In der siebten Woche im Homeoffice – die Katzen sind kurz vorm Anzetteln einer Meuterei und ich habe etwas Furchtbares entdeckt: Alle Oberflächen in meiner Wohnung, die ich in den ersten zwei Wochen meiner Selbstisolation geputzt habe, sind schon wieder staubig! – erreicht mich auch eine gute Nachricht: Die neue „Hospizkultur“, die zweimal im Jahr erscheinende Veröffentlichung des Hamburger Hospizes, ist da. Ohne den sonst üblichen Frühlingsempfang mit Schnittchen zwar, aber was soll’s.
Einen kurzen Artikel von mir können Sie in dieser Zeitung (den Link hänge ich unten an) auch finden, und zwar in der Rubrik „Denkanstoß“ zum Thema „Betroffenheit“, genauer gesagt: Was passiert mit haupt- und ehrenamtlichen Hospizlern, wenn sie privat und persönlich auf den Tod stoßen?
Ich schrieb, es wird Sie möglicherweise nicht überraschen, über meinen Abschied von Olga und Ida. Und machte nebenbei im Hospiz gleich noch ein bisschen Werbung für mein derzeitiges Lieblingsthema: Sterbebegleitung für Tiere und Trauerbegleitung für Menschen, die ihr Tier verloren haben. Nach wie vor bin ich davon überzeugt, dass es durchaus Nachfrage für entsprechende Angebote gäbe. Und wenn ich zu Demonstrationszwecken meinen Twitteraccount anschleppen muss…
Im Hospiz ist es in diesen verrückten Zeiten übrigens recht still geworden. Von den sechzehn Zimmern sind nur zwölf belegt, damit wirklich jeder Gast sein eigenes Badezimmer hat. Es wird noch mehr als sonst auf perfekte Hygiene geachtet, Abstand gehalten und desinfiziert. Alle tragen Mundschutz und bemühen sich, nicht mehr Dinge anzufassen als unbedingt nötig. Die meisten ehrenamtlichen Begleitungen sind ausgesetzt; wir dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn Gäste keinerlei anderen Besuch bekommen, ins Haus.
Besuche sind – zumindest in Hamburg – nicht komplett verboten wie in Krankenhäusern, aber im Allgemeinen auf einen Besucher pro Gast und Tag und nicht länger als eine Stunde begrenzt. Schließlich geht es hier um Sterbebegleitung, da ist komplette Isolation zum Glück keine Option. Allen Beteiligten ist klar, dass das nur so lange verhältnismäßig entspannt funktionieren kann, wie das elendige Virus nicht ins Haus kommt. Deswegen verhält sich, soweit ich es beurteilen kann, wirklich jede*r sehr verantwortungsvoll und solidarisch. Was eine wirklich gute Erfahrung ist.
Worüber/worauf ich mich auch sehr freue: Die „Leben und Tod“-Messe in Bremen wird zwar nicht, wie eigentlich geplant, in der Halle 6 der Bremer Messe stattfinden, aber statt dessen im Internet. Am 8. und 9. Mai, komplett kostenfrei und online, das Programm findet sich hier: Leben und Tod vernetzt
Hier ist mein Beitrag für den „Denkanstoß“ in der Hospizkultur vom April 2020:
Im November sind meine beiden Katzen gestorben. Sie waren nicht die ersten Katzen in meinem Leben und sicher auch nicht die letzten. Schon vor vielen Jahren, als ich dem Tod ansonsten noch so weit wie möglich aus dem Weg ging, habe ich schon Katzen, so gut es ging, in ihrem Sterben begleitet. Sehr angstbesetzt und voller Abwehr zwar, aber trotzdem war da etwas in mir, eine Art Instinkt, der wusste, was ich zu tun habe.
Das Wissen um diesen Instinkt war auch da, als ich darüber nachdachte, ob ich mir das Ehrenamt im Hospiz zutrauen darf. Ebenso wie die Gewissheit, dass ich noch viel lernen muss und möchte. Für meine Katzen, für meine Menschen und für mich.
Nun also, nach etwa zwei Jahren Ehrenamt im Hospiz, wieder eine Katzensterbebegleitung in meinem Privatleben. Natürlich ist das etwas anderes als die – parallel stattfindenden – Besuche bei meinem Hospizgast; ich bin auf ganz andere Weise involviert und gefordert. Auch der Schmerz ist ein anderer.
