Mein Endgegner: Katzenhaare

Wieso sieht es in dieser Wohnung eigentlich schon wieder aus, als wäre in einer ausgeraubten Keksfabrik eine Bombe explodiert? Noch dazu eine haarige Bombe?

Wussten Sie, dass nicht nur viele Katzen mehrfarbig sind, sondern auch viele einzelne Katzenhaare? Helle Spitze, rötliche Mitte und dunkle Wurzel. Oder andersrum. Auf jeden Fall sind Katzenhaare so beschaffen, dass man immer irgendein Stück von ihnen sieht, völlig egal auf welchem Untergrund sie sich gerade festgekrallt haben. Das heißt, sobald Sie eine Katze in Ihrer Nähe haben (und Nähe muss nicht  unbedingt bedeuten, dass Sie wissen, dass eine Katze in der Nähe ist oder dass dies mit wissenschaftlichen Methoden nachweisbar wäre), haben Sie auch das Problem mit den Katzenhaaren – und das lässt sich nicht dadurch umgehen, dass sie sich eine schwarze Katze und lauter schwarze Klamotten anschaffen. Oder eine weiße Katze und weiße Klamotten. Oder eine Tigerkatze und Leopardenleggings. Völlig egal, wie gut Ihr Outfit und Ihre Katze aufeinander abgestimmt sind: Sobald das Haar nicht mehr in der Katze steckt, sondern auf Ihrer Klamotte liegt, ist es auch zu sehen. Jawohl, auch im Dunkeln!

Katzenhaare liegen ja nicht nur auf Oberflächen herum: Sie fressen sich quasi in sie hinein und gehen eine Symbiose mit beispielsweise einem völlig unschuldigen Sofakissen oder Pulli ein. Symbiose? Nein, Moment! Symbiose wäre, wenn das Sofakissen und der Pulli auch irgendwie von diesem, von Anfang an unauflösbaren Zusammenleben profitierten. Das ist nicht der Fall. Also handelt es sich bei Katzenhaaren um Parasiten.

Was erstaunlich ist, wenn man bedenkt, woher Katzenhaare stammen, nämlich von kleinen, flauschigen, unschuldigen Tierchen, die…. Moment! Kleinen, flauschigen, keineswegs unschuldigen Tierchen, die ihren Wirtstieren, im Allgemeinen Menschen, vorgaukeln, sie gingen eine Symbiose mit ihnen ein, in Wirklichkeit aber einen weiteren Schritt zur Weltherrschaft zurücklegen und überall die Zeichen ihrer Territorialeroberung, nämlich ihre kleinen, flauschigen und alles andere als unschuldigen Haare, zurücklassen! Also! Im Grunde ist das alles kein Wunder, sondern es hat Methode.

Waren das Katzenpenisse, die diese kleinen Widerhaken haben, mit denen sie sich an bzw. in ihren „Partnerinnen“ festhaken, oder Katzenhaare? Egal, wahrscheinlich beide.

Ich musste mich noch nie von einem Katzenpenis befreien, aber schon sehr, sehr, sehr, sehr, sehr oft von Katzenhaaren. Eigentlich immer. Mittlerweise ist es so, dass ich mit Hilfe der Klamotten, die ich bereits trage, vermutlich genügend Katzenhaare in jedes Oberbekleidungsgeschäft trage, so dass jedes Stück, das ich neu anprobiere, bereits mit Katzenhaaren übersät ist.

Katzenhaare befallen nicht nur Oberbekleidung und Polstermöbel, sondern auch Schuhe, Balkonblumen, Waschbeckenabflüsse und meinen Kühlschrank. Jawohl, meinen Kühlschrank. Ich verspreche Ihnen, Sie können jedes beliebige originalverpackte und ungeöffnete Produkt aus meinem Kühlschrank nehmen und Sie werden darin Katzenhaare finden. Ist so.

Besonders gerne befallen Katzenhaare Gegenstände, die man nicht mit dem Staubsauger reinigen kann wie z. B. Vorhänge, Wolldecken, Handtücher, flauschige Plüschhöhlen, Äpfel und gekochten Reis. Diese Gegenstände wirft man am besten unbesehen (Sie werden sie sowieso nicht wiedererkennen) nach ca. drei Monaten weg und kauft sich Ersatz. Falls das aus irgendeinem Grund nicht möglich sein sollte, nimmt man sich am besten ein paar Tage frei und leiht sich irgendwo eine Atemschutzmaske. Dann bearbeitet man den unersetzlichen und komplett katzenhaarverseuchten Gegenstand mit einer Fusselbürste oder einer Fusselrolle. Im Verlauf dieser „Reinigungs“-Aktion verwüstet man die Umgebung in einem Radius von ca. drei Metern, schluckt trotz Atemschutzmaske mehr als das Sechshundertfache der in der EU zugelassenen Menge an Katzenhaaren und gibt im Allgemeinen entnervt auf, wenn man etwa ein Achtzehntel der in den Gegenstand verkrallten Katzenhaare tatsächlich vom Gegenstand gelöst hat.

Vor etwa zwei Wochen habe ich die beiden Eigenheime meiner Katzen auf der Schlafzimmerfensterbank und das Doppelhäuschen unter dem Esstisch mit einem Noppen-Gummihandschuh bearbeitet. Meine Bronchien haben sich heute noch nicht vollständig erholt, ich habe vorsichtshalber noch immer eine Sauerstoffflasche in der Handtasche, aber immerhin konnte ich der örtlichen Vereinigung zur Einkleidung von Nacktmullen eine Spende von 867 Gramm Katzenhaaren übergeben.

