Zu Hause bleiben – ich find’s gut.

Wissen Sie eigentlich, wie schön das ist, während der Pandemie und gerade in dieser äußerst beunruhigenden weil unklaren Phase nicht jeden Tag aus dem Haus und unter Menschen gehen zu müssen? Also, ich finde es schön, sehr schön sogar. Und meine Corona-Warn-App findet das auch, obwohl das Leben auf und mit meinem Smartphone wahrscheinlich etwas langweilig für sie ist.

Nicht, dass ich gar nicht rausgehen würde, natürlich nicht. Bis Weihnachten hatte ich noch mehrere wichtige feste Termine, obwohl ich ja schon seit Anfang Dezember nicht mehr arbeite. Die Trauergruppe, bei der ich das Glück habe zu hospitieren, tagte noch, ein neuer Gast im Hospiz wollte besucht werden und auch im Heim meiner Mutter waren noch Besuche möglich.

Im Augenblick ruht das alles.

Die Trauergruppe hätte in der vergangenen Woche eigentlich wieder stattfinden sollen, angesichts der Lage wurde die „Weihnachtspause“ aber noch verlängert. Nach längeren Überlegungen, ob wir die Pause vielleicht bis zum Ende des Lockdowns verlängern, um dann mit Präsenztreffen weitermachen zu können, oder ob die Gruppe als Telefonkonferenz weitergehen muss (Videoschalten gehen leider nicht, weil zwei der TeilnehmerInnen kein Internet nutzen, seufz), ist nun morgen die erste Telefonkonferenz geplant und ich habe endlich bei Zoom einen Pro-Account. Hurra.

Mein Hospizgast, eine ältere Dame, brauchte mich nicht, weil ihre Familie während der Feiertage und umzu mehr Zeit für sie hatte. Ob ich wieder in die Begleitung einsteigen darf/soll/muss, ist noch nicht besprochen.

Das Heim meiner Mutter steht noch immer unter Quarantäne, die Lage dort ist angespannt. Möglicherweise auch sehr oder extrem angespannt. Aber – und das ist die wirklich gute Nachricht, die mir gerade wirklich die Laune verbessert – meine Mutter hat am letzten Sonntag ihre erste Impfdosis erhalten (und bestens vertragen). Mit dem Besuchsverbot können mein Bruder und ich leben, wenn wir bloß nicht die ganze Zeit fürchten müssen, jederzeit zu hören, dass unsere Mutter mit Corona infiziert ist und wir trotzdem nicht zu ihr dürfen. Aber danach sieht es zum Glück nicht aus, bisher sind alle Tests in ihrem Wohnbereich negativ ausgefallen. Und irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft wird ja der Impfschutz greifen. Alles wird besser.

Mehr feste Termine habe ich derzeit nicht. Ob ich ab und zu einkaufen gehe oder die letzten Konserven aus dem Vorratsschrank verputze und auf den nächsten Besuch von Rewelieferman warte, kann ich einfach jeden Tag selbst neu entscheiden. Bei den zwar nicht gerade eiskalten, aber doch kühlen Temperaturen stellt sogar eine über mehrere Tage auf dem Balkon zwischengelagerte Mülltüte kein Problem dar. Katzenfutter reicht jedenfalls noch und was wollen wir mehr?

Erstklassiges Timing, Bettina, werden Sie da sagen – und ich sage das auch. Erstklassig. Okay, ich musste meinen Job kündigen, um jetzt und in dieser Situation mehr oder weniger selbstbestimmt zu leben, aber ich finde, das war es wert. Und außerdem war die Kündigung ja sowieso eine gute Idee und eigentlich längst überfällig.

