Mit Hund und Katze auf der Flucht.

Seit gut zwei Wochen herrscht Krieg in der Ukraine. Die Nachrichten, die uns von dort erreichen, werden nicht besser, im Gegenteil. Das Leben dort ist nicht mehr sicher, für niemanden. Scharenweise verlassen Menschen ihre Heimat, unter immer schwieriger werdenden Bedingungen. Zwar müssen sie nicht ausgeflogen werden oder mit Schlauchbooten über das Mittelmeer, aber auch der Landweg ist beschwerlich. Die Ukraine ist ein flächenmäßig großes Land, die Wege zu den Landesgrenzen sind weit, egal mit welchem Verkehrsmittel. Die sogenannten Fluchtkorridore sind nicht so sicher, wie wir sie uns von hier aus gerne vorstellen möchten, und auch nicht verlässlich. Oft werden sie angekündigt, dann aber nicht geöffnet.

Obwohl viele Bewohner des Landesinneren sich den Weg in die relative Sicherheit des umgebenden Auslandes nicht mehr zutrauen und zunächst dort verharren, wo sie sind (oft tagelang in Kellern und anderen Verstecken), sind noch immer zahlreiche Menschen auf der Flucht und unterwegs. Viele von ihnen kommen über die polnische Grenze in die EU und fahren, sofern sie nicht in Polen bleiben, weiter nach Deutschland. Vor allem in den großen Städten wie Berlin und Hamburg treffen sie seit Tagen in Scharen ein und die offiziellen Stellen wie auch NGOs und Privatpersonen tun ihr Möglichstes, sie zu empfangen und zu versorgen.

Dass viele der in Deutschland eintreffenden Flüchtenden ihre Geschichten von Sterben, Tod und Trauer bereits mitbringen, diese aber oft noch nicht abgeschlossen sind, habe ich schon in einem Blogpost für das Hospiz am Deich thematisiert – wer mag, kann den Text hier lesen.

Privat rühren mich naturgemäß vor allem die Bilder und Berichte an, bei denen es um Menschen geht, die gemeinsam mit ihren Haustieren, meist Hunden und Katzen, die Ukraine verlassen. Menschen, die auf ihrer Flucht nur das mitnehmen können, was sie möglicherweise über längere Zeit selbst tragen können, und sich selbstverständlich dafür entscheiden, ihre Haustiere mitzunehmen. Statt der Fotoalben und des Familiensilbers vielleicht.

Ich bewundere diese Menschen und fühle mich ihnen im Geiste verbunden. Spätestens seit dem 11. September 2001 sehe ich mich, wann immer es irgendeine Art von Katastrophenalarm gibt und/oder ich Angst habe – und ich habe oft Angst! – mit zwei Katzenkörben unter dem Arm auf der Suche nach einem sicheren Ort. Unvorstellbar der Gedanke, aus eigenem Antrieb zu fliehen oder von offizieller Seite evakuiert zu werden und die Katzen nicht mitzunehmen. Lebte ich in der Ukraine, ich wäre auch mit Lotti und Leo zusammen losgestiefelt – auch solange noch unklar war, ob ich es in kätzischer Gesellschaft legal über irgendeine Grenze schaffen würde.

Zum Glück lebe ich ja in Hamburg in relativer Sicherheit, aber die Frage, es mit den Tieren aus den Kriegsgebieten ist, beschäftigt mich sehr. Nicht nur mich und das ist auch gut so. Schließlich sind nicht nur Hunde, Katzen und Kleintiere auf der Flucht, sondern auch z. B. Wildtiere aus dem Zoo in den Kiew. Diese konnten unter schwierigen Bedingungen, aber erfreulicherweise ohne Verluste vor einigen Tagen in den Zoo von Poznan in Polen umgesiedelt werden. Auch innerhalb der Ukraine gab es Tierumzüge, beispielsweise von Bären aus einer spezialisierten Bärenzuflucht bei Kiew, die nun in der Nähe von Lwiw in Sicherheit sind. Eine lange Reise, die aber mit Hilfe entschlossener Tierschützer*innen erfolgreich endete.

Für die Hunde, Katzen und Kleintiere, die mit ihren Menschen unterwegs waren und sind, wurden die Bedingungen zum Grenzübertritt ins europäische Ausland zum Glück schnell gelockert: Wie und woher soll man jetzt noch an Impfung und Chip und den aktuellen Tollwuttiter kommen? Die direkt an die Ukraine grenzenden Staaten Polen, Rumänien und die Slowakei ließen schon bald Flüchtende mit ihren Haustieren einreisen, unabhängig davon, ob die eigentlich notwendigen Papiere mitgeführt wurden. Trotzdem wurden an den Tagen vorher schon Tausende von Tieren von verzweifelten Menschen an den Grenzen ausgesetzt.

