Von Katzen und Sofas und anderen Schwierigkeiten.

Wir sind schon ganz aufgeregt, denn morgen kommt das neue Sofa. Aufgeregt weil das Liefer-Zeitfenster „7 bis 14 Uhr“ so viele Möglichkeiten mitbringt, die Annahme der Lieferung zu verkacken. Aufgeregt aber auch, weil die Anschaffung eines neuen Sofas eben eine große Sache ist. Schließlich werden wir viel Zeit mit diesem neuen Möbelstück verbringen, wir werden auf ihm essen, schlafen, schmusen, fernsehen, twittern, Katzenstreu und Kackspuren hinterlassen (manche von uns), essen, Blogartikel schreiben (andere manche von uns), schlafen, Candy Crush spielen, auf die Straße rausschauen, essen, über das Leben philosophieren und darüber nachdenken, ins Bett zu gehen. Ach, und sagte ich schon essen?

Ein bisschen traurig sind wir auch, denn die Spedition, die am Montag zwischen 7 und 14 Uhr vielleicht jemanden von uns antrifft, wird nicht nur das neue Sofa bringen, sondern auch das alte Sofa mitnehmen. Und das, obwohl das alte Sofa wirklich hübsch und nett ist… und erst drei Jahre alt. Aber es ist auch durchgesessen (wahrscheinlich, weil die Katzen zu dick sind) und außerdem ist es an den Seiten völlig zerkratzt, weil wir (also: manche von uns) es etwas zwölfmal täglich mit dem danebenstehenden Kratzbaum verwechseln. Na ja, und außerdem riecht es etwas nach Curry, nachdem wir (also, die anderen manchen von uns) kürzlich in einer aufsehenerregenden Slapsticknummer größere Mengen Palak Paneer und Chicken Madras drübergekippt haben.

Wir waren uns also darüber einig, dass ein neues Sofa angeschafft werden muss, und manche von uns waren einige Male in einschlägigen Geschäften, um ein passendes Modell auszuwählen. Das stellte sich als gar nicht so einfach heraus, denn in unserem neuen Sofa müssen sich einige nicht unbedingt immer gleichzeitig auftretende Merkmale miteinander vereinen:

  • Es muss genug Platz für zwei große Menschen und zwei kleine, aber sehr raumgreifende Katzen bieten.
  • Es muss in ein ziemlich kleines Wohnzimmer passen.
  • Der größere Mensch muss ohne Rückenschmerzen darauf sitzen können.
  • Der Sofabezug muss halbwegs unempfindlich gegen Katzenkrallen sein und darf sich nicht sofort auflösen (nein, Microfaserzeug ohne Fäden, das aussieht und sich anfühlt wie ein zu groß geratenes Wileda-Fensterputztuch, ist keine Option).
  • Das Sofa muss breite Arm- und Rückenlehnen haben, auf den eine Katze rumwandern oder auch rumliegen kann.
  • Das Sofa darf nicht aussehen, riechen oder schmecken wir ein Kratzbaum.
  • Der kleinere, aber breitere Mensch muss vom Sofa hochkommen, ohne dabei einen Flaschenzug oder das Technische Hilfswerk zu brauchen.
  • Alle Beteiligten (vor allem ich) müssen das Sofa hübsch finden.
  • Das Sofa darf nicht so teuer (oder so hübsch sein), dass man sich nicht in drei bis fünf Jahren, wenn die Katzen es komplett zerrupft haben, ein neues kaufen kann, ohne sehr lange darüber zu weinen.

Alle meine bisherigen Sofas stammten von Ikea. Das letzte (das Modell „Kivik“, das jetzt ausgetauscht wird) fand ich sogar ausgesprochen schön und am Anfang ziemlich bequem. Leider war das Erinnerungsvermögen des Memory-Schaums etwas zu gut und – vermutlich weil er praktisch veranlagt war – nach kurzer Zeit behielt er die Abdrücke, die wir beim Sitzen in den Kissen hinterließen, dauerhaft bei. Also hatte mein Freund nach längerem Sitzen grundsätzlich Rückenschmerzen und ich kam nach längerem Sitzen nicht mehr hoch, blieb infolgedessen noch länger sitzen und machte die Abdrücke noch tiefer.

