Patientenverfügung für die kleinen (und größeren) Dinge. Teil 2.

So, meine Lieben. Seit meiner Ankündigung vor einigen Wochen habe ich wirklich schon ein paar Sachen für meine persönliche Patientenverfügung der kleinen Dinge aka Sinnesverfügung aka Advance Care Planning zu Papier bzw. zu Festplatte gebracht. Hier, für den Fall, dass es Sie interessiert, was ich mir für den Umgang mit meinem Körper und mir wünsche, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, mich mitzuteilen, ein paar Auszüge:


Nachts

Durch meine spanischen Katzen bin ich zum Frostködel geworden, ich brauche es im Schlafzimmer ziemlich warm. Aber auch frische Luft.

Mit kalten Füßen kann ich nicht einschlafen. Wenn ich dann aber schlafe, wird es mir leicht zu warm und ich stehe auf, um das Fenster zu öffnen und die Heizung runterzudrehen.

Ich kann nicht auf dem Rücken liegen/schlafen, nur auf der Seite. Muss mich zum Einschlafen und auch im Laufe der Nacht oft drehen. Schnarche in ungünstiger Lage und habe Atemaussetzer.

Irgendwas (Hüfte, Knie, Füße) tut immer weh. Bin ein unruhiger Schläfer und meistens in Bewegung. Wühle im Bett, um eine passende Position zu finden.

Zum Schlafen trage ich ein großes T-Shirt oder ein kurzes Nachthemd. Kein Trägerdingsi, sondern was mit bedeckten Schultern. Socken oder Wärmflasche zum Einschlafen, falls die Füße kalt sind.

Ich muss nachts zwischendurch mehrfach aufs Klo.

Essen

Ich bin seit ca. 1993 Vegetarier, kein Fleisch, kein Fisch.

Ich hasse Mayonnaise aller Art und bekomme Brechreiz, wenn ich nur an Mayo denke. Ich esse nichts, das auch nur ein Prozent Mayo enthält, und vermeide nicht genau bestimmbare Soßen lieber.

Trockenes Essen ist total okay. Ich hasse es, wenn es auf dem Teller rumschwappt und sich verschiedene flüssige und halbflüssige Komponenten zwangsweise vermischen.

Ich liebe guten Käse, für alles andere nehme ich gerne vegane Alternativen. Aufgeschäumter Haferdrink im Kaffee ist sehr in Ordnung.

Ich beginne den Tag mit einem herzhaften Frühstück (Käsebrot oder Butterbrot oder Brot mit Frischkäse). Als zweites Frühstück geht Müsli (auch gerne herzhaft mit Gemüse) oder Porridge – auch bis zum Abend. Notfalls könnte ich den ganzen Tag lang frühstücken und auf warmes Essen verzichten.

Süßigkeiten mag ich ab mittags. Schokolade, alles mit Karamell (weich), alles mit Zitrone. Kuchen (Käsekuchen, Fruchtkuchen, alles mit Streuseln, gebackene Teilchen, gerne mit Marzipan und Schokolade). Keine Sahnetorten, kein Glibber auf dem Fruchtkuchen. Nicht so gerne Erdbeerkuchen und auf keinen Fall Kiwi.

Lieber ein gutes Stück Kuchen als ein lahmes Dessert.

Überhaupt bin ich nicht unbedingt ein Fan exotischer Früchte. Äpfel (Holsteiner Cox), Birnen und Pflaumen sind unerreicht.

Ich liebe Gemüse – alles bis auf Auberginen. Am liebsten: Pellkartoffeln mit buntem Salat (mit Quark oder mit Parmesan und Pesto). Möhren, Gurken, Radieschen, gute Tomaten. Lieber grüne als rote Paprika. Pilze sind nett. Rüben und Kohl sind auch gut. Petersilie, Schnittlauch, Koriander und Chili sind gut. Zwiebeln begrenzt, Knoblauch muss nicht sein.

