Stoppi erzählt weiter: Zusammen ist man so was von nicht allein.

Auf einmal die einzige Katze im Hause Keinzahnkatzen zu sein, war schon ein eigenartiges Gefühl. Eine besondere Verantwortung lastete von einer Minute zur nächsten auf mir und das, wo ich doch auch gänzlich erschüttert und traurig war. Aber, so dachte ich mir, auch ein Plüschkater wächst möglicherweise mit seinen Aufgaben und wenn Bettina mich braucht, dann bin ich natürlich für sie da.

Und Bettina brauchte mich sehr. Am ersten Abend, den wir beide alleine miteinander in der Wohnung verbrachten, holte sie mich sofort zu sich aufs Sofa. Ich durfte eine ganze Weile auf ihrem Schoß sitzen und wurde hinter den Ohren gekrault, das war echt gut und ich verspürte auf einmal das dringende Bedürfnis zu schnurren. Mir tropften auch noch ein paar Tränen ins Fell, aber das war natürlich völlig okay, schließlich bin ich nicht aus Zucker.

Wir guckten zusammen mehrere Folgen einer Serie, deren Inhalt wir sofort beide wieder vergaßen. Was nicht unbedingt an der Serie lag. Wir waren einfach erschöpft und nicht mehr sehr aufnahmefähig. Außer in dem Moment, in dem Bettina mir Fotos von zwei Katzen zeigte: „Guck mal, Stoppi. Das sind Lotte und Leonie. Sind die nicht süß? Die wollen vielleicht bei uns einziehen.“

Ich guckte. In der Tat, zwei Katzen. Schwarz, weiß und rot, bunt gemustert. Große grüne Augen. Ich hätte sie allerdings nicht unbedingt als süß bezeichnet. Eher als höchst attraktiv.

„Vielleicht gucke ich mir die beiden mal an“, sagte Bettina. „Sie wohnen ja in Hamburg und nicht weit von uns. Wobei es natürlich noch viel zu früh wäre, um sie schon hier einziehen zu lassen. Aber sie haben es wohl auch nicht so wahnsinnig eilig.“

Angucken? Cool. Kann ich mitkommen?

Später am Abend ging Bettina ins Bett und was soll ich Ihnen sagen? Ich durfte mit! Ich würde gemütlich auf ein Kissen gelegt und sogar zugedeckt. Direkt neben Bettina. „Mach dir keine Sorgen, Stoppi!“, sagte sie. „Das ist Idas Platz, da hat sie immer geschlafen und ich habe mich nie versehentlich auf sie gelegt, egal wie unruhig ich geschlafen habe.“

An dem Platz im Bett roch es auch noch ein bisschen nach Ida (und auch nach Olga), sehr gemütlich. Ich schlief so gut wie noch nie in meinem Leben, obwohl Bettina wirklich sehr unruhig war und sich oft umdrehte. Manchmal zog sie mir auch die Decke weg, aber wenn sie das merkte, deckte sie mich sofort wieder zu und kraulte mich beruhigend am Köpfchen.

Am nächsten Morgen gingen wir zusammen aufs Sofa (in meinem Fall zum Glück ohne Umweg durch die Dusche – wie alle vernünftigen Katzen bin ich nicht wild auf große Mengen Wasser von oben) und tranken einen Tee. Das war sehr gemütlich. Etwas später ging Bettina ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen, und auf dem Weg setzte sie mich im Flur auf den blauen Hocker. Dort hatte Ida nachmittags oft gesessen und auf Bettina gewartet.

„So, Stoppi“, sagte Bettina, „ich gehe jetzt ins Büro und du bleibst hier. Dann freue ich mich nämlich darauf, nachher wieder nach Hause zu kommen. Und wenn du hier sitzen bleibst, dann sehe ich dich sofort, wenn ich nachher die Tür von außen aufschließe. Ist das nicht schön?“

Natürlich. Mach dir keine Sorgen, ich bleibe hier sitzen und warte auf dich. Versprochen. Ich gehe nirgendwo hin. Und arbeite nicht so lange!

