritten uns einmal heftig am Telefon und am nächsten Tag wünschte sie mir zu einer Zeit, von der sie wusste, dass ich nicht zu Hause sein konnte, per Anrufbeantworter noch ein schönes Leben.
Mit einer besten Freundin habe ich mal Schluss gemacht, weil sie nicht nur sehr besitzergreifend war, sondern weil mich irgendwann der Verdacht beschlich, von ihr hauptsächlich als Rollenmodell benutzt zu werden. Das ging so weit, dass ich irgendwann das Gefühl hatte, diese Freundin lebe mein Leben – auch wenn ich gar nicht dabei war. Irgendwie waren da ein paar Grenzen überschritten und das verursachte bei mir ein mulmiges Gefühl. Wir hatten ein langes Gespräch, in dessen Verlauf ich ihr klarzumachen versuchte, dass ich ein paar Schritte zurück machen müsse, um mich nicht zu sehr vereinnahmt zu fühlen. Sie war zunächst sehr beleidigt, beruhigte sich aber wieder und wir waren dann noch eine ganze Weile locker befreundet.
Schlimm war aber der Abschied bzw. der Nicht-Abschied von meiner längsten allerbesten Freundin. Ich habe sie mehr oder weniger geghostet. Darauf bin ich nicht stolz, aber ich wäre sonst aus der Nummer nicht mehr heil rausgekommen, davon bin ich fest überzeugt. Meine Freundin hatte sich mit ihrem gesamten Leben auf einen Irrweg begeben, langfristig, gründlich und aus meiner durchaus an Ethik und Moral ausgerichteten Sicht ziemlich gefährlich. Gefährlich für sie und auch für andere. Ich hatte lange und mit immer weniger Überzeugung getan, was allerbeste Freundinnen eben tun: Ihr (vor allem) zugehört, gut zugeredet, sie konstruktiv kritisiert, ihr praktische Lösungen aufgezeigt, ihre Krisen mit ihr ausgehalten und mir selbst eingeredet, ich könne sie letztendlich nur dann unterstützen, irgendwann eine erneute Richtungsänderung vorzunehmen, wenn ich ihre derzeitige Lebenslüge und ihre idiotischen Entscheidungen ein Stückchen weit mit ihr trage. Oder zumindest nicht die Behörden alarmiere.
Es kam, wie es kommen musste: Die Situation eskalierte komplett und mündete in eine veritable Katastrophe. Meine Freundin brach komplett zusammen, allerdings, wie ich schnell merkte, nur in dem geschützten Raum unserer Freundschaft. Überall sonst log und betrog sie weiter und betrieb eine Art von Schadensbegrenzung, die mir auf einmal nur noch ekelhaft vorkam. Es war, als hätte jemand in meinem Hirn einen Schalter umgelegt: Plötzlich fand ich meine Freundin extrem unsympathisch, alle freundschaftlichen Gefühle waren wie weggeblasen. Was blieb, war Scham. Und die Angst, selbst noch auf einen Irrweg zu geraten, von dem ich nicht mehr runterkomme.
Bis der Rest von mir auf diesen umgelegten Schalter mit Konsequenzen reagieren konnte, dauerte es noch ein paar Tage, aber dann war es so weit. Meine innere Stimme sagte mir: „Hau ab, mach dass du weg kommst, schau nicht zurück, versuch nicht es ihr zu erklären, geh einfach, schnell, jetzt.“
Normalerweise bin ich nicht unbedingt ein Fan meiner inneren Stimme, aber in dem Moment wusste ich, dass ich ihr folgen musste. Sofort und, ganz wichtig, ohne mich in irgendwelchen Erklärungen oder einem Abschied zu verheddern. Meine Freundin würde mich andernfalls nicht gehen lassen und mich am Ende gar mit in ihren Abgrund ziehen.
Also stellte ich mich tot. Ging nicht mehr ans Telefon, antwortete nicht auf Nachrichten. Meine Familie und gemeinsame Bekannten bat ich, auf eventuelle Nachfragen meiner ehemals allerbesten Freundin so zu antworten, wie sie es für richtig hielten, mir aber bitte nichts davon zu erzählen. Sie hielten sich fast alle daran und so war nach einigen Wochen, in denen ich gelegentliche Anrufe und Nachrichten nicht annahm, dann endlich Funkstille.
Ich würde Ihnen jetzt gerne erzählen, dass ich lange gebraucht habe, mich von diesem fürchterlichen Ende einer jahrzehntelangen Freundschaft zu erholen. Aber das stimmt nicht, denn ich habe mich gar nicht wirklich davon erholt. Ich hatte nur direkt im Anschluss zu viele andere schwierige, anstrengende und zeitraubende Krisensituationen im familiären und beruflichen Umfeld, um meiner verlorenen Freundin nachzutrauern. Außerdem war ich einfach nur heilfroh, den Absprung geschafft zu haben.
Die Rolle der besten oder gar allerbesten Freundin habe ich seitdem nicht nachbesetzt; sie ist weiterhin vakant. Vielleicht liegt das am Alter und an meinen Lebensumständen, vielleicht bin ich auch einfach vorsichtiger und ängstlicher geworden. Vielleicht ein bisschen von beidem. Ich treffe noch immer ab und zu Frauen, bei denen ich denke: Oh, mit ihr wäre ich gerne befreundet! Aber dann unternehme ich doch nichts. Eventuell bin ich zu bequem geworden, ich brauche ja auch viel Zeit für mich. Stundenlange Telefongespräche jeden Abend könnte ich einfach nicht mehr ertragen, Offline-Shopping ist mir viel zu anstrengend und MÖGLICHERWEISE LIEGT ES JA AUCH AN MIR UND JEDE FRAU, DIE SICH MIT MIR ANFREUNDET, WIRD AUTOMATISCH EIN PSYCHO! Was weiß denn ich?
Ob mir etwas fehlt? Ja, sicher. Manchmal sogar sehr. Aber es ist halt, wie es ist, und erzwingen kann ich nichts. Vielleicht passiert es ja trotzdem irgendwie – ich meine, wer sieben beste Freundinnen überlebt hat, trifft ja möglicherweise auch noch eine achte. Warten wir es ab.
Diejenige welche ich als beste Freundin bezeichne, sehe ich im Schnitt alle 2-3 Jahre mal kurz und telefonieren tuen wir zu unseren Geburtstagen und Weihnachten oder Sylvester. Aber Sie wäre noch immer diejenige zu der ich ginge wenn Weltuntergang wäre … wir haben die Zeit zwischen 16-19 Jahren zusammen im Internat überlebt, danach brauch es nicht mehr viele Worte.
Ansonsten bezeichne ich meinen Mann gerne als meine beste Freundin … der kennt mich aber auch schon lange … und manchmal viel zu gut und ist immernoch an meiner Seite.
Und am Wochende feiern wir den 50. Geburtstag einer Freundin, die ich kenne seitdem ich 13 Jahre alt bin. Da waren wir übrigens auch bei der Hochzeit und zur Geburt der Kinder…