Katzenliebe: Gute Schwester, böse Schwester

Ja, so wie in „Good cop, bad cop“. Nur unübersichtlicher, weil die Rollen in Sekundenschnelle (oder noch schneller) getauscht werden. So schnell, dass man es gar nicht sieht. So schnell, dass manchmal eine Schwester überrascht feststellt: „Ich weiß gar nicht mehr, ob ich heute die gute oder die böse Schwester sein sollte.“

Die Rede ist, natürlich, von Frl. Leonie Mau und Frl. Lotte Miez. Schwestern von Geburt an und seitdem niemals voneinander getrennt. Schwestern, die sich auf den ersten Blick weder ähnlich sehen noch wesensgleich erscheinen, auf den zweiten und jeden weiteren Blick aber ganz klar demselben Genpool entsprungen sind.

Schwestern mittleren Alters, die miteinander leben, wie nur Schwestern mittleren Alters es können: Sich oft gegenseitig ignorierend oder, falls das nicht möglich ist, mit häufigen Nickeligkeiten und kleinen zickigen Attacken aus dem Hinterhalt. Sie müssen sich nicht ernsthaft streiten oder gar prügeln, Gott verhüte. Da müsste man ja hinterher die Frisur neu sortieren und sich Blut von der Nase wischen. Ein winziges Fauchen oder auch nur ein böser Blick, mal eben so um die Ecke geworfen, genügt meist schon, um sich selbst, die Schwester und weitere Anwesende darüber in Kenntnis zu setzen, dass die Rangfolge hier klar geregelt ist.

Schwestern mittleren Alters, die sich ihr Leben miteinander sehr behaglich eingerichtet haben. Sie können sich aufeinander verlassen, sie wissen, was sie voneinander erwarten können oder vielleicht auch nicht. Deswegen müssen sie nicht wer weiß wie eng miteinander sein oder gar miteinander kuscheln, wenn keiner guckt (na ja, ganz selten). Sie geben sich unabhängig voneinander, sind eigenständige Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Wünschen und Bedürfnissen. Katzen von Welt und sie schaffen es ohne Mühe, Job und Menschen miteinander zu vereinbaren.

Auf gar keinen Fall möchten sie wie zwei Schwestern mittleren Alters rüberkommen, die nur deshalb noch immer zusammenleben, weil sie keine anderen Angebote und Möglichkeiten gehabt hätten. Natürlich hatten sie die. Frl. Lotte Miez zum Beispiel von Herrn Dr. Jehanski, dem Bremer Wüstling, dem die Frauen vertrauen. Und Frl. Leonie Mau hat sowieso jede Menge Angebote, über die Hälfte davon unanständig, wie sie immer wieder stolz betont.

Nichtsdestotrotz beschlossen die beiden Damen, ihre erprobte Wohn- und Lebensgemeinschaft nicht zu verlassen. Nicht für irgendwelche halbseidenen Angebote (was allerdings bei Vollmond nachts auf dem Dach passiert, geht niemanden was an). Jedoch sind sie ja vor gut anderthalb Jahren mit der gesamten Wohngemeinschaft umgezogen, zu mir nämlich. Was sie auch, soweit ich es beurteilen kann, seitdem keinen Tag bereut haben (und ich natürlich auch nicht).

Mich finden die beiden Schwestern nämlich, unabhängig voneinander und auch in schöner Einmütigkeit, ganz toll. Sehr schmeichelhaft für mich ist das, natürlich, aber auch manchmal verstörend: Wenn die Fräuleins Miez und Mau sich nämlich in die gutfrisierten Felle kriegen, dann meistens meinetwegen. Sie streiten sich dann um mich, also meine Aufmerksamkeit, meine streichelnden Hände, meinen eigentlich auch für zwei Katzen ausreichend breiten Schoß und den besten Platz im Bett, direkt neben mir (obenrum).

Ich finde ja eigentlich immer, dass die beiden Süßen das unter sich ausmachen sollten, und mische mich da so wenig wie möglich ein. Eigentlich klappt das auch ganz gut: Im Bett hat Frl. Lotti Vorrang und auf dem Sofa Frl. Leo. Das hat sich so ergeben und klappt auch ganz gut. Außer wenn Frl. Leo beschließt, dass sie auch gerne mal wieder mit im Bett schlafen möchte, und zwar direkt neben mir (obenrum). Frl. Lotti findet das gar nicht lustig, sagt aber nicht viel, sondern rollt sich beleidigt auch neben mir (aber untenrum) zusammen und sammelt, wenn keiner guckt, wahrscheinlich Leos ausgefallenes Sommerfell, um daraus eine Voodoopuppe zu basteln.

Alles in allem kann man sagen, dass Leonie – „gute Schwester“ – schneller ist und mehr Humor hat. Lotti – „oh ja, ich bin die böse Schwester!“ – hat weniger Geduld, auch wenn sie gemütlicher aussieht, und meist keine Hemmungen, tatzgreiflich zu werden. Sie kann übrigens knurren wie ein Hund, was sowohl ihre Schwester wie auch Tierärzte und andere Dienstleistungstierquälerpersonen (O-Ton Lotti) immer gebührend beeindruckt. Manchmal, wenn es ihr zu bunt oder zu eng wird, knallt sie Leonie auch einfach eine und die Unterhaltung ist beendet.

Lotti, wenn sie sauer ist, sieht ziemlich lustig aus. Das findet auch Leo.

Wenn ich nicht in der Nähe bin, kommen die Schwestern aber bestens miteinander aus. Es kommt praktisch nie vor, dass ich beim Heimkommen ausgerissene Haarbüschel oder andere Kampfspuren vorfinde. Wahrscheinlich sitzen die beiden, wenn ich nicht zu Hause bin, die ganze Zeit gemütlich in ihren Lehnsesseln, Lotti häkelt, Leo spielt Videospiele, beide sagen in regelmäßigen Abständen: „Kommt sie bald? Ich hab‘ Hunger!“ und die Welt ist durchaus in Ordnung für die Fräuleins Miez und Mau. So wie es sich ja schließlich auch gehört unter Schwestern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.