Ich saß den ganzen Tag auf dem blauen Hocker und freute mich auf den Moment, in dem Bettina nach Hause kommen würde. Es dauerte lange, mindestens mehrere Stunden, aber dann war es endlich soweit und ich hörte sie, erst auf der Treppe und dann vor der Tür. Und dann war sie wieder da und ich warf die Arme in die Luft und hüpfte auf und ab und freute mich wie verrückt.

Und Bettina freute sich mindestens genauso. „Ach, Stoppi“, seufzte sie, „wie schön, dass du da bist. Du siehst echt gut aus auf dem blauen Hocker.“

Das fand ich auch. Aber ich sehe eigentlich auch überall echt gut aus.

Es folgte ein weiterer wunderbarer Abend auf dem Sofa. Wir aßen zusammen, guckten irgendeine Serie, schauten, was bei Twitter so los war, und es war wirklich total gemütlich. Später gingen wir zusammen ins Bett und teilten uns wieder die Bettdecke. Herrlich.

So ging es ein paar Tage lang und wir entwickelten eine sehr gemütliche Routine miteinander. Ich lernte, wie man ein Telefon benutzt, um Essen zu bestellen. Und durfte dann auch die vier Pizzen Hawaii, die uns geliefert wurden, alle aufessen. Köstlich. Bettina erzählte mir jeden Abend, was sie tagsüber gemacht hatte und wie sehr sie mich vermisst hatte.

Ganz oft sprachen wir von Olga und Ida. Wir schauten uns die vielen Fotos an, die Bettina im Laufe der Jahre von den beiden gemacht hatte, und ich erfuhr, was die drei alles zusammen erlebt hatten. Es war traurig, an die beiden zu denken, aber gleichzeitig auch schön.

„Stoppi, du bist ein Schatz“, sagte Bettina, „und das beste ‚emotional support animal‘, das ich mir wünschen könnte.“

Ich gestehe, das musste ich googlen. Und dann war ich sehr gerührt und sagte Bettina, das sie mein „emotional support human“ sei.

Und dann kam wieder ein Wochenende. Bettinas Freund kam aus Bremen nach Hamburg und die beiden fuhren nach Bramfeld (wo ist das eigentlich?) und besuchten Lotte und Leonie. Und Bettina versprach doch tatsächlich ohne lange Überlegung, diese beiden Katzen, die auch Schwestern waren, aufzunehmen. Aber noch nicht sofort, sagte sie, sie brauchte noch etwas Zeit. In drei Wochen, das wäre okay.

Bettina und ihr Freund waren aufgeregt, als sie nach Hause kamen. Sie zeigten mir noch mehr Fotos von den wirklich sehr gut aussehenden Katzen und erzählten, dass die beiden extrem sympathisch waren und mir ganz sicher gefallen würden. Und dass Olga und Ida ganz bestimmt dafür gesorgt hatten, dass diese beiden Katzen gerade jetzt „auf den Markt“ kamen.

Die nächsten drei Wochen vergingen wie im Flug. Eines Tages brachte Bettina einen riesigen neuen Kratzbaum mit nach Hause, den sie gekauft hatte und den ihr Freund und ich etwas später zusammenbauten. Dann durfte ich ihn schon mal ausprobieren.

Neue Katzenfuttersorten wurden besorgt und neues Katzengras ausgesät. Alle Decken und Kissen und Katzenhöhlen und -bettchen wurden frisch gewaschen. Sogar der Staubsauger kam zum Einsatz. Bis alles bereit war für Lotte und Leonie.

Am nächsten Tag frühstücken wir in Ruhe zusammen und dann machte Bettina sich auf den Weg, um unsere neuen Katzen abzuholen. Wieder einmal saß ich auf dem blauen Hocker, die Tür schloss sich hinter Bettina und ich war allein. Aber diesmal würde sie nicht alleine zurückkommen, das wusste ich. Mein kleines Plüschkaterherz schlug ganz heftig, aber diesmal vor Freude.

2 Kommentare

  1. Mein Herz schlug damals auch heftig, Stoppi.
    Und bei Deiner Erzählweise gleich nochmal <3.
    Ich freue mich darauf, wie es bei Euch weiterging – aus Deiner Sicht.
    Alles Liebe an Deine drei Ladies! Herzlichen Gruß, Martina

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