Blutwerte sind „nur Blutwerte“

Manche Hoffnungen erfüllen sich, andere nicht. Meine Hoffnungen haben sich in diesem Fall, was die aktuellen Blutwerte meiner Katzen angeht, leider nicht erfüllt. Und das, nachdem die beiden wochenlang in vorbildlicher Weise ihr Diabetikerfutter gegessen und auch sonst so gesund wie möglich gelebt haben. Verdammte Axt.

Meine Tierärztin war auch ganz überrascht und enttäuscht, als sie mir am Montag die Ergebnisse der Blutuntersuchung am Telefon durchgab.

Zwar haben sich die Blutzuckerwerte bei Katze 2 geringfügig verbessert, aber dafür hat sie plötzlich einen – über einen Ergänzungstest, den wir eigentlich nur mit in Auftrag gegeben hatten, damit Katze 2 sich nicht gegenüber ihrer Schwester zurückgesetzt fühlt – stark erhöhten Pankreaslipase-Wert, der auf eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung hindeutet. Diese ist zwar bei älteren Katzen nicht gerade selten; sehr eigenartig ist allerdings, dass Katze 2 vorher niemals Anzeichen einer akuten Pankreatitis gezeigt hat. Die Bauchspeicheldrüse und der Blutzucker haben natürlich durchaus miteinander zu tun und das Diabetesfutter, das sich auf die Blutzuckerwerte durchaus schon ganz erfreulich ausgewirkt hat, wird hoffentlich auch die Bauchspeicheldrüse beruhigen. Da dies der erste Pankreas-Ergänzungstest war, den wir bei Katze 2 durchgeführt haben, fehlen uns natürlich noch die Vergleichsmöglichkeiten. Insgesamt aber sehr irritierend.

Bei Katze 1, die ja im Oktober eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung hatte, ist der entsprechende Wert jetzt wieder im Normalbereich. Das ist aber auch die einzige gute Nachricht, denn leider sind ihre Nierenwerte, die sich von Oktober bis November ja ein bisschen verbessert hatten, wieder schlechter geworden – noch schlechter, als sie im Oktober schon waren. Und das völlig unerwartet, denn so wie Katze 1 aussieht, frisst und sich benimmt, waren wir sicher gewesen, dass ihre Werte insgesamt besser sein müssten.

Die Tierärztin meines Vertrauens wirkte auch durchaus bedröppelt, als sie die Werte am Telefon mit mir durchging, fing sich dann aber und sagte: „Aber – und das ist das Wichtigste! – es geht den Katzen ja gut. Also ändern wir erstmal nichts, sondern füttern weiter das Diabetesfutter und nur das. Dann machen wir irgendwann wieder einen Bluttest. Wenn du das Gefühl hast, irgendwas wird schlechter, meldest du dich und wir schauen weiter.  Ich schicke dir die Befunde jetzt zu, du guckst sie dir in Ruhe an und meldest dich mit allem, was du dazu noch fragen willst.“

Ziemlich ernüchtert und mit den ausgedruckten Befunden ging ich am Montagabend nach Hause und sah mir meine Katzen genau an: Sie sprangen im Flur und in der Küche quietschend vor Freude und Hunger vor mir auf und ab und wussten vor lauter Aufregung gar nicht, wohin mit sich. Sie sind nämlich noch immer die hungrigsten Katzen der Welt und das nun schon im elften Jahr in Folge in meinem Leben. Sie haben blitzende, klare Augen, glänzendes Fell und nichts von ihrer „Los jetzt, fütter uns, sonst verhungern wir!“-Intensität verloren. Nach dem Essen (was ja bekanntlich vor dem Essen ist) saßen sie schnurrend und gemütlich mit mir auf dem Sofa und guckten Netflix, klauten mir ständig meinen Sofaplatz und waren auch sonst sehr präsent. Stimmt, dachte ich, den Katzen geht es gut. Vielleicht liegt es daran, dass ich ihnen die Laborergebnisse nicht gezeigt habe.

