Gute Vorsätze in liebevolle Hände abzugeben

Was mich an diesem Januar besonders stört? Also, außer dem Wetter und der ewigen Dunkelheit? Das kann ich Ihnen sagen: Dieser Scheiß mit den guten Vorsätzen, der macht mich müde und quengelig.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich können Sie so viele gute Vorsätze haben, wie Sie wollen bzw. brauchen, und von mir aus können Sie auch den ganzen Januar total lässig mit einer Sporttasche über der Schulter im Büro rumlaufen, weil Sie abends noch zum Sport „müssen“. Ob Ihr Januar „dry“ ist und ob Sie jetzt in Windeseile Ihre Bikinifigur durch eine Radikaldiät freilegen möchten, das geht mich gar nichts an und es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen.

Wobei: Wenn Sie mich nicht pausenlos mit diesen Vorsätzen und der Umsetzung derselben nerven, dann liegt es mir auch vollkommen fern, Ihnen meine völlig unerhebliche Meinung zum Thema zu sagen. Ich gönne Ihnen ja Ihre schlanke Taille und Ihrer Leber eine Ruhepause.

Was ich Ihnen wesentlich weniger gerne zugestehe, ist die Freiheit, Kekse, Alkohol und Abende mit Netflix auf dem Sofa böse zu finden. Ich liebe Kekse, Alkohol und mein Sofa – und ich finde es schäbig von Ihnen, mir diese Grundpfeiler meiner seelischen Stabilität schlechtreden zu wollen. Jawohl. Kekse sind nicht böse. Kekse sind toll.

Wenn Sie keine Kekse essen wollen (wie gesagt: Das ist Ihr gutes Recht!), dann essen Sie keine Kekse (dann bleiben auch mehr für mich). Wenn Sie keinen Alkohol trinken wollen, dann trinken Sie halt Grünkohlsmoothies oder Früchtetee. Und wenn Sie nicht auf dem Sofa Netflix gucken wollen, dann gucken Sie auf dem Laufband Dschungelcamp oder gehen Sie ins Freie und ertüchtigen Sie sich körperlich. Alles in Ordnung mit diesen Lebensentscheidungen. Nur: Erzählen Sie mir nicht so viel davon.

Kommen Sie bitte nicht in mein Büro, um sich darüber zu beschweren, dass in der Teeküche Kekse stehen. Kekse, die Sie dort selbst deponiert haben. Und von denen Sie jetzt gerne einen essen würden – aber das schlechte Gewissen lässt Sie nicht, denn im Januar sollte ja Schluss mit dem Lotterleben sein. Im Klartext: Sie können nur dann einen Keks essen, wenn Sie mindestens einem Kollegen auch einen aufdrängen können… damit Sie dann von Herdentrieb und „ich wurde genötigt“ sprechen können. Und wer eignet sich für diese Maßnahme besser als die dicke Kollegin, die ja sowieso wahllos alles in sich reinstopft, was nicht bei Drei auf dem Baum ist?

Kleiner Tipp der dicken Kollegin: Du wirst nicht weniger fett, nur weil ich auch einen Keks esse. Und außerdem mag ich deine komischen Kekse nicht.

Übrigens esse ich keinesfalls wahllos alles, was mir angeboten wird. Im Gegenteil: Ich bin sogar extrem krüsch und finde, dass die meisten Lebensmittel die enthaltenen Kalorien nicht wert sind. Ich würde sie nicht kaufen und in den allermeisten Fällen auch nicht essen, nur weil sie sie in der Teeküche rumstehen oder mir angeboten werden.

Im Januar freue ich mich immer sehr darüber, dass man endlich wieder normal im Supermarkt einkaufen kann. Es ist nicht mehr so voll wie im Dezember und es stehen nicht überall Saisonartikel im Weg herum. Die Kassenschlangen sind nicht mehr so lang, dass man sich schon vor dem Betreten des Ladens anstellen muss, und die Menschen sehen nicht mehr ganz so hektisch und genervt aus (außer denen, die sich jetzt traurig an der Salatbar um die letzten Gurkenscheiben prügeln). Unter Umständen schaffe ich es ungehindert, Brot, Milch, Äpfel und Käse zu kaufen, hurra. Manchmal sogar noch ein paar Kekse. Und die esse ich dann voller Genuss – bevor ich mit schlechtem Gewissen esse, lasse ich es doch lieber bleiben.

Wein habe ich sogar noch zu Hause. Dass mein Januar bisher auch „dry“ ist, liegt daran, dass ich meinen Korkenzieher nicht finden kann und deswegen keine Weinflasche aufkriege. Aber darauf bin ich doch nicht stolz!

Gute Vorsätze habe ich – wie eigentlich immer – keine. Natürlich wünsche ich mir ein gutes Jahr, auch für mich persönlich, aber dafür brauche ich kein großes Selbstdisziplinarverfahren zu Beginn. Im Gegenteil: Ich möchte mit mir, meinem Körper, meiner Seele und meiner Umwelt in Frieden leben, gut und gerne und ohne Kontrollzwang. Im Gleichgewicht der verschiedenen Aspekte wie Genuss, Gesundheit, Weiterentwicklung und Entspannung. Ohne Hauruck-Maßnahmen. Aber das gilt natürlich nur für mich.

Wenn ich die Katzen frage, ob sie gute Vorsätze haben, antworten sie meistens mit: „Vorsätze? Du meinst Vorsetzen? So wie in ‚Essen vorsetzen‘? Gute Idee!“

2 Kommentare

  1. Dito. Sehr gut in Worte gefasst (bis auf den ‚Untertitel‘)!
    Herzliche Grüße und ein in jeder Hinsicht, den Zwei- und Vierbeinern,
    gutes 2019 mit Gesundheit, Glück, Zufriedenheit und Genuß.

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