Erste Woche im Job: Überlebt.

Was für eine Woche! Sie wissen ja, meine Festanstellung begann am Dienstag, 15. Februar. Die wichtige Sitzung am Montagnachmittag habe ich also noch als Honorarkraft wahrgenommen. Kein Problem, aber dadurch war ich nun doch alle fünf Werktage dieser Woche im Hospiz.

Im Grunde kein Problem, ich war höchst begierig darauf, den Job anzufangen. Schließlich soll ich ja eine Menge schöner Dinge machen, viele davon durchaus anspruchsvoll, und einige davon sind mir noch nicht aus meinen vorherigen Tätigkeiten vertraut. Aus diesem Grunde bin ich ja auch schon jetzt eingestellt worden, obwohl das Hospiz am Deich ja erst in der zweiten Jahreshälfte eröffnet werden wird: Damit ich gut eingearbeitet werde und dann zum Beispiel die Öffentlichkeitsarbeit (die den größten Teil meiner Stunden in Anspruch nehmen wird) eigenverantwortlich und kompetent ausüben kann.

Nun ja. Zur Einarbeitung gehören bekanntlich zwei. Mindestens. Und ich war da, aber die andere Seite, die mit dem Wissen darüber, was wann wie zu tun ist, leider nicht. Na toll.

Auf die Fragen besorgter Kolleg*innen und der Geschäftsführung antwortete ich, halbwegs gelassen, dass ich mich trotzdem nicht langweilen würde: Genug Arbeit, auch von der Sorte, bei der ich schon jetzt genau weiß, was ich zu tun habe, gibt es schon. Eigentlich ist ja auch vorgesehen, dass ich mich in dieser Phase überwiegend mit der Website und anderen Infomaterialien für das neue Hospiz beschäftige. Kein Problem also, dann müssen die anderen Sachen eben ein bisschen wart… WAS?

Die anderen Sachen können leider nicht warten. Es geht um die Hospizzeitung, deren Veröffentlichungszeitpunkt bereits feststeht – leider in nicht allzu ferner Zukunft. Ob ich mal den aktuellen Stand abklären und vielleicht auch schon die Arbeiten fortsetzen bzw. vorantreiben könne?

Aber natürlich, versprach ich, ich gebe mein Bestes. Betrat, leicht verunsichert aber noch guter Dinge, das Büro der Öffentlichkeitsarbeit und ging ans Werk. Was gar nicht so einfach war, denn zunächst mal weigerte sich der für meine Kollegin optimierte Schreibtischstuhl (Modell „Rodeo“), mich auf sich Platz nehmen zu lassen. Er buckelte, wippte und wandte den fiesen Trick mit der beweglichen Rückenlehne an, um mich abzuwerfen. Darüber hinaus war er zu hoch eingestellt und rollte mir schon beim Versuch des Hinsetzens auf dem glatten Laminatboden immer davon. Ich kam mir völlig bescheuert vor, bis ich dann endlich saß, und hätte gerne einen Anschnallgurt gehabt. Von den diversen Kipp-, Wipp- und Drehschaltern zur Feinjustierung konnte ich nämlich nur einen mit viel Kraft bewegen, während die anderen sich nicht rührten.

Als ich dann endlich saß, war ich mit dem nächsten Problem konfrontiert: Ich konnte – zum wiederholten Male – den Einschaltknopf für den Rechner nicht finden! Dieser verbirgt sich, das habe ich bei einer Urlaubsvertretung im letzten Sommer schon einmal mühsam herausgefunden, nämlich wie auch der gesamte Rechner in der Umrandung des Monitors. Unten rechts, das wusste ich noch – finden konnte ich ihn trotzdem nicht. ARGH. Es dauerte wirklich rund zehn Minuten, bis das Ding endlich eingeschaltet war, ich war schweißgebadet.

So. Nun aber. Fünf verschiedene Posteingänge, einen blinkenden Anrufbeantworter und die Erkundung eines – wie soll ich es nennen – sehr interessanten, weitgefächerten Ordnersystems auf dem Rechner später war es allerdings bereits Zeit für den Feierabend. Na ja, fast. Uff.

Am nächsten Tag telefonierte ich dann zwei Stunden lang mit der abwesenden, aber überaus hilfreichen Vorgesetzten/Vorgängerin/Kollegin, machte mir dabei knapp 18 Seiten Notizen und versuchte das in mir aufsteigende Gefühl von leichter Panik irgendwie unter Kontrolle zu halten. Der aktuelle Stand der Dinge stellte sich folgendermaßen dar: Es ist nicht nur viel zu tun, sondern alles. Hau rein, mach schnell – du wirst trotzdem nicht rechtzeitig fertig werden. Juhu.

