Schnell ein kleines Windows-Update machen.

Morgens ist bekanntlich nicht meine liebste Tageszeit. Ich fühle mich, unabhängig vom objektiven Müdigkeitsgrad, meist zerknautscht, zerschlagen, zerknittert und viel fertiger als am Abend zuvor. Unabhängig davon, wie müde ich zu diesem Zeitpunkt war.

Ich brauche morgens eine warme Dusche, frische Luft, einen Kaffee und etwas Zeit, um mein Hirn wieder hochzufahren. Meistens klappt das ganz gut und wenn ich mit dem Kaffee und einem ersten Blick in die wichtigsten Smartphone-Apps durch bin, fühle ich mich fast stark genug, den Laptop anzuschalten und irgendwas Sinnvolles zu tun. Oder was Notwendiges. Gelegentlich sogar was Notwendiges und Sinnvolles.

Mein Laptop, den ich zu einer Zeit kaufte, in der ich noch jeden Tag ins Büro ging, in dem ein (geringfügig) leistungsfähigerer Desktop-PC stand, so dass ich dachte, ich bräuchte zu Hause nur ein Gerät, um „mal schnell was zwischendurch zu erledigen“, ist noch gar nicht besonders alt, aber relativ schwach. Morgens und abends, wohlgemerkt. Er war auch nicht besonders teuer (was ganz sicher nicht heißt, dass er nichts gekostet hätte). Aus Rücksicht auf ihn benutze ich nach Möglichkeit keine Programme, die Prozessor- und Speicherkapazitäten übermäßig in Anspruch nehmen: Meist komme ich mit dem Mailprogramm, der Textverarbeitung und einem Browser aus – und ich schließe sogar nicht mehr benötigte Tabs und Apps grundsätzlich sofort, um den Rechner nicht über Gebühr zu stressen.

Trotzdem ist der Laptop langsam, sehr langsam, auch unter besten Bedingungen. Klar, im Hintergrund turnt ja Windows 10 und das strengt ihn an. Dazu kommt noch meine eher behäbige Internetverbindung – ja, auch mitten in der Großstadt mit angeblicher Optimalversorgung und leistungsfähigstem Tarif ist die real mögliche Höchstgeschwindigkeit zum Up- und Download oft nicht viel höher als damals beim 56-K-Modem.

WLAN bremst die Datenübertragung noch zusätzlich, klar, also habe ich das LAN-Kabel immer griffbereit… zum Runterladen größerer Dateien oder für Videokonferenzen benutze ich es grundsätzlich.

Das Hauptproblem aber, ganz unabhängig von der Verbindung zur Außenwelt, hat mein Laptop aber mit sich selbst und seinem Betriebssystem. Beide brauchen viel Zeit, um in Schwung zu kommen, stellen sich dabei selbst und gegenseitig immer mal wieder das eine oder andere Bein und fühlen sich wahrscheinlich furchtbar, wenn sie dann endlich offiziell hochgefahren (und ein bisschen atemlos) sind und ich mich dann sofort setze und versuche, irgendwelche Arbeiten zu erledigen.

Darauf kann ich natürlich nicht immer Rücksicht nehmen: Ich brauche den Laptop ja zum Arbeiten. Mittlerweile so gut wie täglich und auch oft mehrere Stunden am Stück. So hatte er sich das nicht vorgestellt – ich auch nicht – aber so ist es halt. Einen neuen, besseren/teureren Rechner kann und will ich mir zurzeit nicht kaufen, jedenfalls nicht, solange der alte noch läuft.

Er läuft ja auch. Meistens. Nicht gerade superschnell, aber doch so, dass man mit bloßem Auge Fortschritte sehen kann. Bis auf die Tage, an denen er denkt, dass er vielleicht ein klitzekleines Windows-Update machen möchte. Oder sollte. Oder muss. An den Tagen ist alles möglich. Oder eben nichts, das hängt von der Sichtweise ab.

Aus mühseliger Erfahrung ein bisschen klüger geworden, rufe ich meist schon beim ersten Anzeichen von „Die verdammte Kiste kommt heute aber gar nicht von der Stelle!“ die PC-Einstellungen auf und schaue, ob sich vielleicht ein Update zu Wort meldet, das unbedingt sofort installiert werden muss (nicht, dass ich nicht angeordnet hätte, mich in derartigen Fällen sofort zu benachrichtigen, aber hey, wenn der Rechner sich mit anderen Dingen beschäftigt oder sich gerade Sorgen über was macht, dann verzögern sich halt auch die Push-Nachrichten). Meist ist das auf den ersten Blick nicht der Fall: „Sie sind auf dem neuesten Stand!“ freut sich das Update-Modul und versichert mir, gerade erst vor wenigen Minuten nachgeschaut zu haben, ob was in der Pipeline hängt. Aus reinem Reflex klicke ich trotzdem auf „Nach Updates suchen“ und werde bestimmt in der Hälfte aller Fälle wenige Minuten später darüber informiert, dass da sehr wohl ein Update wartet. Warum das vorher noch nicht gefunden wurde? Keine Ahnung.

