Ist die Katze gesund… (Katze 2 erzählt weiter).

Diesen Bericht verfasste Katze 2 am Samstagmorgen, wahrscheinlich mit den Blutresten, die noch überall in der Wohnung zu finden waren.

Ist heute Halloween? Wenn ja, könnte ich super als Zombie gehen. Ich bin heute vor Erschöpfung fast nicht aus dem Körbchen gekommen, wo ich seit dem letzten Snack gegen halb sechs Uhr morgens wie ein Stein geschlafen habe, und nun schwanke ich durch die Wohnung, als hätte ich einen Kater. Schön, dabei war ich gestern doch nüchtern wie noch nie.

Moment, ich muss mich mal eben kratzen. Es juckt schon wieder so da oben an meinem Hals. Wenn ich nur diesen Schorfbobbel da abkriegen würde, der macht mich wahnsinnig.

Bettina sieht heute übrigens auch aus wie ein Zombie. Hoffentlich lassen sie sie überhaupt ins Büro und bringen sie nicht in irgendeine Anstalt. Und mit den zerhackten Händen könnte sie zu Halloween Süßigkeiten abgreifen ohne Ende.

Vielleicht, wenn ich den Schorfbobbel durch Lecken etwas aufweiche. Moment.

Sie haben es vielleicht bei Twitter verfolgt: Wir hatten gestern Abend einen Zwischenfall mit Verletzten und so. Meine Schwester Ida, der es offenbar schon wieder viel zu gut geht, hatte nämlich einen kleinen Durchdreher und ist auf Bettina und mich losgegangen. In bester Absicht natürlich, sie wollte nur verhindern, dass Bettina mich in den Transportkorb steckt. Allerdings ist sie dabei so was von krass eskaliert. Meine Pfote, so habe ich sie überhaupt noch nie gesehen. Sie hat gebrüllt wie am Spieß und…

Da ist noch ein Schorfbobbel. Den lecke ich am besten auch erstmal weich.

… mich, die ich schon halb im Körbchen steckte, attackiert und dabei Bettina, die versuchte, mein Hinterteil auch noch reinzuschieben, erwischt. Als ich mich dann aus dem Körbchen befreit hatte, hielt Bettina mich immer noch eisern fest, aber Ida ist dann auf mich – und Bettinas Hände – gesprungen und hat um sich geprügelt, was das Zeug hielt. Dann hat Bettina mich losgelassen, um Ida von mir wegzuschubsen. Ich natürlich nichts wie weg, ins andere Zimmer und auf die Fensterbank. Ida schreiend und mit ausgefahrenen Krallen…

Apropos Kralle. Da hinter dem Ohr juckt es auch.

… hinter mir her. Bettina, blutend an beiden Unterarmen, hat erstmal die Schlafzimmertür zugemacht, damit keiner sich unter dem Bett versteckt. Sah dabei allerdings aus, als würde sie sich da am liebsten selbst hin verpieseln. Dann kam sie mit dem Korb zu mir rüber. Daraufhin hat Ida, wieder mit eingeschalteter Sirene und Klobürstenschwanz, mir noch ein paar Ohrfeigen gegeben. Ich bin schnell unter den Tisch gehopst, dachte aber, dass das Körbchen vielleicht gar nicht so ein schlechter Ort ist. Vorausgesetzt, ich sitze alleine drin und nicht gemeinsam mit meiner Schwester. Gedacht, getan: Als Bettina mir das nächste Mal das Körbchen vor die Nase hielt, bin ich ganz schnell reingehechtet und habe die Tür hinter mir zugezogen.

Uff. Schon wenn ich daran denke, wie ich in dem Körbchen saß und Ida mit gesträubtem Fell und motzend um mich rumgelaufen ist, wird mir wieder ganz flau.

Bettina sah auch etwas blass aus und musste sich erstmal eine halbe Packung Heftpflaster wahllos überall hinkleben. Dann bestellte sie uns ein Taxi. Gute Idee, dachte ich, nur raus hier. Und bis dahin sage ich einfach nichts und rühre mich nicht und atme nur ganz flach. Auch wenn ich mich gerne an der Schulter kratzen würde.

Bei der Tierärztin war es himmlisch ruhig im Gegensatz zu Zuhause. Wir mussten auch nicht warten, sondern durften der Tierärztin und ihrer Helferin gleich alles erzählen. Sie waren angemessen beeindruckt und hatten viel Verständnis dafür, dass Bettina und ich etwas gestresst aussahen.
„Du bist also die dicke Schwester, die immer alles auffrisst“, fragte die Tierärztin mich freundlich. Natürlich bin ich die. Wer denn sonst? „Und du musst dich immer überall kratzen, weil es juckt?“ Wen juckt hier was? Ich mich kratzen? Unsinn. Nehmen Sie sofort Ihre Hände von meinem Bauch, Sie!

