Dies das Stoppi Advent und so.

„Sag mal, Stoppi“, fing ich das Gespräch ganz unverfänglich an, während ich mich stöhnend mit einem zu 100 Prozent aus Leitungswasser bestehenden Feierabenddrink aufs Sofa fallen ließ, „willst du nicht mal wieder eine schöne Adventsgeschichte schreiben? Am besten noch heute Abend, damit ich morgen einen Blogpost zum Veröffentlichen habe?“

Stoppi, der kleine schwarze Plüschkater, der wie meistens gemütlich auf der Mittelkonsole des Sofas saß, grinste mich freundlich an. Dann hustete er, ein bisschen demonstrativ, wahrscheinlich als dezenten Hinweis darauf, dass sich auf seinem schwarzen Köpfchen schon wieder eine kleine Staubschicht gebildet hatte.

Ich nahm, ohne groß darüber nachzudenken, eine Katzenbürste vom Regal und fing an, Stoppis schwarzen Pelz wieder glatt und sauber zu putzen. Er hatte ja recht: Ich war etwas nachlässig geworden und er kam auf der Hinterseite seines Kopfes weder mit der Zunge noch mit der Pfote an, sein Kopf war dafür einfach zu groß.

„Siehst du wohl“, sagte ich zu ihm, während ich auch seinen Rücken und seine Pfoten abstaubte, „du siehst schon wieder aus wie neu.“

Stoppi grinste vielsagend, sagte aber nichts.

„Du hast früher so schöne Advents- und Weihnachtsgeschichten geschrieben“, versuche ich es noch einmal. „Die von 2020 mit der weißen Plüschkatze, die ins Tierheim kommt, habe ich neulich wiedergefunden. Die ist echt gut. Also, richtig gut.“

„Natürlich ist sie das“, sagte Stoppi. „Das war eine Gemeinschaftsarbeit von uns beiden. Erinnerst du dich nicht? Sie wurde länger und länger, weil wir so viele tolle Ideen hatten und einfach nicht fertig wurden. Wir haben sogar noch einen fünften Adventssonntag erfunden, weil die Geschichte zum Schluss fünf Teile hatte.“

„Das stimmt“, erinnerte ich mich. „Die vielen Fäden der Geschichte mussten ja irgendwie zusammengeführt und aufgelöst werden. Das war gar nicht so leicht. Aber wir haben es geschafft und wer hat schon etwas gegen einen fünften Advent?“

„Das ist auf jeden Fall besser als in diesem Jahr, wo es eigentlich nur drei Adventssonntage gibt“, fand Stoppi. „Ich weiß, in deiner Familie wurde in diesen Jahren, wo der vierte Advent und Heiligabend auf einen Tag fielen, bis 17 Uhr Advent gefeiert, kurz umgebaut und ab 18 Uhr war dann Weihnachten… aber das ist schon irgendwie verrückt, oder?“

„Wir fanden es ganz lustig“, behauptete ich. „Aber es ist natürlich nicht optimal. Wobei damals, wenn ich mich richtig erinnere, niemand auf die Idee gekommen wäre, wegen solch einer Kalendereigenheit mit den Weihnachtsmärkten schon vor dem Totensonntag anzufangen. Und heute fallen da nach und nach alle Hemmungen.“

„Soll ich darüber eine Geschichte schreiben?“, fragte Stoppi interessiert. Über einen Weihnachtsmarkt am Totensonntag? Wo dann die ganzen vergessenen Toten vorbeikommen, Glühwein trinken, Bratwurst essen, ihre Hinterbliebenen beleidigen und zum Schluss gegen die Weihnachtsmarkt-Buden pinkeln?“

„Keine schlechte Idee!“, fand ich. „Und was sollen wir daraus lernen?“

„Wir müssen was lernen?“, fragte Stoppi überrascht. „Ich dachte, wir schreiben zur Unterhaltung?“

„Schon“, stimmte ich ihm zu. „Aber eine Moral von der Geschicht‘ schadet ja auch nicht.“

„Okay“, erwiderte Stoppi vergnügt. „Also: Die Moral von der Geschicht‘ ist: Wenn du vor dem ersten Advent zum Weihnachtsmarkt gehst, vergiss deine Toten nicht. Sie mögen vielleicht auch Glühwein mit Schuss und Anstoßen auf die guten alten Zeiten.“

„Okay“, sagte ich. „Gar nicht übel. Allerdings mag ich keinen Glühwein, weder mit noch ohne Schuss.“

„Du bist ja auch nicht tot“, stellte Stoppi fest.

„Auch wieder wahr. Du meinst, der Geschmack ändert sich vielleicht, wenn man tot ist?“

„Könnte doch sein, oder? Vielleicht isst du dann wieder Fleisch oder stehst plötzlich total auf Mayonnaise!“

„Das wird niemals geschehen“, versicherte ich Stoppi vehement. „So tot kann ich gar nicht sein.“

Stoppi, dessen schwarzes Fell nun wieder im Kerzenlicht glänzte, grinste mich von seiner Mittelkonsole aus an verschmitzt an. „Dann ist es ja gut. Dann bin ich beruhigt. Haben wir nun eigentlich unseren Blogpost?“

„Ich denke schon“, sagte ich, während ich meine Notizen und Stichworte durchblätterte. „Wir haben doch einige Themen gestreift und weihnachtlich ist es auch.“

„Ausgezeichnet“, versicherte mir Stoppi. „Dann können wir es uns ja endlich wieder gemütlich machen und noch ein paar Weihnachtsfilme gucken. Nur zu Inspirationszwecken, versteht sich.“

„Versteht sich.“ Ich machte es mir auch wieder auf dem Sofa gemütlich und nahm noch einen Schluck von meinem Feierabenddrink, der immer noch sehr wässrig schmeckte. „Ein bisschen Inspiration können wir ja immer brauchen.“

 

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