Trotzdem bestand ich darauf, dass wir uns zunächst wieder bei Ikea nach einem neuen Sofa umsahen. Schließlich habe ich in den letzten dreißig Jahren den größten Teil meiner Möbel dort gekauft – und mit den meisten dieser Möbel war bzw. bin ich auch sehr zufrieden. Alle anderen großen Möbelgeschäfte in und um Hamburg gefallen mir nicht und ich habe, obwohl ich in jedes auch schon mindestens einmal gezwungen wurde („Das sind doch nur Vorurteile! Schau dir die große Auswahl doch wenigstens mal an!“), dort noch nie etwas gefunden, was ich hätte kaufen mögen.

In der Sofaabteilung von Ikea merkten wir schnell, dass dieser Sofakauf nicht ganz so einfach sein würde. Mit dem Memoryschaum waren wir fertig, so viel stand fest. Damit kam ungefähr die Hälfte des Sortiments nicht mehr für uns in Frage. Ebenfalls aus der engeren Wahl fielen sofort alle Sofas  mit geschwungenen Füßen und Bezügen, die aussehen wie Hussen. Ebenso nicht in Frage kamen alle Modelle, die aussahen wie ein gestrandeter Wal, auf dem Moos wächst (in moosunüblichen Farben). Nach kurzem Quer-durch-die-Abteilung-sitzen gab es nur ein Sofa, das wir noch nicht von der Liste der möglichen Kandidaten gestrichen hatten: Nockeby. Das saß sich ganz okay, hatte hässliche, aber gerade Füße und war preislich im Rahmen des Machbaren. Mich störte zwar ein optisches Ungleichgewicht zwischen Korpus und Füßen und außerdem hatte ich den Eindruck, dass die Taschenkernfederung leichte Beulen in den Sitzkissen entstehen ließ, aber ansonsten ließ sich gegen dieses Sofa nicht viel sagen. Außer: Wir sind noch nicht hundertprozentig überzeugt, also gucken wir eben doch in anderen Geschäften nach deren Angebot.

Wir begannen in einem kleinen Laden in Hamburg-Barmbek (der zu einem großen Laden in Barsbüttel, also vor der Stadt, gehörte. Dieser Laden wirbt mit der kleinstmöglichen Rundeckgarnitur und auch sonst mit vielseitigen Sofalösungen für kleine Wohnzimmer. Eine Rundeckgarnitur kam für mich auf keinen Fall in Frage, aber es gab in diesem Geschäft – vereinzelt! – auch Sofas ohne Kurve und ohne eingebaute Recamière (die ich auch nicht wollte). Sehr kreative Lösungen, die auch ihren Preis haben – so war schnell klar, dass ich hier kein Sofa kaufen würde. Trotzdem setzen wir uns probehalber auf das eine oder andere Ausstellungsstück. Just for fun and practice. Böser Fehler, denn diese Sofas saßen sich so genial, dass wir nun vermutlich für immer verdorben für einfache und mittelklassige Sofas sind. Tja.

Die nächste Station unserer Tour war ein großes Sofa- und Bettengeschäft („PolsterWelten“) in Hamburg-Wandsbek, weil mein Freund sich erinnerte, hier in einem anderem Leben mal günstig ein gutes Sofa erworben zu haben. Ich kenne das Sofa, es ist wirklich gut, also ließ ich mich, obwohl die „PolsterWelten“ mich nicht wirklich lockten, darauf ein, mich hier einmal umzuschauen. Mein Rat an alle unter Ihnen, die mit dem Gedanken liebäugeln, dieses Geschäft einmal zu betreten: Tun Sie das nicht, außer Sie suchen neuen Stoff für Ihre Alpträume! Eine Ansammlung hässlicher, unbequemer und überteuerter Sofas: Auf drei Etagen und drölfzigtausend Quadratmetern gab es nicht ein einziges Sitzmöbel, das ich auch nur entfernt in Erwägung gezogen hätte. Auch mein Freund war entsetzt, vor allem darüber, dass man eine große Runde durch den ganzen Laden drehen musste (verfolgt von einem Verkäufer in einem Sakko, das aussah wie eine Pferdedecke), bis man endlich den Ausgang erreicht hatte. Schockschwerenot.

