Zwei Katzen, zwei Körbchen und drei Hände

Sie kennen das: Auch die Unabhängigsten und Selbständigsten unter uns brauchen gelegentlich Unterstützung. Manche Unternehmungen sind einfach zu groß, riskant und gefährlich, um sie alleine durchführen zu wollen. Schon alleine bei der Planung läuft es einem kalt den Rücken herunter und man überlegt zwanghaft, noch schnell eine Lebensversicherung abzuschließen und seine Patientenverfügung zu aktualisieren.

 Als meine Tierärztin oder besser: die Leibärztin von Katze 1 und Katze mir im Dezember sagte, dass sie im Januar noch einmal das Blut beider Katzen untersuchen lassen wolle, um zu prüfen, ob die Ernährungsumstellung denn auch die gewünschten Ergebnisse zeigt, war mir klar, dass mir eine derartige Situation bevorstand.

Es ist schon ein ziemlicher Angang für mich, eine einzelne meiner Katzen zum Tierarzt zu bringen. Nicht, wenn sie akut krank sind, dann habe ich ja keine Zeit zum Nachdenken und mache einfach, sondern zum Beispiel für Kontrolluntersuchungen wie diese. Tage im Voraus stelle ich das Transportkörbchen ins Wohnzimmer und integriere es ins abendliche Spiel mit den Katzen. Mit der Hilfe von Leckerlis ist es meist kein großes Problem, eine einzelne ahnungslose Katze in den Korb zu schieben, der da ja schon seit Tagen so rumsteht, ohne was Böses zu tun. Wobei das mit der Ahnungslosigkeit natürlich nur funktioniert, wenn die Abstände zwischen den Tierarztbesuchen groß genug sind. Also etwa drei Monate lang.

Ein großes Problem ist es aber zum Beispiel, wenn bei dem Spiel „Einer von uns beiden geht jetzt in den Korb, Mieze!“ keine Leckerlis gereicht werden dürfen, weil die Katze für die Blutuntersuchung nüchtern sein muss. Ohne in den Korb geworfenes Leckerli wird die Katze ihren Kopf nicht in den Korb stecken und nur noch einen sanften Druck aufs Hinterteil brauchen. Ganz und gar nicht. Ohne Leckerli muss man die Katze greifen, festhalten und mit beiden Händen zügig in den mit der dritten Hand stabil gehaltenen Korb stecken. (Wenn Sie diesen Satz nochmal langsam lesen, sehen Sie schon mein Problem.)

In der Praxis sieht es so aus, dass ich die Katze unter irgendeinem Möbelstück hervorhole oder aus einer Kuschelhöhle zerre und der Korb dann mehrere Meter entfernt von mir steht. Wenn ich mich aber der Höhle oder dem Möbelstück bereits mit dem Korb in der Hand nähere, wechselt die Katze den Platz. Wenn ich schlau war, habe ich wenigstens vorher die Schlafzimmertür geschlossen, so dass eine Flucht unters Bett unmöglich ist – obwohl ich da jetzt wirklich gerne hinflüchten würde.

Bei zwei Katzen ist es dann ja auch so, dass eine Katze beobachtet, wie stümperhaft man sich beim Einpacken der anderen Katze anstellt. Das heißt, dass alle Methoden, die bei der ersten Katze nicht funktioniert haben, und auch die Methode, mit der man sie dann irgendwie doch in den Korb befördert hat, für die zweite Katze „verbrannt“ sind. Denn die zweite Katze ist ja auch nicht doof.

Dann erinnern wir uns noch kurz an die Situation im November, in der ich Katze 2 einpacken wollte, und Katze 1, die das eine Scheißidee fand, sowohl Katze 2 wie auch mich wüst beschimpft und verprügelt hat. Das endete zwar damit, dass Katze 2 sich aus freien Stücken in den Korb flüchtete und froh war, die Wohnung verlassen zu dürfen, aber es war trotzdem eine traumatisierende Erfahrung. Für uns alle drei.