Im Verlauf der Woche las ich dann mal wieder das Internet quer. Es gibt sehr sehr viele Menschen, Profis und belesene und erfahrene Amateure, die sich die Mühe gemacht haben, über die einschlägigen Katzenkrankheiten Wissen anzuhäufen und auch mit der Welt zu teilen. Man kann da wirklich sehr viele Infomationen finden und das finde ich großartig. Schwierig wird es allerdings immer in dem Moment, in dem eine Katze an mehreren Erkrankungen gleichzeitig leidet, denn da braucht es meiner Meinung nach doch einen erfahrenen Tierarzt mit einem sicheren Blick für Ursachen, Wirkung und unerforschte Zusammenhänge. Zum Glück habe ich in dieser Hinsicht wirklich viel Vertrauen zu meiner Tierärztin.

Ich telefonierte also am Freitag noch einmal mit ihr und stellte ihr verschiedene Fragen wie:
1. Warum ist der Nierenwert von Katze 1 wieder schlechter geworden, nachdem er sich doch zunächst verbessert hatte?
2. Und: Können wir etwas dagegen tun, dass er sich so schnell weiter verschlechtert?
3. Kann es sein, dass Katze 2 eine chronische Pankreatitis hat, ohne dass sie vorher Anzeichen einer akuten Pankreatitis zeigte?
4. Wie schlimm sind diese Ergebnisse nun wirklich?

Die Antworten:
1. Wissen wir nicht, aber alle bisher gemessenen Werte, auch der leicht verbesserte im November, sind schlecht. Katze 1 hat eine irreversible Nierenerkrankung, das ist eine Tatsache.
2. Wir könnten eine Menge machen, vieles davon würde vor allem der Kasse meiner Tierärztin guttun (hat sie wirklich so gesagt). Anderes ist prinzipiell wirksam, aber anstrengend und stressig für die Katze, kommt ihrer Meinung nach also erst dann ernstlich in Frage, wenn das Allgemeinbefinden von Katze 1 sich verschlechtert und man ihr ohnehin nicht mehr die jetzige, hoffentlich noch lange andauernde mehr oder weniger symptomfreie Zeit versaut.
3. Nein, das ist im Prinzip unerklärlich. Unwahrscheinlich aber nicht auszuschließen ist, dass das nicht der Wert von Katze 2 ist, weil im Labor jemand das Blut vertauscht hat (hoffentlich nicht mit dem von Katze 1). Dass die Röhrchen mit dem Blut meiner beiden Katzen in der Tierarztpraxis sehr gewissenhaft mit den richtigen Namen beklebt worden sind, durfte ich ja selbst beobachten.
3. und 4. Die Ergebnisse sind nicht gut, aber es sind „nur“ Blutwerte, die hoffentlich im Zusammenhang mit der allgemeinen und besonderen Untersuchung der Katzen (inklusive Röntgen und Ultraschall) sowie meinen Wahrnehmungen im Alltag ein stimmiges Bild ergeben. Meine Katzen sind 13 Jahre alt und sie hatten keinen einfachen Start ins Leben. Sie waren lange und schwer krank – noch als sie schon bei mir waren – und sie haben über eine lange Zeit schlecht und unregelmäßig gefressen, weil trotz des großen Hungers die Schmerzen in ihren entzündeten Mäulchen zu stark waren. Die armen Mäuse. Ich habe viel dafür getan und sie haben sich zum Glück ja auch bestens erholt – aber es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sie sich schon damals bleibende Schäden an irgendwelchen Organen eingefangen haben, die sich jetzt nach und nach bemerkbar machen.

In diesem Zusammenhang hat meine Tierärztin mir ein großes Kompliment gemacht. Sie hat nämlich Vertrauen in mich und meine Fähigkeit, meine Katzen genau anzuschauen und zu merken, ob sie sich gut fühlen oder nicht. Das ist für sie nicht selbstverständlich und mit jedem Patientenhalter so, aber sie hat den Eindruck, dass die Verbindung zwischen meinen Katzen und mir sehr stark ist und dass ich es bemerken und auch handeln werde, wenn sich Veränderungen abzeichnen. Und ich hoffe, dass das wirklich so sein wird. Am liebsten noch nicht so bald.

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