Zehnte Woche im Homeoffice. Stoppi erzählt von Lockerungen.

Bettina hat Kopfschmerzen und ist unkreativ heute. Deswegen hat sie mich gebeten, den wöchentlichen Blogpost zu schreiben. Klar, habe ich gesagt… Aber das kostet: Ich will nächste Woche mit dir ausgehen, Cocktails trinken. Unsere liebste Cocktailbar, die Möwe Sturzflug, hat nämlich einen wunderbar idyllischen Außenbereich und bekennt sich neuerdings zum Daydrinking. Das wäre doch was für uns, habe ich gesagt, und Bettina hat gelacht und genickt.


In die Bar hinein gehen wir natürlich nicht, also höchstens um unsere Drinks zu ordern und dann natürlich mit Mundschutz. Aber draußen, hübsch isoliert von den anderen Nachmittagstrinkern an einem separaten Tisch, vor uns jeweils ein köstlicher Zitronenblitz, das wäre doch was. Und wenn dann jemand fragt, ob wir beide aus demselben Haushalt stammen, muss ich natürlich Nein! Sagen, sonst setzt sich die Person womöglich noch zu uns – und das wollen wir natürlich nicht. Wir sind eine schöne Frau und ein unwiderstehlicher Plüschkater und wir wollen nur einen köstlichen Drink in schöner Umgebung, kein Coronavirus.
In der zehnten Woche unserer Homeoffice-Phase geht es draußen schon wieder recht lebhaft zu und Bettina beobachtet das mit wachsendem Unwohlsein. Zwar sind die aktuellen Corona-Zahlen in Hamburg unbestreitbar sehr gut, es gibt nur noch ganz wenige Neuinfektionen und die meisten an Covid-19 Erkrankten gelten mittlerweile als genesen. Aber wird das wirklich so bleiben bzw. sich weiterhin verbessern, wenn nach und nach alle unserem Schutz dienenden Einschränkungen aufgehoben oder zumindest gelockert werden?
Noch immer sind ja Infizierte draußen unterwegs – ob sie nun schon von ihrer Infektion wissen oder nicht – auch wenn es, hoffentlich, nicht mehr allzu viele sind. Haben wir das Vertrauen zu glauben, dass diese Infizierten/Infektiösen sich im Sinne der Corona-Verordnungen verantwortungsbewusst verhalten und die bekannten Abstands- und Hygieneregeln einhalten, soweit ihnen das möglich ist? Man muss erwähnen, dass es in einer Stadt wie Hamburg nicht immer einfach ist, niemandem näher als 1,50 Meter zu kommen. Drinnen ebenso wie draußen. Hier leben nämlich echt ziemlich viele Menschen.

Die aktuellen Berichte von Ausbrüchen im Kreis Leer, wo vor der Restauranteinweihung eine Woche lang keine Neuinfizierten gemeldet worden waren, und aus Frankfurt/Hanau, wo man vielleicht jetzt die Entscheidung, von Gottesdienstbesuchern keine Kontaktdaten zu erheben, überdenken sollte, geben ja durchaus zu denken. Beide Fälle schreien offensichtlich: Ein einziger Idiot genügt, um aus eurem beschaulichen Örtchen einen Hotspot zu machen!
Wenn ich so aus dem Fenster den Leuten auf der Straße zugucke und außerdem höre, was Bettina zum Beispiel vom Busfahren oder vom Einkaufen im Supermarkt erzählt, befürchte ich, dass sich das Risiko, Menschen zu nahe zu kommen, von ihnen angehustet zu werden oder zumindest durch eine Wolke ihrer Atemluft zu gehen, nicht wirklich auf Null runterschrauben lässt. Dafür ist es hier einfach zu eng. Und wenn man dann noch sieht, dass einige – gar nicht so wenige – Zeitgenossen offenbar keinen großen Wert auf Abstand legen und ihren Mundnasenschutz überall tragen, bloß nicht im Gesicht, dann macht der Aufenthalt im Freien irgendwie nicht mehr so richtig viel Freude. Sagt Bettina. Und: Am besten, man hält sich nirgends länger auf, immer schnellschnell weiter, weg und wieder nach Hause. Wenn zwischen den ganzen erzwungenen Kontakten da draußen wirklich eine infizierte/infektiöse Person wäre, dann wäre es doch am besten, sich nicht länger als unbedingt nötig in ihrer Nähe aufzuhalten. Schon gar nicht in geschlossenen Räumen.


