Stoppi schreibt (über die Trauer und über die Liebe)

Nun ist es schon ein Jahr her. Ein Jahr, seit meine liebe Freundin Ida gestorben ist. Olga ist ja sogar noch ein paar Tage länger tot. Ein ganzes Jahr ist das her – und dabei kann ich mich noch an alles ganz genau erinnern. Wie arm und krank Ida in ihren letzten Tagen war, und wie tapfer. Wie herzzerreißend der Abschied war und wie traurig Bettina. Wie still und leer die Wohnung war ohne Katzen und wie alleine ich tagsüber, wenn Bettina im Büro sein musste, auf meiner CD-Box von Harenbergs Opernführer saß. Wie sehr ich mich immer gefreut habe, wenn sie abends endlich nach Hause kam – fast so sehr, wie sie sich freute, dass ich auf dem kleinen blauen Hocker saß und auf sie wartete.

Wahnsinn. Mir ist, als wäre das alles gestern gewesen. Und doch: Was ist seitdem nicht alles passiert? Das Wichtigste: Ich bin von Harenbergs Opernführer aufs Sofa umgezogen, auf einen Ehrenplatz. Weil ich ein guter Kumpel, ein Tröster in allen Lebenslagen und ein Therapiekater ohne Zertifikat, dafür aber mit grenzenloser Empathie bin. Das habe ich inzwischen auch zum Beruf gemacht, endlich Schluss mit dem blöden Türstoppen. Ich habe außerdem mein Talent zum Schreiben entdeckt und viele Freunde und Fans im Internet gefunden. Wie es sich für einen Kater von Welt gehört. Erst recht wenn er ein Plüschkater ist.

Ich habe mich verliebt. So richtig, mit Herzklopfen und Rotwerden und Rumstammeln. In Frl. Lotte Miez, die ja wohl die hübscheste und sexyste (ist das ein Wort?) Katze auf der ganzen Welt sein muss. Diese Augen, diese Kurven, dieses reizende Stimmchen. In ihrer Schwester Frl. Leonie Mau habe ich eine neue gute Freundin gefunden, die eine überraschende Vorliebe für alberne Witze hat und sich gerne in gefährlichen Posen fotografieren lässt. Die beiden wohnen dann ja auch bald schon ein Jahr bei Bettina und mir und ich kann nur sagen: Ihnen so bald nach dem Tod von Olga und Ida ein neues Zuhause anzubieten, das war eine sehr gute und kluge Entscheidung. Nicht nur, weil die beiden Hübschen dringend ein neues Zuhause brauchten, sondern weil es uns beide, also Bettina und mich, wieder glücklich gemacht hat. Olga und Ida hätten es nicht anders gewollt und Bettina ist noch immer fest davon überzeugt, dass Ida das genau so eingefädelt hat.

Es besteht keine Gefahr, dass wir Olga und Ida vergessen könnten. Sie sind in uns und bei uns und begleiten uns überall hin. Und sie sind auch in Lotti und Leo, ein bisschen wenigstens. Immer wenn sie sich über Lotti und Leo freut, sagt Bettina, dann denkt sie auch an Olga und Ida. Ein bisschen und mit ganz viel Liebe und Dankbarkeit. Und sie freut sich, dass wir noch am Leben sind und dass wir mit so allerliebsten Katzen wie Lotti und Leo zusammenleben dürfen. Gerade in diesem merkwürdigen Jahr 2020, wo Bettina viel seltener raus geht als sonst, da ist doch wichtig, dass man gerne zu Hause ist und von viel Liebe umgeben. Und: Die Liebe von Olga und Ida ist noch da. Dazu haben wir die neue Liebe von Lotti und Leo und unsere eigene. Das ist ganz schön viel Liebe um uns herum!

Die Trauer ist natürlich auch noch da, aber sie ist auch ein bisschen eine Freundin geworden. Sie lässt uns mal innehalten und sie bringt uns das Geschehene wieder ein bisschen näher. Und es ist verrückt: Der Schmerz wird weniger, dafür werden die Erinnerungen stärker. Und eben die Liebe. So ist die Trauer.