Das tat die Tierärztin tatsächlich. Allerdings nur, weil sie beschlossen hatte, mir erst Blut abzunehmen und mich dann in Ruhe zu untersuchen. Na super, dachte ich, dann ist hier eben auch überall Blut. Wie bei Twitter. Und wie zu Hause. Ich war zu erschöpft, um mich groß zu wehren, weder gegen das Rasieren meiner Pfote noch gegen die Kanüle, die sie mir dann in die Vene piekste. Aua. Aber ich habe nichts gesagt. Als sie dann genügend Blut in ihren Röhrchen, auf dem Behandlungstisch, dem Fußboden und ihrer Hose hatte, zog sie dann die Kanüle wieder raus.

„Bitte machen Sie ihr nur ein ganz kleines Pflaster an den Druckverband“, bat Bettina. „Sie hat ja keine Zähne, um ihn sich selbst abzumachen – und ich bin nicht sicher, ob ich heute noch einmal so nah an sie rankomme!“

Die Ärztin entschied, dass es ganz ohne Pflaster gehen würde, womit ich natürlich einverstanden war. Außerdem hatte sie ja sowieso schon mein ganzes Blut.

Dann hat die Tierärztin mich untersucht, das war zwar nicht sehr angenehm, aber auch nicht soooo schlimm. Sie fand aber außer fünf Schorfbobbeln, die sie genau anschaute, nichts. Na ja, meinen Catstick-Bauch, den fand sie auch. Aber das ist meiner und die Catsticks gegen meine Schwester mühsam erkämpft. Als sie mich auf die Waage stellte, habe ich die Augen zugemacht, mir die Pfoten in die Ohren gesteckt und Lalala gesungen. Bettina übrigens auch.

„Tja“, sagte sie dann. „Also, Parasiten können wir wohl ausschließen.“

Parasiten? Was denn für Parasiten? Ich habe keine Parasiten. Ich bin ein Parasit.

„Die Tatsache, dass die aufgekratzten Stellen alle im Kopf-Schulter-Nacken-Bereich sind, deuten eher auf eine Futtermittelunverträglichkeit hin.“

Futtermittelunverträglichkeit? Ich? Dass ich nicht lache!

„Prima“, sagte Bettina. „Da wir in den letzten Wochen etwa zehn verschiedene Schonkost-Sorten ausprobiert haben, wird es ja gar kein Problem sein, das abzuklären.“

Man sagt ja gerne, Katzen verstünden keine Ironie. Nicht mal, wenn man sie damit haut. Aber das stimmt nicht. Ich bin zu 98% sicher, dass diese Bemerkung einen ironischen Hintergrund hatte.

„Bleiben Sie jetzt mal eisenhart bei der einen Sorte Schonkost, die die Ida frisst“, sagte die Tierärztin. „Und nur bei der. Für beide Katzen. Dann schauen wir mal. Und ansonsten warten wir jetzt die Blutuntersuchung ab, vielleicht erfahren wir ja auch da noch etwas.“

Dann durfte ich wieder ins Körbchen zurück und erst, als ich drin saß und die Tür zu war, fiel mir ein, dass wir dann jetzt wieder nach Hause fahren würden. Zu Ida. Oh Hilfe. Ich hoffte sehr inständig, dass die sich inzwischen wieder beruhigt hatte und nicht mehr auf dem Kriegspfad war.

Bettina machte sich darüber offenbar auch Sorgen und überlegte sich schon einen Notfallplan, um Ida und mich vorübergehend zu trennen – natürlich nur, falls das unbedingt nötig sein sollte. Denn eigentlich waren wir beide viel zu kaputt für irgendwelche Aktionen. Ich für meinen Teil wollte Abendbrot und ab ins Bett. Am liebsten sofort. Bettina sah aus, als könnte sie zusätzlich auch noch einen Schnaps vertragen.

Ida stand schon hinter der Tür, als wir zu Hause ankamen. Zum Glück aber wieder mit glatt anliegendem Fell und ohne Schreikrampf. Im Grunde sah sie ziemlich erleichtert aus, dass wir so schnell wieder da waren und als ich aus dem Körbchen krabbelte, auf dem Bauch, so müde war ich, da nahm sie mich sofort in Empfang und fing an, den Tierarztgeruch von mir abzuputzen.

Doppeluff. Vor Erleichterung muss ich mich mal schnell am Ohr kratzen. Moment.

Der Abend war dann kurz. Wir saßen, aßen und gingen früh ins Bett. Alle drei. Und schliefen wie die Steine. Und wie die Steine sind wir auch heute Morgen wieder aufgestanden. Beziehungsweise wie die Zombies. Bettina musste ins Büro, die Arme. Ich konnte mich wenigstens nach dem Frühstück wieder ins Körbchen legen. Zusammen mit Ida, die offenbar beschlossen hat, mich nicht mehr aus den Augen zu lassen. Hoffentlich darf ich nachher wenigstens alleine aufs Klo. Halten Sie mir die Daumen.

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