Zurück zu Ikea, dachten wir. Da stand ja Nockeby, gegen das eigentlich nicht viel zu sagen war. Tja. Das war vor dem Probesitzen in Barmbek. Nun kam uns Nockeby lasch und rückenunfreundlich vor. Leicht verzweifelt wanderten wir von Sofa zu Sofa und saßen Probe. Nichts konnte unseren frisch justierten Ansprüchen auch nur halbwegs genügen. Bis wir – weil es nun auch darauf nicht mehr ankam – bei Vallentuna landeten. Vallentuna ist kein Sofa, sondern ein Modulsystem und wird von Ikea so beworben, dass wir uns von Anfang nicht als Zielgruppe gefühlt hatten.

Die Zielgruppe von Vallentuna sind – so dachten wir – Menschen, die erstens nicht richtig Deutsch können („Entwerfe das perfekte Sofa!“) und zweitens nicht in der Lage sind, aus selbst ausgewählten Einzelteilen etwas zu konstruieren, was auch nur entfernt wie ein Sofa oder gar hübsch aussieht. Bei Vallentuna kauft man wirklich jedes Sitzelement, jede Arm- und Rückenlehne und jedes Kissen einzeln und baut sich daraus dann, was man möchte. Das Prinzip Lego also. Wobei weder in der Ikea-Filiale Hamburg-Altona noch auf der Website schon mal jemand auf die Idee gekommen zu sein scheint, aus den Einzelteilen einfach ein normales Sofa zu bauen. Stattdessen baut man trendige Sitzlandschaften mit an allen Seiten herausragenden Einzelteilen und mit Lehnen in der Mitte. Natürlich in einem höchst modernen Farb- und Mustermix. Wir hatten auf diesen Sitzlandschaften bisher nicht einmal probesitzen wollen.

Bei unserem zweiten Ikea-Besuch waren wir allerdings nicht in Altona, sondern in Moorfleet, weil wir ja von den AlptraumPolsterWelten in Wandsbek aus weitergereist waren. Und in Moorfleet hatten sie aus den Vallentuna-Einzelteilen einfach ein schlichtes dreisitziges Sofa zusammengebaut – und damit sicher nicht den Preis für raffinierte Präsentation gewonnen. Aber uns, denn nun nahmen wir das Modulsystem immerhin als Sofavariante wahr und nahmen erschöpft Platz. Und schauten uns verblüfft an, denn Vallentuna war bequem. Viel bequemer als alle anderen Sofas, die wir bisher bei Ikea ausprobiert hatten.

Wir gingen unsere Liste mit Bedingungen an das neue Sofa durch. Den Punkt „hübsch“ konnten wir nur bedingt ankreuzen, den Punkt „Arm- und Rückenlehnen breit genug für die Katzen“ gar nicht. Die Lehnen bei Vallentuna sind sehr schmal. Aber die Taschenfederkern-Sitzflächen saßen sich einfach verdammt gut, das Sofa war klein genug für mein Wohnzimmer und groß genug für uns. Bezahlbar war es auch. Und es gab einen Bezug namens „Orrsta“. Orrrrsta. Orrrrrrrrsta. Ich betrachtete das als Zeichen.

