Stoppi in the Name of Love. Ein Plüschkater erzählt. Teil 1.

Es war einmal ein kleiner schwarzer Plüschkater. Also ich. Ich war, nein, Moment: Ich bin ein kleiner schwarzer Plüschkater. Ein kleiner schwarzer Plüschkater mit einem sehr breiten Grinsen.

Meine Geschichte beginnt an einem Abend im letzten Sommer. In einem Spielzeuggeschäft in Bremen. Ich saß gemütlich mit einigen Kumpels im Schaufenster. Es war Sonntag, der Laden war geschlossen und es war recht ruhig – was während der Öffnungszeiten, wenn meistens diverse Kinder im Laden unterwegs waren, nicht unbedingt so war.

Wir Katzen langweilen uns ja nie, sagt man. Aber es war schon sehr ruhig an diesem Abend. Bis auf einmal von draußen ein lauter Schrei ertönte: „Miez!“. Zu meiner Überraschung kam dieser Schrei nicht von einem Kind, sondern von einer erwachsenen Frau, nicht mehr ganz jung, die sich jetzt die Nase an der Schaufensterscheibe platt drückte. Sie wurde begleitet von einem Mann, der ganz leicht die Augen verdrehte – ich schloss daraus sofort und messerscharf, dass er weit weniger im Kontakt mit seinem inneren Kind stand als seine Freundin. Aber er schaute auch zu mir herein, stimmte zu, dass ich ein sehr hübscher Kater sei, und wies dann darauf hin, dass leider Sonntag sei und der Laden geschlossen.

Die Frau schaute mir weiterhin tief in die Augen. Und ich schaute natürlich zurück. Sorry, sagten ihre Augen, ich habe leider meine Einbrecherwerkzeuge vergessen, sonst würde ich dich sofort befreien und mitnehmen. Ich dachte – und das konnte man in meinen Augen ganz sicher auch sehen – so was wie: Guck noch mal in deine Handtasche! Irgendwas, womit du mich hier rausholen kannst, wird da schon drin sein!

Aber der Mann zog die Frau weg und ich blieb alleine zurück. Na ja, nicht wirklich alleine, aber mit dem schrecklichen Gefühl, etwas verloren zu haben. Zum ersten Mal in meinem Leben. Ich schlief in dieser Nacht nicht und schaute die ganze Nacht angestrengt aus dem Fenster in der Hoffnung, dass die Frau mit einem Brecheisen zurückkommen würde. Oder am nächsten Tag mit ihrer Kreditkarte. Aber sie kam nicht. Und ich fühlte mich einsam, richtig einsam.

Ein paar Tage später aber geschah etwas Wunderbares: Der Mann, der die Frau begleitet hatte, kam zurück. Ohne Brecheisen, aber mit Geld. Zu einer Zeit, zu der das Spielzeuggeschäft geöffnet war. Und er fragte nach mir. Nach mir! Nicht nach einem meiner Brüder, die im Hinterzimmer saßen, sondern nach mir. Und nach einer kurzen Verhandlung mit dem Verkaufspersonal wurde ich aus dem Schaufenster geholt, in eine Papiertüte gesteckt und dem Mann mitgegeben.

Mann, war ich aufgeregt. Mein kleines Plüschherz schlug wie verrückt, als der Mann mich in seinen Rucksack steckte und den Reißverschluss vorsichtig zuzog. Wo würde ich wieder ans Licht kommen? Ich konnte ja nichts sehen in meinem Behältnis, aber ich hörte, dass wir in ein Auto stiegen und losfuhren. Es war echt aufregend, aber ich hatte natürlich keine Angst. Nur zu Übungszwecken versuchte ich, die Zeit zu stoppen und mir zu merken, wie oft wir nach links und rechts abbogen und ich irgendwelche auffälligen Geräusche hörte.

Wir fuhren eine ganze Weile, mindestens eine Stunde. Den größten Teil davon auf einer Autobahn, dann aber wieder durch eine Stadt. Bis wir endlich zum Halten kamen und der Motor abgestellt wurde. Ich lauschte atemlos, als der Rucksack hochgenommen und ein paar Schritte getragen wurde. Dann stieg der Mann mit mir eine Treppe hinauf. Und da: Von oben hörte ich eine Stimme, etwas verwaschen durch die Papiertüte und die Rücksackwand, aber ich erkannte sie sofort: Es war die Frau. Die Frau! Ich fing sofort an, wie verrückt in meinem Gefängnis herumzuzappeln und zu rufen. Lasst mich raus, los jetzt. Ich will hier raus!