Nichtsdestotrotz überlegte ich mir, dass es, wenn sowieso beide Katzen noch einmal eine Blutuntersuchung bekommen sollten, sehr sinnvoll war, das gleichzeitig zu machen. Und ich bat meinen Freund, mir dabei zu helfen.

Bevor er letztes Jahr nach Bremen zog, hat mein Freund meine Katzen und mich fast immer zum Tierarzt gefahren und begleitet. Das war schön. Aber Bremen ist natürlich doch ein bisschen weit weg, um mal eben nach Hamburg zu fahren und eine dritte Hand zur Verfügung zu stellen. Zumal mein Freund ja in der Woche auch arbeitet und meine Tierärztin am Samstag keine Sprechstunde hat.

Mein Freund verstand aber meine Überlegungen und fand nach einigem Hin und Her auch einen Mittwoch, an dem er ohne Probleme früh Feierabend machen konnte und mit nicht allzu viel Verkehr zwischen Bremen und Hamburg rechnete. Er wollte um siebzehn Uhr bei mir sein und ich machte den Tierarzttermin um achtzehn Uhr, so spät wie möglich, um halbwegs sicher zu sein, dass wir es wirklich schaffen würden, pünktlich und nüchtern in der Praxis aufzuschlagen.

Ich hatte die Katzen morgens um acht zum letzten Mal gefüttert, was für sie ganz normal ist. Tagsüber komme ich ja nur selten mal zum Füttern nach Hause. Jedoch war mir klar, dass sie – egal ob ich nun um fünf oder um sechs nach Hause komme – davon ausgehen würden, umgehend ihr Abendessen zu erhalten. Mein Plan war es also, nicht lange vor meinem Freund in der Wohnung zu sein, um nicht während des Wartens angeknabbert zu werden. Dann würden wir die Katzen ganz unaufgeregt schnappen, in ihre Körbchen verfrachten, losfahren und viel zu früh beim Tierarzt sein. Ganz ohne Hektik und Stress.

Was soll ich Ihnen sagen? Genauso klappte es! Mein Freund und ich kamen gleichzeitig bei mir zu Hause an, betraten die Wohnung zusammen und verhielten uns so unauffällig wie möglich. Die Katzen waren zunächst erfreut, dann verwirrt (weil es kein Essen gab) und schließlich alarmiert (weil ich die Schlafzimmertür geschlossen hatte). 

Ich schnappte mir zunächst Katze 1, die in einer Kuschelhöhle saß und mich finster anstarrte. Als ich sie hatte, kam mein Freund mit dem Korb und – schwupp! – saß sie schon drin, wo sie augenblicklich anfing zu motzen und zu randalieren.

Katze 2 rannte ziemlich aufgescheucht unter das derzeit vor allem als Ablagefläche dienende Trampolin, dann unter den Esstisch und schließlich auf die Fensterbank. Dort stellte ich ihr ganz ruhig den zweiten Korb vor die Nase und sie ging ohne lange zu überlegen hinein. Vorbildliche Katze. Sehr, sehr vorbildliche Katze.

Wir liefen gegen halb sechs sehr entspannt bei der Tierärztin ein, nüchtern und mehr als pünktlich. Und sehr stolz auf uns. Das Blutabnehmen war ebenfalls kein Problem, beide Katzen ließen es ohne den geringsten Mucks über sich ergehen. Die Tierärztin fand auch, dass die beiden einen guten Eindruck machen. Allerdings hat Katze 1 noch ein bisschen Gewicht verloren und Katze 2 hat noch ein bisschen zugenommen. Nun ja. Zumindest ist das Gesamtgewicht konstant.

Um viertel nach sechs waren wir dann wieder zu Hause, die Körbchen standen in der Ecke und die Katzen durften sich nun endlich ihr Abendessen schmecken lassen. Eine große Portion natürlich, nach der Aufregung. 

Die Laborergebnisse kommen am Montag. Ich bin sehr gespannt und verhältnismäßig optimistisch, dass sich die Blutwerte beider Katzen verbessert haben. Ein bisschen Daumendrücken kann aber natürlich nicht schaden – auch dabei ist es immer gut, nicht alleine zu sein, sondern auf die Unterstützung seiner Mitmenschen bauen zu können.

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