Ich merke bald, dass ich im Hospiz, im Umgang mit meinen Gästen und den Kollegen, bereits eine Menge gelernt habe. Ich kann meine Katzen ergebnisoffener beobachten und beim Tierarzt sinnvollere Fragen stellen als früher. Weil ich nicht mehr so viel Angst vor „schlimmen Antworten“ habe – obwohl diese mich nach wie vor bis ins Mark erschüttern. Ich kann mit meinen Katzen über den Tod sprechen und sie bitten, mir ihre Wünsche mitzuteilen. Irgendwie. Ich kann „informierte Entscheidungen“ treffen, die mehr oder weniger meinem Bauchgefühl entsprechen.
Meine Katzen werden, mit wenigen Tagen Abstand, von der Tierärztin meines Vertrauens eingeschläfert. Ich weiß keine bessere Lösung, denn ich wohne alleine und ich bin berufstätig. Irgendwann mal, vielleicht als Rentnerin, möchte ich meine Katzen zu Hause begleiten, mit palliativmedizinischer Symptomkontrolle, bis sie eines natürlichen Todes sterben. Irgendwann mal.
Ich bin in Trauer. Weil sie mich gernhaben und wissen, wie wichtig mir meine Katzen sind, begegnen mir die Menschen im Hospiz mit liebevoller Anteilnahme. Sogar mein Gast, eine katzenliebende junge Frau, und ihre Mutter weinen mit mir. Der Tod ist ein Teil des Lebens. Ich bin am richtigen Ort. Ein „offizielles Angebot“ zur Trauerbegleitung für Menschen, die ihr Tier verloren haben, macht das Hospiz aber leider nicht. Noch nicht.
Hier noch einmal der Link zu den Websites des Hamburger Hospizes und zum Download: Hamburger Hospiz
Falls Sie für den Ausbau des Hamburger Hospizes spenden möchten: Lebenswerte Zeiten
Mit der Trauerbegleitung für ein Tier bin ich sehr einverstanden.
Ich hatte die Möglichkeit beim Hospizverein in Kiel, eine solche wahrzunehmen, obwohl meine Hündin schon über ein Jahr tot war.
Sie liegt bei uns im Garten, nachdem wir sie von der Tierärztin mit nach Hause nahmen..
Da ich aber diejenige war, die die endgültige Entscheidung treffen musste, der Mann war zuhause geblieben, rang ich sehr lange mit dieser. Zumal ich Hunde kenne, die sehr viel älter geworden sind und teilweise noch leben.
Ich empfand das als sehr sehr ungerecht!!
Aber die Dame hat mir sehr geholfen, die schönen Seiten dieser 14 Jahre zu sehen, was für einen tollen Hund ich hatte und dass diese Entscheidung richtig war, sehe ich jetzt bei sehr alten, sehr kranken, teilweise verwirrten Hunden.
Diese Dame hatte keine spezielle Ausbildung, aber selber Tiere.
Was ich damit sagen will, einfach machen, anbieten. Die Trauer unterscheidet oft nicht zwischen Mensch oder Tier, lediglich die (oftmals erlösende) Entscheidung über das gehenlassen liegt in unserer Verantwortung..
Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass du eine Trauerbegleiterin gefunden hast und diese dir auch helfen konnte, deinen Kummer zu verarbeiten. Auch wenn diese Dame keine spezielle Ausbildung dafür hatte, nehme ich an, dass sie in irgendeiner Weise qualifiziert gewesen sein muss – wie sonst hätte ein Hospizverein sie empfehlen oder vermitteln können?
Bevor ich irgendwas außerhalb meines persönlichen Bekanntenkreises anbiete, möchte ich meine Kenntnisse und Möglichkeiten definitiv noch erweitern. Ich habe im Rahmen des Hospizkurses (und bei meinen Hospizbegleitungen) ja schon einiges gelernt und weiß deshalb auch schon ein bisschen, was ich noch lernen möchte.
Auf jeden Fall finde ich es sehr ermutigend zu hören, dass dir eine Trauerbegleitung bei der Trauer um deine Hündin so geholfen hat.
Vielen Dank fürs Teilen und viele Grüße
Bettina
Hey!! Eine Ausbildung zur Trauerbegleitung hatte sie, aber keine spezielle für Tiere..
Danke für Deine Antwort!!