Ich überlege kurz? Soll ich jetzt

  1. a) das neu erworbene Wissen ignorieren, nicht auf „Installieren“ klicken und weiterarbeiten?
  2. b) auf „Installieren“ klicken und versuchen, trotzdem weiterzuarbeiten?
  3. c) auf „Installieren“ klicken und das Badezimmer putzen?

Wie die meisten leid- und windowsgeprüften Menschen entscheide ich mich für Antwort c, starte den Download- und Installationsprozess und wende mich anderen Tätigkeiten zu.

Sobald das Badezimmer glänzt oder mich zu sehr langweilt, schaue ich mal um die Ecke und frage den Laptop, wie es ihm geht. Er ächzt und stöhnt vielversprechend. Die Fortschrittsanzeige steht allerdings noch immer bei Null. Also: Null von Hundert.

Okay. Ich wollte ja sowieso noch die Küche aufräumen und den Fußboden feucht wischen. Gedacht, getan.

Mir wird warm. Dafür können jetzt die Fruchtfliegen in der Küche wieder vom Boden essen.

Was wohl der Laptop macht? Ich schaue. Null Prozent von Hundert. Hm.

Vielleicht sollte ich wenigstens diese eine wichtige E-Mail beantworten, die da im Posteingang hängt? Ich setze mich an den Schreibtisch und versuche, das E-Mail-Programm zu starten. Der Laptop röchelt leise, innen springt ein Lüfter an, eine Sanduhr erscheint auf dem Display. Dann passiert nichts mehr. Ich warte. Eine Minute, zwei Minuten. Nichts.

Irgendwann, ich habe mittlerweile auf dem Smartphone ein mittelschweres Sudoku gelöst (und hätte in der dafür benötigten Zeit natürlich auch locker die E-Mail beantworten können), da öffnet sich mit einem vorwurfsvollen Ächzen das E-Mail-Programm. Sofort bekomme ich ein schlechtes Gewissen: Nun muss der Laptop, der ja schon mit dem Update sehr im Stress zu sein scheint, nebenbei auch noch andere Sachen machen. Ich schließe das Mailprogramm wieder bzw. versuche, es zu schließen. Wieder dauert es zwei Minuten, dann verschwindet das Fenster und ich kann wieder die Fortschrittsanzeige sehen: Null. Null von Hundert.

Einkaufen. Ich muss ja auch noch einkaufen. Das könnte ich doch erledigen, dann kann der Laptop ohne Druck und ohne sich beobachtet zu fühlen sein Ding machen.

Eine Stunde später komme ich vom Einkaufen zurück und schaue bang, was auf dem Schreibtisch so los ist. Der Laptop raucht aus den Ohren, aber die Fortschrittsanzeige steht auf 20 Prozent! Hey, es geht voran. Dann frühstücke ich jetzt schnell und dann kann ich hoffentlich arbeiten.

Du kannst auch langsam frühstücken, sagt eine innere Stimme (oder ist es der Laptop?), und dir dabei überlegen, was du als nächstes saubermachen willst. Vielleicht den Balkon?

Aber nichts da, es geht mit großen Schritten voran. Nach dem Frühstück steht die Fortschrittsanzeige auf 75 %. Ich bin sehr stolz auf meinen kleinen Laptop und sage ihm das auch. Schnell noch die trockene Wäsche abnehmen und einräumen, dann geht es los mit der geistigen Arbeit. Wir haben ja noch einiges vor heute.

Als ich das nächste Mal aufs Display schaue, traue ich kaum meinen Augen: Er steht wieder bei 20 %.

„Was ist denn passiert?“, frage ich, „eben sah doch noch alles gut aus?“

Der Rechner zuckt nur wortlos die Achseln und wischt sich den Schweiß vom Display.

Vor lauter Verzweiflung fange ich an, Papierkram zu sortieren. Zwischendurch immer mal wieder verstörte Blicke aufs Display: Die Fortschrittsanzeige steht unverrückbar auf 20 Prozent.

Draußen wird es langsam dunkel und ich bekomme wieder Hunger. Wenn er jetzt nicht weiter ist als vorhin, so nehme ich mir vor, dann mache ich ihn aus. So werde ich ja wahnsinnig.

Stolz teilt mir der Laptop mit, dass das Update zu 75 Prozent installiert sei. Okay. Ich habe mittlerweile die Hoffnung aufgegeben, das Gerät heute noch zu benutzen. Lust habe ich ohnehin nicht mehr. Dann lasse ich ihn den Mist jetzt abschließen und morgen fangen wir beide frisch an.

Ich setze mich mit den Katzen, dem Abendessen und der Fernbedienung aufs Sofa und achte nicht mehr auf das Stöhnen und Fluchen des Laptops im Nebenzimmer. Der Tag ist vergurkt genug, morgen wird alles besser. Ommmm. Als ich ins Bett gehe und die Lichter lösche, leuchtet es noch immer bläulich rund um den Laptop und seine 75 Prozent.

„Gute Nacht“, sage ich und bemühe mich um einen optimistischen Klang, „du schaffst das.“

Der nächste Morgen kommt und mit ihm die Hoffnung auf einen Tag, an dem Schreibtischarbeit möglich sein wird. Diese löst sich in Nichts auf, als ich auf dem Display sehe, dass der Fortschritt wieder auf 20 % zurückgefallen ist.