Als Salatdressing Olivenöl mit Zitrone oder Crema di Balsamico. Ich bin sehr misstrauisch gegenüber allen weißen Dressings, auch wenn sie Joghurtdressing heißen. Ich mag es nicht, wenn der Salat schwimmt, nehme also nur ganz wenig Dressing.

Länderküchen: Thailändisch, Vietnamesisch, Arabisch, Mexikanisch – alles, wo es gute Gemüsegerichte gibt. Vegetarische Burger sind auch nett. Tofu und Seitan in Maßen nützlich. Ansonsten: Pasta und Salat gehen immer.

Mundpflege

Wenn meine Mundpflege nicht mehr im Badezimmer, sondern im Bett liegend und ohne aktive Mitwirkung meinerseits stattfindet, dann verzichte ich gerne auf geschmackliche Anregungen und möchte reines, klares Wasser. Vielleicht einen Spritzer Zitrone und zur Auffrischung Pfefferminze. Aber weder Bonbons/Brausepulver oder Früchte noch Schnaps.

Über mich

Ich bin mit meinem Leben ziemlich zufrieden. Nicht, dass ich nicht im nächsten Durchgang die eine oder andere Entscheidung anders treffen würde, aber auch aus den Ergebnissen schlechter Entscheidungen habe ich oft etwas Gutes gemacht. Ich würde behaupten, dass ich sehr viel häufiger glücklich bin als unglücklich. Und ich bin in der Lage, beide Emotionen (und noch eine Menge anderer Gefühle) zuzulassen.

Ich lebe gern, sehr gern sogar. Zurzeit leide ich (noch) nicht an irgendwelchen ernsthaften Einschränkungen oder Krankheiten – ich hoffe, das bleibt auch noch eine Weile so. Aber selbst mit körperlichen Einschränkungen (die z. B. die Mobilität betreffen) und/oder verminderten geistigen Fähigkeiten, ja vielleicht sogar mit einer demenziellen Erkrankung, stelle ich mir das Leben noch lebenswert vor. Wobei das natürlich auch von den Umständen abhängt, unter denen ich leben kann/muss. Mir ist aber bewusst, dass das sehr theoretisch ist und sich durch Entwicklungen im wirklichen Leben verändern kann.

Eine Sache wird sich aber sicherlich nicht ändern: Was ich mir auf längere Sicht auf keinen Fall vorstellen kann, ist etwas anderes als orale Ernährung. Essen ist ein extrem wichtiger Teil meines Lebens und ein Genussfaktor, auf den ich nicht verzichten möchte. Insofern kommt eine Ernährung über PEG-Sonde oder gar parenterale Ernährung über einen Portkatheter allerhöchstens dann in Frage, wenn sehr begründete Hoffnung besteht, in naher Zukunft (keinesfalls später als in vier Wochen) wieder zur oralen Ernährung zurückzukehren. Zur bloßen Lebensverlängerung (ohne begründete Hoffnung auf die Verbesserung meines Zustandes in absehbarer Zeit) oder zur Vereinfachung der Pflegesituation ist künstliche Ernährung auf gar keinen Fall eine Option, der ich zustimmen würde.

Was die akute Sterbephase angeht, so vertraue ich meinem Körper: Wenn er keinen Appetit verspürt, brauche ich auch kein Essen. GD Borasio sagt: Wir sterben nicht, weil wir nicht essen, sondern wir essen nicht, weil wir sterben.

 

So, ich glaube, das genügt erst einmal. Schon festgehalten, aber heute mal außen vor gelassen habe ich auch schon Gedanken zu den Themen Körperpflege, Morgens, Gerüche, Interessen und Freizeit, Kleidung und Katzen. Auch diese Gedanken werde ich Sie sicherlich irgendwann lesen lassen. Später, wenn ich noch ein bisschen darauf herumgekaut habe. 

Es macht übrigens Spaß, diese Dinge durchzudenken und aufzuschreiben, finde ich, und es kommt mir keineswegs morbid vor. Ich hoffe, Ihnen auch nicht.

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