Wir kauften das Sofa und morgen wird es geliefert (voraussichtlich in etwa tausend Einzelteilen). Das alte Sofa nimmt die Spedition dann gleich mit. Wie ich den Katzen die Sache mit den dünnen Armlehnen erklären soll, weil ich noch nicht genau. Vielleicht kaufe ich ihnen einfach noch ein paar Extrakissen. Außerdem haben wir vereinbart, das Sofa in Gegenwart der Katzen grundsätzlich „Wal and Tuna“ zu nennen, vielleicht gefällt ihnen das ja. Mal sehen, wie lange sie brauchen, um die Bezüge zu zerkratzen. Und wie lange wir brauchen, um die Taschenfederkernpolsterung zu ruinieren. Halten Sie uns die Daumen, dass es diesmal länger dauert als drei Jahre, ja? Vielen Dank.

 

 

 

5 Kommentare

  1. Ach Mensch !!! Warum hast du mich denn nicht gefragt ??? Sofas sind mein Hobby, seiht ich mal händeringend eins suchen musste..
    Stell dir vor in kleine Räume soll man auf gar keinen Fall kleine Sofas stellen sonst siehts aus wie in der Puppenstube.. ich hab mal ne Sofaberatung mitgemacht… hahahah echt war.

    Also für euch spuckt mein Hirn auch was aus.. aber soll ichs schreiben ? Ihr hab ja schon eins und das wird morgen geliefert… aber wenn das mal nix mehr ist..
    Chesterfield Sofa… Jaaaa sie sind teuer.. zu teuer auch für mich oder sowieso für mich.. aaaaber.. es gibt in der Vertriebsfirma auch Gebrauchte.. denn Menschen können sie zurückgeben… die werden dann wieder aufgeflattert.. und Hemingway hatte auch eins.. und gaaaanz viele Katzen..
    viel Spass morgen mit dem neuen Sofa..
    Den meistens von euch wird es vermutlich gut gefallen.. und einige werden die Lehnen nicht so richtig gut finden..aber alle werden Platz drauf haben.
    Liebe Sonntagsgrüsse
    S.

  2. Hallo, wir haben soeben den Blogeintrag gelesen und fanden ihn super geschrieben. Wie zufrieden seid Ihr denn aktuell noch mit dem Sofa? Würden uns auch gern ein „Wal and Tuna“ Sofa kaufen und sind noch am überlegen. Welche Gebrauchsspuren haben eure Katzen schon hinterlassen? Grüße Alex

    1. Hallo Alex, danke für das Lob. Das Sofa ist okay, aber nicht großartig, würde ich sagen. Wir haben den hellgrauen Bezug genommen (ich weiß gerade nicht mehr, wie der hieß) und die Katzenkrallen hinterlassen da schon Spuren. Keine Ziehfäden, aber so Gnubbel in der Struktur. Das Sofa ist auch nicht ganz so stabil, wie ich gehofft hatte, beim Rumräkeln verschiebt sich mein Sitzkissen immer ein paar Zentimeter nach vorne und ich muss es dann beim nächsten Aufstehen neu justieren. Trotzdem ist es sicherlich eines der besseren Sofas in dieser Preisklasse. Viel Glück beim Sofakauf und viele Grüße Bettina

      1. Okay super, danke für die schnelle Antwort! Man muss ja immer Preis Leistung sehen und ich würde es so verstehen, das es dem Preis auf jeden Fall gerecht wird. Mal sehen, vielleicht sind wir dann auch demnächst VALLENTUNA Besitzer 😉

  3. Hej, was für ein Artikel!!!! Auch ich stand vor der Entscheidung, welches Sofa denn nun…. Und nun sitzen manche von uns jedenfalls gut auf, die anderen kleben mit den Krallen vorne und seitlich am Sofa. Es ist dank deines genial lustig geschriebenen Artikels auch ein Wal and Tuna geworden. Die Fellknäule finden die entstehenden Zwischenräume total spannend, hängen kopfüber drin und versuchen, unter das Sofa zu kommen. Vergeblich. Gott sei Dank! Auch ich war so rein gar nicht die Zielgruppe dieses Sofas, finde es aber bisher ganz toll. Hoffentlich bleibt es so. Ich danke dir auf jeden Fall für die Kaufhilfeentscheidung. Herzlichst Ferrika

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