„So geht es nicht weiter“, murmele ich. „Wir brechen das jetzt ab.“

Der Laptop ist zu schwach, um mir zu widersprechen.

Ich schließe alle offenen Tabs und ordere einen Neustart an.

Endlich mal eine neue Meldung auf dem Display: „Updates werden verarbeitet. Schalten Sie den Computer nicht aus.“ Und das völlig ohne Fortschrittsanzeige.

Na gut, denke ich. Dann lese ich eben noch ein paar Nachrichten auf dem Sofa. Dieses Mal drehe ich den Laptop auf dem Schreibtisch aber so, dass ich das Display vom Sofa aus sehen kann. Sobald der Hintergrund nicht mehr blau ist, fange ich an zu arbeiten, das steht mal fest.

Mehrere Stunden später, das Display ist noch so blau wie vorher und noch immer warnt mich der Rechner vor dem Ausschalten, bin ich mit meiner Geduld am Ende.

„So, Freundchen, jetzt ist Schluss mit Lustig. Steck dir dein Update sonstwo hin.“

Der Laptop heult auf, aber es ist mir egal: Ich drücke die Powertaste, bis er gar nichts mehr sagt, und ziehe dann noch den Stecker.

Endlich ist Ruhe in der Bude. Herrlich. Etwas später sagt meine innere Stimme: Du hast den Rechner ausgeschaltet, obwohl er dich davor gewarnt hat. Hoffentlich lässt er sich jetzt überhaupt neu starten. Hast du irgendwo eine Boot-CD? Und weißt du noch, wie man damit startet?

Leicht nervös drücke ich einige Minuten später wieder den Einschaltknopf. Der Rechner surrt und murrt, zeigt eine Sanduhr und erstmal nichts weiter. Dann ein Herstellerlogo. Okay, er ist nicht ganz tot. Aber was ist mit Windows? Nach einer kurzen Phase der Unentschlossenheit färbt sich der Displayhintergrund wieder blau: „Windows wird vorbereitet. Schalten Sie den Computer nicht aus.“

„Wenn du nicht ausgeschaltet werden willst, dann häng dich nicht wieder auf“, erwidere ich und komme mir sehr cool vor. Hoffentlich riecht der Laptop meine Angst nicht.

Nun dauert es nur noch etwa zwanzig Minuten mit Ächz- und Rödelgeräuschen und dann zeigt mir der Laptop doch tatsächlich meinen Desktop an. Ich kann arbeiten, hurra. Aber vorher gibt es noch eine Sache, die dringender ist…

Eiskalt rufe ich die PC-Einstellungen mit dem Update-Modul auf und klicke, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, die Einstellung „Updates für sieben Tage aussetzen“ auf. Klick. Ha.

Sieben Tage ungestörtes Arbeiten. Herrlich. Bis sie um sind, ist das elendige Update hoffentlich mit verbesserter Rezeptur verfügbar. Falls nicht, blocke ich die Updates halt für weitere sieben Tage. Das habt ihr nun davon, ihr Spinner.

„Dann wollen wir mal“, sage ich fröhlich zu meinem kleinen, tapferen Laptop und er brummt zufrieden. Ich öffne das Mailprogramm, die Textverarbeitung und den Browser und… Oh, was ist das? Eine Dialogbox poppt auf: „Hier spricht Ihr Virenprogramm. Ich möchte ein Update machen. Jetzt. Es ist dringend. Bitte schließen Sie alle anderen Programme.“

Leise weinend schließe ich das Mailprogramm, die Textverarbeitung und den Browser. Anschließend klicke ich in der Virenschutz-Dialogbox auf Okay. Sofort beginnt der Laptop zu stöhnen und zu ächzen. Eine Fortschrittsanzeige erscheint, sie steht auf Null. Null von Hundert.

Ich blicke aus dem Fenster und auf die Uhr. Sieht es nicht aus, als würde es bald dunkel werden? Lohnt es sich überhaupt noch, heute eine neue Arbeit anzufangen? Sollte ich nicht lieber mal übers Abendessen nachdenken? Ich meine, der arme Laptop braucht doch auch mal ein paar Stunden Ruhe. Und die sieben Tage ohne Windows-Update haben gerade erst begonn… Ich schluchze haltlos. Haltlos. Eine freundliche Katze erscheint, hilft mir beim Aufstehen und trägt mir mein Smartphone und mein Wasserglas zum Sofa. Vielleicht kocht sie mir später auch Abendessen. Oder gleich. Ist doch auch alles egal.

3 Kommentare

  1. Oh Dear.
    Ich habe ein ähnliches Teil vom gleichen Hersteller. Als der PC Mann meines Vertrauens WIM 10 aufgespielt hat, empfahl er mir den Einbau einer SSD Festplatte. Die Kosten von 80 Euronen finde ich im Nachhinein sehr angemessen. Der Laptop mutierte vom trägen Wohnungskatz zum sprintenden Tiger.
    Vielleicht könnte das auch in Ihrem Fall helfen?

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