Deutschland hat, wie viele Nachbarstaaten auch, in dieser Woche beschlossen, die nach wie vor gültigen Einreiseregelungen für Haustiere aus der Ukraine zunächst auszusetzen. Auch ohne Papiere und ohne Impfungen dürfen diese nun ins Land. Das ist schon ein sehr wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Trotzdem ist noch nicht alles gut: In Not- und Gemeinschaftsunterkünften haben Haustiere nämlich keinen Zutritt – und offenbar ist, was die hier geltenden Vorschriften angeht – auch noch keine Ausnahmeregelung in Sicht. Trotzdem bemühen sich Städte und Kommunen sowie natürlich zahllose Tierschutzinitiativen und Privatpersonen darum, auch Menschen mit Haustieren so gut wie möglich in Deutschland zu empfangen und unterzubringen.

In Hamburg sind die Regelungen im Moment (am 12. März 2022) so: Haustiere wie Hunde und Katzen dürfen einreisen, mit oder ohne vorherige Kontrollen und Genehmigungen. Ihre Halter*innen sind aber gehalten, sich dann so bald wie möglich mit der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz in Verbindung zu setzen, um zu klären, ob und wie lange die Tiere möglicherweise in häuslicher Isolation gehalten werden müssen (die Formulierung im offiziellen dreisprachigen Informationsblatt der Stadt Hamburg lautet: „Bis zur Erteilung der Genehmigung muss das Tier in Isolation, d.h. mit so wenig Kontakt zu anderen Tieren und Menschen wie möglich gehalten werden. Gehen Sie auch nicht in eine Tierarztpraxis.“

Eigenverantwortung ist also wieder mal ein Thema und warum sollten die Menschen aus der Ukraine damit mehr Schwierigkeiten haben als die Ureinwohner Hamburgs?

Wer privat bzw. in einer abgeschlossenen Wohneinheit unterkommt, darf sein Tier bei sich behalten. Wer zunächst keinen anderen Platz findet als eine Gemeinschaftsunterkunft, darf hoffen, dass sich private Tierpaten finden, die das mitgebrachte Tier vorübergehend aufnehmen und versorgen – mit Besuchsrecht, versteht sich. Interessierte können sich beim Ukrainischen Hilfsstab Norddeutschland melden. Auch der Hamburger Tierschutzverein mit dem Tierheim Süderstraße und das neue Tierzentrum in Neu-Wulmstorf (am früheren Standort des Tierversuchslabors LPT) können vorübergehend Tiere aufnehmen, deren Halter ihre Tiere vorübergehend nicht bei sich behalten können.

Es versteht sich von selbst, dass alle Einrichtungen, die sich für Tiere und Menschen aus der Ukraine engagieren, auf Geld- und Sachspenden angewiesen sind. Welche Sachspenden genau benötigt werden, lässt sich meist ohne Mühe auf der jeweiligen Website finden.

Noch größer ist die Anzahl der Organisationen, die Geldspenden sammeln, viele haben unterschiedliche Schwerpunkte, was den Einsatz der gesammelten Mittel angeht. Ich persönlich habe eine Geldspende an Peta geleistet, weil von dort aus verschiedene Projekte unterstützt werden und auch versucht wird, die im Land verbleibenden Tierschützer*innen, die sich ja auch um die ganzen Tiere kümmern, die von ihren Menschen dann doch nicht mitgenommen werden konnten, zu stärken. Außerdem habe ich heute bei zooplus.de Katzenfutter bestellt und gesehen, dass meine dort angesammelten Prämienpunkte, wenn ich sie für Tiere in Not spende, zurzeit auch in die Ukraine gehen und von Zooplus noch verdoppelt werden. Das ging schnell und einfach.

Ich kann die Welt nicht retten und Sie können es vermutlich auch nicht. Aber ein bisschen beitragen zum Ganzen und vielleicht einen Hund, zwei Katzen oder einen Menschen unterstützen – auch das bringt ein bisschen was Gutes ins Universum – das kann ich. Und Sie vielleicht auch.

3 Kommentare

  1. Danke für den Tipp mit zooplus. Ich habe gerade erst bestellt, da gab es die Möglichkeit noch nicht (oder ich habe sie übersehen), aber ein bisschen Lagermöglichkeiten habe ich noch und werde dann mal zügig Nachschub ordern. Und Katzenfutter kann man ja eh nie genug im Haus haben…

  2. Ja, das Thema Tiere im Kriegsgebiet und auf der Flucht beschäftigt mich auch sehr. Vor allem, weil es in der Öffentlichkeit/Berichterstattung ansonsten unsichtbar ist.
    Wir hätten beinahe einen ukrainischen JackRussel aufgenommen den die Besitzer nicht mit in die Wohnung bei Verwandten nehmen konnten. Aufgrund von ungünstigen Umständen haben die Leute ihren Jacky dann leider in Polen gelassen weil sie zu der Zeit nicht wussten, dass ein Platz für ihn gefunden war.
    Gefreut hat mich, dass ich gestern in der Zeitung las dass bei uns (Süddeutschland) in der als Flüchtlingsunterkunft bereitgestellten Turnhalle auch ein Bereich für Geflüchtete mit Haustier ausgewiesen wurde.

  3. Danke liebe Bettina für deinen wieder wirklich guten Beitrag. Ich muss auch wieder etwas bei Zooplus bestellen und werde meine angesammelten Prämienpunkte auch gleich spenden. Und ja, auch wir haben bereits für die Menschen in der Ukraine gespendet und ich tanze um Moment meinen Hula mit der Bitte um Frieden.

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