Dann endlich, nach endlosen Sekunden, wurde der Rucksackreißverschluss aufgezogen. Eine große Hand griff nach meiner Papierbehausung und überreichte mich mit den Worten: „Hier, ich habe dir etwas mitgebracht.“

Und die Stimme, die Stimme, der Frau erwiderte: „Ein Geschenk! Ui. Was ist es denn?“

„Schau doch nach“, sagte der Mann und endlich wurde die Papiertüte geöffnet und ich schnappte nach Luft. Weniger weil ich vorher keine bekommen hatte, sondern weil ich so aufgeregt war. Über mir schnappte es auch und dann verzog sich das Gesicht zu einem strahlenden Lächeln. „Miez!“

Sie war es. Sie war es wirklich. Sie hielt mich mit beiden Händen und betrachtete mich entzückt von allen Seiten. „Dich kenne ich doch!“

Natürlich, sagte ich, ich kenne dich ja auch. Und ich strahlte sie an, so heftig ich konnte.

Die Frau fiel dem Mann um den Hals, um sich zu bedanken. Ich wurde ein bisschen zwischen ihnen eingeklemmt, aber das war nicht weiter unangenehm. Dann setzten wir uns zu dritt aufs Sofa, um uns näher kennenzulernen und alles zu besprechen.

Die Frau hielt mich noch immer in ihren Händen. Das fühlte sich großartig an. Sie streichelte mein Köpfchen, bewegte meine Pfoten und wackelte an meinem kleinen geringelten Schwänzchen. Dann las sie, was auf dem kleinen Pappanhänger stand, den mir jemand an den Hals getackert hatte (wahrscheinlich unter Vollnarkose, jedenfalls konnte ich mich an diesen Vorgang nicht erinnern): „Ed, the Cat. Türstopper“.

Türstopper? Hallo? Ich? Ich bitte Sie, schauen Sie mich doch mal an. Ich trage eine güldene Krone. Ist das vielleicht das unveränderliche Kennzeichen eines Türstoppers?

Die Frau schien ähnlich zu empfinden, jedenfalls sagte sie: „Ein Türstopper? Ein Türstopper mit Krone? Das kann ja wohl nur ein verzauberter Türstopper sein. Besser gesagt: Ein Märchenprinz, der in einen Türstopper verwandelt worden ist. Ja, so wird es sein. Ich denke er heißt King Türstoppi.“

King Türstoppi? Was ist das denn für ein Name? Also, für einen verzauberten Prinz? Was ist eigentlich ein Prinz? Und wieso verzaubert? Ich kann mich an nichts erinnern.

Der Mann sagte: „Es gab ihn auch als Wärmflasche. Aber ich fand diesen hier schöner. Und er kann vernünftig sitzen.“

Natürlich kann ich sitzen. Sie vielleicht nicht?

„Ich setze ihn erstmal aufs Sofa“, sagte die Frau und streichelte mich weiterhin beruhigend am Köpfchen. „Mal sehen, was die Katzen sagen.“

Katzen? Was denn für Katz… Oh, mein Gott. Da kommen sie schon. Zwei riesige, braunschwarzgemusterte Monster mit glühend-gelben Augen kommen auf mich zu. Was nun? Werden sie mich fressen? Oder mit ihren scharfen Krallen zerfetzen? Was macht ein Plüschkater von Welt in dieser Situation? Vor allem Ein Plüschkater in Gestalt eines verzauberten Türstoppers? Mit güldener Krone?

Hiiiiilllf… Nein, nicht schreien. Cool bleiben. Lächeln? Männlichkeit ausstrahlen. Jetzt. Ich verlasse mich einfach darauf, dass die Frau mich beschützen wird. Und tue so, als hätte ich keinerlei Schutz nötig. Die sind ganz schön groß, diese Katzen. Aber ich bin ja ein ganzer Kerl. Lächeln, King Türstoppi! Lächeln!

Fortsetzung folgt.

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