Die dritte Woche im Homeoffice: Anruf beim Katzennotruf.

Ring Ring Ring.
Katzennotruf: Katzennotruf. Was ist Ihr Notfall?
Frl. Lotte Miez: Hier ist Lotte. Frl. Lotte Miez. Das ist hier doch anonym, oder?
K: Tach, Lotte. Herzlich willkommen beim Katzennotruf. Was ist dein Notfall?
L: Duzen wir uns? Ich bin Frl. Lotte Miez.
K: Äh.
L: Vielleicht möchte ich doch lieber anonym bleiben.


K: Natürlich, Frl. Miez. Was ist denn nun Ihr Notfall.
L: Sie ist ständig zu Hause.
K: Wer?
L: Die Frau.
K: Welche Frau?
L: Die Frau, bei der wir wohnen.
K: Ah. Und was macht sie?
L: Nichts.
K: Nichts?
L: Nichts. Das ist es ja. Sie ist ständig zu Hause und sie macht nichts.
K: Verstehe. Quarantäne oder Selbst-Isolation?
L: Sie nennt es Homofiss.
K: Wie?
L: Homofiss? Aber ich glaube, das ist auch egal. Jedenfalls geht sie nicht mehr morgens weg und kommt abends zurück, sondern sie ist den ganzen Tag in der Wohnung. Das geht uns voll auf den Zeiger.
K: Uns?
L: Meiner Schwester Frl. Leonie Mau und mir. Ich bin Frl. Lotte Miez. Aber Sie können anonym zu mir sagen.
K: In Ordnung, Anonym. Also, die Frau, bei der ihr wohnt, geht nicht mehr aus dem Haus. Das ist natürlich problematisch.
L: (unkontrolliertes Schluchzen) Ich halte das nicht mehr aus.
K: Kein Wunder. Aber lassen Sie uns noch einmal weiter herausfinden, was passiert ist. Wenn sie die Wohnung nicht mehr verlässt, ist das schon ein Zeichen, bei dem die Alarmglocken läuten sollten. Aber es gibt noch schlimmere Zeichen… Verdient sie noch Geld?
L: Was?
K: Haben Sie mal ihren Kontostand überprüft oder sich ihre Abrechnungen zeigen lassen?

L: Was? Damit kenne ich mich nicht aus. Für solche Angelegenheiten haben wir doch die Frau.
K: Frl. Miez. Natürlich ist das eigentlich nicht Ihre Aufgabe, aber es ist ganz wichtig, dass Sie so schnell wie möglich herausfinden, ob die Frau Sie und Ihre Schwester noch ernähren kann, auch wenn Sie nicht mehr rausgeht.


L: Ernähren? Wir haben noch 428 Tütchen und drei Pakete Trockenfutter.
K: Das klingt doch schon mal gut. Wie sieht es mit Leckerchen aus?
L: Sind noch da, aber wir bekommen keine, weil wir angeblich auf Diät sind.
K: DIÄT? Ich schicke sofort eine schnelle Eingreiftruppe. So geht es nicht! Auch nicht in Notsituationen.

SchnellesEingreiftruppenLosschickGeräusch. Im Hintergrund Alarmglocken und lautes Rufen.

L: Danke. Nimmt die Einsatztruppe die Frau dann mit? Wenigstens für einen Nachmittag?
K: Das lässt sich mit Sicherheit einrichten. Auch länger… unter gewissen Bedingungen.
L: Was denn für Bedingungen?
K: Was sind denn das für Leckerchen?
L: Knusperkissen und Hirschstreifen.

Sabbergeräusch.

K: Hirffftreiffen?
L: Sie klingen, als hätten Sie ein Sabberproblem.
K: Unsinn. Aber wissen Sie, ich mache das hier ehrenamtlich und wegen dieser ganzen Kontaktsperre-Bestimmungen bekommen wir fast nie mehr Pakete mit Leckerchen…
L: Kontaktsperre? Ha. Davon spricht sie auch dauernd, aber dann packt sie wieder eine von uns, kuschelt uns in Grund und Boden und nennt uns ‟ihre Therapiekatzen”!
K: Therapiekatzen? Das klingt ja furchtbar. Haben Sie ihr mal die Gebührenordnung gezeigt? Sie sind doch sicherlich nur als Wohnungskatze engagiert?
L: Äh… also… ja… ich wollte ja mal Therapiekatze werden.
K: Und?
L: Meine Schwester hat die Hausaufgaben gefressen und dann bin ich durch die Prüfung gefallen.


K: Aha. Das wäre also ein nicht genehmigter Einsatz als Therapiekatze, ohne dass Sie die notwendigen Qualifikationen vorweisen können?
L: Aber… aber… ich habe doch nur… ich kann doch nichts dafür, wenn die Frau…
K: Das kann teuer kommen.
L: Das ist doch anonym hier, oder?
K: Natürlich.
L: Ich muss weg. Es ist ein Notfall.
K: Hören Sie…

Tut tut tut.

K: Hm. Wie war noch mal der Name? Richtig, Frl. Lotte Miez. Da wollen wir doch mal sehen, was wir über Sie und Ihre hausaufgabenfressende Schwester im Computer haben… Wir melden uns!

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