In den langen Jahren meines letzten Jobs habe ich derartige Situationen schon häufiger erlebt. Ich weiß, dass ich sie überstehen kann, und auch, dass ich meistens sehr viel mehr schaffe als erwartet.

Aber: Ich bin nicht mehr daran gewöhnt, den ganzen Tag in einem Büro zu sein. Fast zwei Jahre lang, seit Mitte März 2020, war ich entweder ganz bzw. überwiegend im Homeoffice oder komplett selbstbestimmt mit Ehrenamt, Honorartätigkeiten und Weiterbildungen. In Puschen und mit Katze am heimischen Rechner.

Im Büro fehlt nicht nur die Katze, sondern auch ein Sofa, auf das ich mich zwischendurch mal für zehn Minuten setzen kann. Auf dem fremden Bürostuhl tut mir, auch wenn er inzwischen besser eingestellt ist, nach ein paar Stunden durchaus der Rücken weh.

Andererseits ist es natürlich schön, dass immer Menschen in der Nähe sind. Die kann ich fachliche Fragen fragen oder auch mit einem kleinen Schwätzchen aufhalten. Das gefällt mir schon gut. Sie sind auch alle sehr lieb und hilfsbereit und freuen sich, dass ich da bin.

Trotzdem habe ich die ganze Woche schlecht geschlafen, nicht nur wegen der Extremwetterlagen, sondern auch, weil in meinem Kopf so viele Sachen durcheinanderrattern. Meist gar keine großen Probleme, sondern kleine Fragen und Unklarheiten, die ich in vollständig wachem Zustand sofort auflösen könnte. Im Halbschlaf aber finde ich sie sehr schwer abzuschütteln.

Am Donnerstag hatte ich aber so langsam das Gefühl, ich kriege wenigstens einige Sachen langsam in den Griff. Und dann kam plötzlich mitten in einer langen Besprechung die Anfrage, ob vielleicht jemand von uns eine vierte Impfung haben möchte: Einer unserer festen Hospiz-Hausärzte, der einmal in der Woche unsere Gäste besucht, hatte aus seiner Praxis übriggebliebene Dosen Biontech mitgebracht.

Natürlich schrie ich sofort: Hier, ich! Meine dritte Impfung liegt schließlich vier Monate zurück und ich überlege schon seit mindestens vier Wochen, wann ich mich wohl wieder impfen lassen darf. Vier Monate nach der Drittimpfung dürfen offiziell noch nicht alle, aber die Risikogruppen, sagte die Hospizleitung. Also: Machen Sie mal den Arm frei. Juhu.

Nun habe ich ja die ersten drei Impfungen immer bestens vertragen. Als freier Mensch ohne festen Job konnte ich meine Termine so planen, dass ich mich nach den Impfungen schonen konnte. Das war angenehm, aber mein Gefühl war immer: Wenn ich müsste, könnte ich auch arbeiten. Nun war also der Moment gekommen, diese Behauptung auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen.

Am Donnerstagnachmittag war alles locker. Ich arbeitete ganz normal und spürte eigentlich nichts außer vielleicht einer etwas empfindlichen Einstichstelle. Abends zu Hause aber war ich auf einmal unheimlich müde. Egal, früh ins Bett ist ja auch mal schön. Ich ging kurz nach der Tagesschau schlafen, mit dem Erfolg, dass ich dann von zwei bis acht schlaflos im Bett lag und über die ganzen Sachen nachdachte, die ich am Freitag erledigen wollte.

Müde und mit leichten Gliederschmerzen ließ sich dann aber auch der Freitag bewältigen. Siehe da, ich bekam auch ein paar Sachen geschafft und habe jetzt tatsächlich den Eindruck, dass es die Hospizzeitung, Ausgabe Frühjahr 2022, wirklich geben wird. Vielleicht sogar schon zu Ostern. Außerdem bekam ich endlich einen eigenen Büroschlüssel, hui.

Am Montag soll auch ein VPN-Tunnel auf meinem Laptop eingerichtet werden, damit ich auch mal von zu Hause oder auch innerhalb des Hospizes mobil arbeiten kann, sobald die Vorgesetzte/Vorgängerin/Kollegin wieder da ist. Darauf freue ich mich, denn bei meinem Laptop finde ich den Einschaltknopf immer, sogar im Dunkeln, auf Anhieb.

Es wird alles werden, davon bin ich überzeugt. Kleine Anlaufschwierigkeiten halten mich nicht auf. Einarbeitung wird überbewertet, das weiß man ja. Und hey, ich bin zum vierten Mal geimpft! Der Sturm hat sich hoffentlich verzogen und das mit dem Nachtschlaf wird sich hoffentlich auch bald normalisieren. Alles in allem bin ich sehr glücklich, jawohl.

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