Um ein Tier trauern wie um einen Menschen?

In der „Hospizkultur“, der Monatsveröffentlichung des Hamburger Hospizes im Helenenstift, ging es in der Rubrik „Denkanstoß“ um die Frage, ob ein Hospiz denn wohl auch für Menschen zuständig sei, die um ihre Haustiere trauern. Lustigerweise hatte ich über diese Frage erst kürzlich nachgedacht, als ich irgendwo im Internet etwas über eine Trauergruppe für Menschen, die um ihre Tiere trauern, las.

Wenn ich irgendwann mal einen Wunsch frei haben sollte, dann wünsche ich mir, dass Katzen genauso alt werden wie Menschen. Dass ich mit meinen Katzen alt werden kann und sie mit mir. Denn das Abschiednehmen von kätzischen Lebensabschnittspartnern* wird nicht einfacher mit den Jahren.

Ich lebe mit zwei Katzen zusammen, die im Internet aus Datenschutzgründen Katze 1 und Katze 2 heißen. Wenn man es ganz genau nimmt und die Katzen meines Lebens fortlaufend nummeriert, sind sie aber Katze 8 und Katze 9. Sieben Vorgänger musste ich schon gehen lassen; einige von ihnen hatten fast ihr ganzes Leben mit mir verbracht und – über die Frage, ob freiwillig oder nicht, könnte man sich streiten – Anteil an allen Dingen genommen, die mich so bewegten. Sie waren bei mir in großartigen Zeiten und in schlimmen Zeiten.

In meiner Gefühlswelt nimmt die Trauer um ein verstorbenes** totes Haustier keinen geringeren Raum ein als die Trauer um einen Menschen. Jemand, den ich liebe, stirbt. Ich trauere. So einfach.

Als ich kürzlich meinen Vater in seiner letzten Lebensphase begleitete, gab es viele Momente, in denen ich mich an die Begleitung todkranker, alter und sterbender Katzen erinnert habe. Dankbar erinnert, denn ich habe dabei viel gelernt, was mir Umgang mit meinem todkranken, alten und sterbenden Vater sehr geholfen hat. Nähe und Wärme sind gut, aber ich muss dem Sterbenden auch das Loslassen ermöglichen. Dazu gehört logischerweise, dass auch ich ihn loslassen kann. Dass ich das kann, habe ich meinem Vater ebenso wie vorher schon meinen Katzen gesagt. Dass ich ihn lieb habe und dass ich dankbar bin für die gemeinsame Zeit. Dass wir uns wiedersehen werden. Dass er nun bald auf einer Wolke sitzen und Harfe spielen wird.

Ich behaupte nicht, dass es keinen Unterschied zwischen der Beziehung zu meinem Vater und den Beziehungen zu meinen Katzen gibt. Natürlich gibt es den. Aber ein Trauerprozess ist ein Trauerprozess und die Intensität meiner Gefühle bemisst sich an mir und meinen aktuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten und weniger am Anlass. Sage ich jetzt einfach mal.

Ist die Frage, ob die Betreuung trauernder Haustierbesitzer zu den Aufgaben eines Hospizes bzw. eines Hospizvereins gehört, vielleicht nicht ganz richtig gestellt? Weil der Hospizverein, wenn ich das richtig verstanden habe, eine seiner Aufgaben in der Betreuung trauernder Menschen sieht und Haustierbesitzer im Allgemeinen Menschen sind? Auf jeden Fall, so finde ich, könnte ein Hospizverein eine hervorragende Anlaufstelle für Menschen sein, die um ihre Haustiere trauern und sich eine Beratung, eine Begleitung oder die Vermittlung in eine Selbsthilfegruppe wünschen.

 

 

* Meine persönlichen Lebensabschnittspartner – von meinem Freund mal abgesehen – waren und sind kätzisch. Aber selbstverständlich lässt sich das alles auch auf Hunde, Hamster, Kanarienvögel undundund anwenden.

 

** Verstorben. Was für ein ekelhaftes Wort. Gestorben. Aber das passt hier irgendwie nicht, sagt mein Sprachgefühl. Also tot. Wir wollten ja so deutlich wie möglich sein.

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