867 Gramm! Das entspricht dem abgeworfenen Winterfell von durchschnittlich siebeneinhalb Europäischen Kurzhaarkatzen. Ich war sehr überrascht, schließlich kenne ich ja nur zwei von denen persönlich. Und ich frage mich ernstlich, wo die halbe Katze wohl wohnt und wo wohl die andere Hälfte von ihr geblieben ist.

Wenigstens weiß ich, dass ich mit dem Katzenhaarproblem nicht allein bin. Überall auf der Welt versuchen Menschen, dieses Problem in den Griff zu bekommen. Milliarden gehen in die Forschung für Anti-Fussel-Katzenfutter, Nacktkatzen und Katzen die ihre Haare niemals verlieren sowie Hilfsmittel, um die herkömmlichen Haare herkömmlicher Katzen halbwegs effektiv loswerden zu können. Leider sind die Ergebnisse, z. B. was Waschmaschinen und Staubsauger angeht, noch eher dürftig: Diese als „katzenhaargeeigneten“ beworbenen Haushaltsgeräte verbrauchen mehr Strom als eine beleuchtete Achterbahn und machen so viel Lärm wie ein startendes Düsenflugzeug. Aber eben auch nicht viel anderes.

Kreative Menschen stricken ihren Katzen kleine Pullover aus den eigenen Haaren oder basteln ihnen Spielzeug aus Katzenfilz. Andere stellen ausgekämmte Katzenhaare den Vögeln im Garten oder auf dem Balkon als Nestbaumaterial zur Verfügung. Alles keine schlechten Möglichkeiten, etwas Schönes mit Katzenhaaren zu machen, aber mein Lieblingsprojekt, an dem zumindest jeder mitwirken kann, der mit einer roten Katze zusammenlebt, ist definitiv #trumpyourcat (ich empfehle die Google-Bildersuche).

Die einzige Gelegenheit aber, bei der ich mich zu Hause über den Anblick von Katzenhaaren freue (sofern diese nicht fest in einer Katze stecken), ist wenn sie zu einem kleinen feuchten, stinkenden Bällchen zusammengeknüllt sind und von einer meiner Katzen, natürlich auf dem Teppich, im Bett oder in meine Schuhe, ausgekotzt werden. Haarbällchen sind nämlich erstaunlicherweise sehr viel einfacher von textilen Oberflächen abzukratzen als ausgekotztes Katzenfutter. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.

 

 

 

 

 

9 Kommentare

  1. Ich kann mich an ein Leben ohne Katzenhaare ÜBERALL gar nicht mehr erinnern. Aber einen super funktionierenden Trick, Katzenhaare von Decken und Vorhängen und so zu entfernen, habe ich dann doch vor kurzem entdeckt – vergiss die Gumminoppenhandschuhe und nimm einfache Haushaltshandschuhe. Damit ein bisschen reiben und das Zeug lässt sich noch einfacher entfernen als die hochgewürgte Variante!

    Sonnige Grüße von der Ostsee, natürlich auch an Ida und Olga
    Nicole (und Paulchen, werde ich gerade erinnert)

    1. Liebes Paulchen, liebe Nicole,
      Ihr meint, ich würde die Katzenhaare vermissen, wenn irgendwann – nach einem Atomschlag oder so – mal keine da wären?
      Haushaltshandschuhe? Interessant. Das werde ich mal an den Eigenheimen ausprobieren. Danke für den Tipp.
      Viele Grüße an die Ostsee von uns dreien.

  2. Neueste Überraschung: Ein schwarzes Katzenhaar im weichgekochten Frühstücksei! Katzen sind also auch mit den Hühnern im Bund!!!!! (Und ja selbst kohlrabenschwarze Haare verlieren auf schwarzer Kleidung prinzipiell weiße Haare. Keine Ahnung, woher sie diese beziehen und wo sie sie verstecken!)
    caterina (mit mina & poldi)

    1. Die arbeiten zusammen und verständigen sich durch das unsichtbare und unhörbare Katzentelefon: „Hallo, hier ist Sami, spreche ich mit Minka aus der —Straße? Kannst Du mir schnell ein paar weiße Haare rüberschicken? Ich habe hier nur schwarze vorrätig. “ „Klar, aber ich brauche dann ein halbes Pfund schwarze, meine Angestellte hat ein neues weißes Sofa, das ich noch dekorieren muss.“

      1. Das habe ich immer befürchtet: Die betreiben eine Tauschbörse.
        Aber diese Bloggerinnen und Blogger der ersten Stunde wollten ja nicht hören, als wir sagten: Katzen weg vom Internet!

  3. Ich lach mich in die Ecke – und mit einem Katzenpenis möchte ich (BITTE) auch nicht in Kontakt geraten .. also so ernsthaft … und das mit den Haushaltshandschuhen probiere ich auch mal aus …. wunderbarer Beitrag – danke!

  4. Ich lebe ja hier mit gar keiner Katz mehr zusammen.
    Die Bude ist trotzdem voller Haare….in allen Farben!
    Anscheinend, immer, wenn ich bei einer Katze zu Besuch bin, fusselt die mich zu.

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