Mein Fernstudium ist durchaus anspruchsvoll, aber mittlerweile habe ich den Eindruck, dass ich im Laufe der Zeit zumindest im Großen und Ganzen verstehen werde, womit ich mich da gerade befasse. Ob ich das Gelernte dann auch in der Prüfung anwenden kann, wird sich zeigen – bis dahin ist ja noch ein bisschen Zeit. In der Woche vor Weihnachten habe ich meine erste Einsendeaufgabe abgegeben, gute Noten und gute Hinweise bekommen, das läuft also. Ich sitze auch brav jeden Tag am Schreib-Esstisch und bearbeite die Studienhefte, lese parallel noch zwei Fachbücher und schaue Sachen im Internet nach. Spannende Materie, diese Psychotherapie, aber unfassbar viele Fachbegriffe. Und die Fachbücher sind alle unglaublich teuer, gut dass ich das Abschiedsgeschenk meiner Kollegen nicht in Wein und Schokolade investiert habe. Jedenfalls nicht vollständig.

Da ich kaum noch zum Einkaufen rausgehe und es auch furchtbar anstrengend finde, Pakete und/oder Lieferungen in Empfang zu nehmen, konsumiere ich insgesamt deutlich weniger als früher beziehungsweise als von mir selbst erwartet. Das hat den unbestreitbaren Vorteil, dass ich von deutlich weniger Geld ganz gut leben kann. Erstaunlich, aber wahr. Ich habe sogar gelernt, mir einigermaßen unfallfrei selbst die Haare zu schneiden.

Ende Februar beginnt, sofern Corona es erlaubt, die Weiterbildung Trauerbegleitung, auf die ich mich nun schon so lange freue. Ungefähr alle sechs Wochen zwei Tage, das heißt, vielleicht kann die zweite Hälfte der Termine dann schon wieder ohne allzu große Einschränkungen durch Masken, Abstand und Erfrieren durch Lüften stattfinden. Wie gesagt: hoffentlich. Und vielleicht kommen ja auch hier noch Schnelltests ins Spiel.

Das Schreiben kommt momentan etwas kurz; außer Stoppis Adventsgeschichte habe ich in den letzten fünf Wochen nichts produziert. Nicht, dass ich keine Ideen oder keinen Drang hätte, aber ich wollte mich erst einmal in die Psychotherapie einarbeiten und mein Hirn nicht so oft ausbrechen und sich mit kreativeren Dingen befassen lassen. Ich denke aber, dass ich bald an dem Punkt bin, an dem ich auch wieder zwei Sachen parallel machen kann. Dann muss ich mich bloß noch entscheiden, welches Schreibprojekt jetzt als nächstes drankommt.

Frl. Lotte Miez und Frl. Leonie Mau haben sich inzwischen mit meiner Daueranwesenheit in ihrer Wohnung arrangiert. Mehr oder weniger. Die Vorteile, nämlich mehr Snacks über den ganzen Tag verteilt, sind ja auch nicht von der Pfote zu weisen. Natürlich musste ich unterschreiben, dass ich tagsüber nicht unaufgefordert das Schlafzimmer betrete oder lautstark telefoniere, während im selben Zimmer eine Katze schläft, aber sonst läuft das eigentlich sehr unkompliziert. Und es ist so schön, eine kleine Pause zu machen, kurz aufs Sofa zu fallen und sofort eine schnurrende Katze auf dem Schoß zu haben (die einen nie wieder aufstehen und an den Schreibtisch zurückkehren lässt). So schön.

Und so kotze ich zwar täglich über die Nachrichten aus diesem Draußen und insbesondere die Zahlen, die mit den Nachrichten verbunden sind, aber in diesem Drinnen, da ist es eigentlich gerade alles ziemlich okay. Ich erhole mich, was auch dringend nötig ist. Und ich freue mich auf die Dinge, die da kommen.

1 Kommentar

  1. Schön, das man aus dieser Situation auch was positives ziehen kann ✌️ Bin selber seit März 2020 im HO und LIEBE es. Ich darf mich da zu den Glücklichen zählen und weiß das auch sehr zu schätzen. Und auch meine Katzis unterhalten mich täglich aufs Neue Genieß die Zeit und ziehe das Positive daraus… denn alles andere wäre kontraproduktiv Es gibt ja Licht am Ende des Tunnels. ✌️ Lg petra

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