Jede Zelle meines Körpers ist urlaubsreif

Noch eine Woche, dann habe ich Urlaub. Endlich. So langsam lohnt es sich, nicht nur die Tage, sondern auch die Stunden zu zählen (für die, die es genau wissen wollen: Bis zum Urlaubsbeginn am Freitag, 6. Juli 2018, 18 Uhr, sind es noch 127 Stunden bzw. 7.620 Minuten.

Mein letzter Urlaubstag war der 30. August 2017. Wie viele Tage, Stunden und Minuten der nun schon zurückliegt, mag ich gar nicht mehr ausrechnen. Jedenfalls viel zu lange.

Wenn man nur einmal im Jahr Urlaub hat, das aber sechs Wochen lang, dann ist das eine Woche vorher ein ziemlich großartiges Gefühl (im Gegensatz zu eine Woche danach, das ist ziemlich grauenhaft).

Ich bin jetzt allerdings auch mehr als urlaubsreif. Mir tut der Rücken weh, die Knie und die Füße auch. Meine Haare sind grauer denn je und hängen traurig in der Gegend rum (ich hätte schon vor vier Wochen zum Friseur gemusst, hatte aber keine Zeit), meine Haut ist bleich und meine Augen eingefallen und trüb.

Meine Nerven und mein Hirn geben mir in regelmäßigen Abständen zu verstehen, dass sie Ruhe, Erholung und frische Luft brauchen; sie ertragen Menschenmengen nicht mehr und von Zigarettenrauch und dem Geruch eines 48-Stunden-Deos (gibt es überhaupt noch andere?) bekomme ich innerhalb von Sekunden Migräneschübe.

Mein Kopf ist im Hyperdrive. Nachts versucht er, die ganzen Anfragen und laufenden Vorgänge zu sortieren, meistens rasselt er dabei so laut vor sich hin, dass ich aufwache. Das Sortieren klappt so mittelgut, meistens habe ich morgens die wichtigsten unerledigten Angelegenheiten vergessen, kann aber lückenlos aufzählen, was alles abgehakt ist.

Das Jahr – die Spielzeit, wie wir in Theaterkreisen sagen – hatte es durchaus in sich. Nicht nur im Job, auch zu Hause war eine Menge los. Und alles, die Veränderungen im beruflichen Umfeld wie auch der Umzug meiner Mutter ins Seniorenheim, zogen sich ewig lange hin und hielten mich monatelang in Bewegung. Nebenbei besuchte ich den Sterbebegleitungs-Kurs im Hospiz und machte meine ersten Erfahrungen als Ehrenamtliche in diesem Bereich. Außerdem zog ja noch mein Freund mit Katze 3 und Katze 4 (Kater 1) nach Bremen um, damit ich auch noch „lebt erfolgreich in einer Fernbeziehung“ in meinen Lebenslauf aufnehmen kann.

Ich bin müde. Müde und fett. Müde und fett und unbeweglich. Müde und fett und unbeweglich und hungrig. Müde und fett und unbeweglich und hungrig und reizüberflutet. Ich möchte mal ein paar Tage nichts mehr sehen, hören und riechen – und bewegen möchte ich mich erst recht nicht, außer vielleicht im Wasser. Da müsste man mich aber reinsetzen.

Mein Körper sagt, ich muss im Urlaub mehr Sport machen und vor allem Diät. Meine Seele sagt, Diät ist gut, aber bitte mit Käse überbacken. Mein Kopf sagt gar nichts mehr außer: Gebt mir ein U. Gebt mir ein R. Gebt mir ein L. Gebt mir ein A. Und so weiter. Falls er damit irgendwann wieder aufhört, wird er wahrscheinlich sagen: Gebt mir ein Buch und ein Bett und ein Getränk mit Eiswürfeln, Schokominze, Limette und Schirmchen. Und das Buch nicht zu anspruchsvoll.

Sie sehen schon: Mit mir ist nicht mehr viel anzufangen. Noch 7.620 Minuten Vorfreude. Die gehen auch noch rum, wenn auch nicht halb so schnell wie die dann folgenden sechs Wochen, bis ich am 23. August wieder zurück ins Büro darf. Aber immerhin sind es 7.620 Minuten, in denen ich meinen Urlaub noch vor mir habe. Und das ist doch schon mal was!

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