Aufm Sofa sitzen und in die Gegend glotzen. Ausm Fenster und in die Glotze. In die Glotze glotzen. Gefällt mir. Neben mir die treuen Katzen, die mitglotzen oder in sich selbst hinein. Wie wohl so ein Katzenaugenlid von innen aussieht? Jedenfalls beglotzen sie es gründlich, immer wieder im Laufe des Tages. Herrlich, so ein freier Samstag, an dem die Motivation fehlt, irgendwas zu unternehmen. Wo man so ganz entspannt aufs Sofa sitzen und in die Gegend glotzen kann.
In der Glotze anspruchsvolle Sendungen wie Neues aus Büttenwarder gucken. Das hilft dem sprachlichen Ausdrucksvermögen bzw. ergänzt diese durch etwas nordisches Lokalkolorit. Wobei ich nach wie vor kein Moin über die Lippen bringe, dafür fühle ich mich dann doch zu hochdeutsch.
Moin, das ist nicht meins und der derzeitige inflationäre Gebrauch von Moin in Hamburg und umzu fühlt sich für mich ein bisschen an wie kulturelle Aneignung. Und wenn das Wort hundertmal schon seit vielen Jahren im Duden steht und sich damit als offizielle überregionale Grußformel qualifiziert. Angeblich deutet es auf die typisch norddeutsche, nicht sehr wortreiche Warmherzigkeit hin, die uns Bewohner*innen der nördlichen Bundesländer auszeichnet: Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen im Wesentlichen, eine Menge Gegend mit zahlreichen regionalen Eigenheiten und Unterschieden – geeint durch ein Moin?
Ich weiß ja nicht. Also nicht wegen der Warmherzigkeit, aber wegen der angeblichen Zurschaustellung ebendieser ach so typisch norddeutschen Charaktereigenschaft. Die lässt sich doch vielleicht auch auf andere Weise ausdrücken. So unfreundlich klingt ein mundartlich neutrales Guten Morgen oder ein schlichtes Hallo doch nun auch nicht. Und eigentlich dachte ich auch immer, dass uns Norddeutsche vor allem auszeichnet, dass wir nicht mit unseren selbstverständlich zahlreich vorhandenen guten Eigenschaften hausieren gehen.
Moin, das ist mir nicht weniger fremd als Grüß Gott oder Servus. Und genauso unbehaglich wie undifferenziertes „Nordisch by nature“-Gehabe. Kann schon sein, dass ich Schwimmhäute zwischen den Zehen habe, aber die zeige ich doch nicht unaufgefordert der ganzen Welt. Ich esse auch keine Fischbrötchen, besitze zwei Schränke voll falscher Kleidung und finde, dass es sehr wohl schlechtes Wetter gibt.
Moin kommt mir nicht über die Lippen. Das war so, ist so und wird aller Voraussicht nach auch so bleiben. Und? Muss ich deswegen grußlos durchs Leben gehen? Keineswegs. Es gibt Alternativen, zahlreiche, für jede Stimmung und jede Lebenslage eine. Besonders mag ich Tach und Moggen!, in manchen Momenten auch ein sehr englisch ausgesprochenes Hello. Mit ihnen lässt sich auch einem Moin begegnen, gar kein Problem. Es besteht keine Gefahr, dass ich es versehentlich mit gleicher Münze zurückgebe.
Da sitze ich doch lieber stumpf aufm Sofa und glotze in die Gegend. Mit den Katzen. Und verbringe einen total unmotivierten Tag, der sich sehr erholsam anfühlt. Und damit einen guten Morgen.
Kann ich gut verstehen. Mir als in der Fremde lebender Hamburger geht der bisher nur in Bremen gehörte Ausdruck „und umzu“ (als Geltendmachung der Umgegend) ähnlich auf den Senkel. Oh.
Kann ich gut verstehen. Wenn du dieses „und umzu“ nicht von Zeit zu Zeit mit angeekeltem Gesicht benutzen würdest, wäre mir dieser Ausdruck gar nicht bekannt. Oh.