Ich merke es deutlich: Ich bin erwachsener geworden und viel reifer. Ich bin nun ein großer Plüschkater und voll entwickelt. (Liebe Tierärztin unseres Vertrauens, falls du das hier liest: Da ist kein kleiner Eingriff irgendeiner Art notwendig. Ich bin ein ganzer Kerl und das bleibe ich auch.) Ich handele verantwortlich und falls Frl. Lotte Miez eines Tages ein Körbchen voller kleiner orange-schwarz-weiß-karierter Plüschkätzchen zur Welt bringen sollte, dann werden die nicht nur die schönste Mutter haben, die man sich vorstellen kann, sondern auch den stolzesten und verantwortungsbewusstesten Plüschvater von allen. Ich werde ihnen alles beibringen, was ich weiß, und ihnen auch die Geschichte von Olga und Ida erzählen. Denn ohne Olga und Ida hätten wir uns alle niemals kennengelernt und ich würde diesen Blogpost nicht schreiben. Darauf einen Tee mit frischer Katzenminze und dann stoßen wir an: Auf die Katzen, die wir lieben, und die Menschen. Die, die noch da sind, und die, die wir in unseren Plüschherzen tragen. Sie sind Liebe.

Herzlichst,
Ihr
Stoppi (in the Name of Love)

4 Kommentare

  1. Lieber Stoppi, danke für diesen Artikel. Herzliche Grüße an Lotte Mietz und Leonie Mau. Der Birkenbaer trägt seine Erinnerungen an Kater Rupi im Herzen.

  2. Ach Stoppi, Du feiner Charmeur und Plüschherzenskater.
    Du hattest und hast aber auch wirklich großes Glück, trotz allem, mit Deinen Mitbewohnerinnen und nun wohl ganz besonders mit einer flauschigen Lady.
    Diese schmerzvollen Zeiten nach einem Abschied haben, für mich, immer auch etwas Unwirkliches und es ist gut, wenn dann irgendwann, trotz Tränen, die Liebe, die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit und viele Erinnerungen überwiegen.
    Unglaublich, daß Olga und Ida nun bereits über ein Jahr auf ihrer Wolke sind.
    Sie haben sicher ihre Pfötchen beim Einzug von Leonie und Lotte im Spiel gehabt.
    Euch allen weiterhin alles Liebe!
    (Das Schreiben scheint ja auch in Euerer Familie zu liegen, das kann kein Zufall sein. <3)
    Herzliche Grüße, Martina

    1. Liebe Martina,
      herzlichen Dank für deine warmen Worte. Ich als Kater von Welt weiß sie natürlich zu schätzen, überhaupt: Liebe Zeilen von einer Dame sind ganz mein Ding. Du hast natürlich Recht: Es geht uns hier sehr gut miteinander. Bettina sorgt gut für uns (zumindest bisher, ich hoffe, das bleibt auch ohne den Job, der uns bisher ernährt hat, so…) und wir haben eine schöne Wohnung. Dazu WLAN und Heizung, beides sehr wichtig für Katzen, und genügend Tütchen für mein Lottchen.
      Olga und Ida haben das schon alles sehr gut eingerichtet für uns. Nun sitzen sie auf der Wolke und freuen sich hoffentlich, dass wir über Twitter, das Blog und das Buch in Kontakt mit so vielen tollen Menschen gekommen sind. Das ist richtig schön.
      Der Witz beim Trauern ist, so hat Bettina gelernt und uns berichtet, die Trauer ruhig auch längerfristig zuzulassen, aber nach Möglichkeit dafür zu sorgen, dass der Schmerz allmählich weniger stark wird. Das klingt ganz gut, finde ich, und es fühlt sich auch tatsächlich so an.
      Zum Glück schreiben Lotte und Leonie bisher noch nicht, denn dann hätten wir definitiv zu wenig Endgeräte im Haus.
      Sei herzlich gegrüßt, auch von den Damen im Hause.
      Dein Stoppi

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