Bettina sagt, sie ist eine superschnelle Supermarkteinkäuferin geworden, sie schafft es in sieben Minuten durch den Edeka einschließlich kontaktloser Zahlung. Und das allerhöchstens zweimal pro Woche. Manchmal bestellen wir auch Lebensmittel, das ist noch kontaktärmer. Pizza und Bratnudeln natürlich sowieso, obwohl das ja wegen der Corona-Diät nicht mehr so oft angesagt ist (wir sind da erstaunlich konsequent im Moment). Busfahren nur kurze Strecken und nicht wenn der Bus voll ist. Ins Büro geht sie nur, wenn garantiert keine Kollegen da sind.
Letzten Sonntag ist Bettina zu ihrem Freund nach Bremen gefahren, mit dem Metronom. Der auch angenehm menschenleer war, sagt sie, kein Problem. Mit ihrem Freund friert sie bei offener Balkontür und Abstand voneinander halten die beiden auch weiterhin. Trotzdem ist es schön, sich zu sehen, sagen sie. Anderthalb Meter Distanz sind definitiv besser als hundert Kilometer.


Was auf unserer To-Do-Liste derzeit ganz weit unten steht:

  1. Eine schöne Shoppingtour durch die Innenstadt. Wir sind doch nicht irre.
  2. Ein Friseurbesuch. Nötig wäre er schon, aber: Nein.
  3. Ein Restaurantbesuch. Würde uns mit den derzeitigen Auflagen keinen Spaß machen. Wenn wir Restaurantessen wollen, dann zum Mitnehmen.
  4. Ein Besuch im Autokino. Wenn wir etwas noch weniger mögen als Menschenmengen, dann Automengen.
  5. Ein Tag am Strand. Da sind ja schon alle anderen Hamburger.
  6. Regelmäßiges Arbeiten im Büro. Ohne Therapiekatze auf der Sofalehne können und wollen wir nicht mehr arbeiten.

Mit den Lockerungen wird es ja, sofern nicht die zweite Corona-Welle über uns hereinbricht, so weitergehen in der nächsten Zeit. Ganz wichtig finde ich persönlich ja den Hinweis, dass man nicht alles mitmachen muss, nur weil es wieder erlaubt ist. Es ist nicht zwingend vorgeschrieben, dass man sich mit Menschen aus anderen Haushalten treffen muss, vor allem nicht täglich mit anderen. Man muss nicht unbedingt auswärts essen, Ausflüge in Badeorte machen, im Bus mit einem schlecht sitzenden Mundschutz laut reden und lachen und an der schmalsten Stelle des Weges stehenbleiben und ein Schwätzchen halten.
Man kann sich vielleicht überlegen, was einem wirklich so wichtig ist, dass man dafür ein gewisses Risiko auf sich nimmt. Das Risiko, sich selbst und auch andere Menschen zu infizieren. Und wie man dieses Risiko, so gut wie es eben geht, minimieren kann.


Wenn es denn sein muss, verschieben Bettina und ich unseren Cocktail-Ausflug eben noch einmal. Mixen statt dessen unsere Drinks zu Hause. Zitronen, Wodka und Vanillezucker haben wir da. Eine Lichterkette für die Atmosphäre bestellen wir online. Daydrinking kriegen wir auch hin, das verkürzt den Tag und dann gehen wir abends halt früher ins Bett. Niemand soll sagen, dass wir nicht mit gutem Beispiel vorangehen.

2 Kommentare

  1. Stoppi for Coronahandlingpresident!
    Würde ich hier im Süden, so ich denn ein solches herbrächte, ein Shirt mit
    „I <3 Stoppi" tragen und würde ich gefragt werden, wer denn Stoppi sei:
    Der schönste, freundlichste und klügste Plüschkater den ich (quasi) kenne!

    Ganz herzliche Grüße an Deine schönen Mitbewohnerinnen, Stoppi! Und besonders gute Besserung und alles Liebe an Bettina.
    Martina

    1. Vielen lieben Dank. Stoppi fühlt sich sehr geschmeichelt. Und googelt gerade, was es kostet, ein T-Shirt mit so vielen Adjektiven zu bedrucken. <3

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