Von Katzen und Transportboxen.

In knapp drei Wochen ist es so weit: Mein Freund zieht um, weg aus Hamburg. Aus beruflichen Gründen und mit meinem uneingeschränkten Einverständnis, auch wenn es mir persönlich natürlich lieber wäre, er bliebe in meiner Nähe.

Mein Freund zieht um, nach Bremen. Mit seinen beiden Katzen. Also, hoffentlich. Wie genau der Umzug der Katzen sich realisieren soll, ist nämlich noch ungeklärt. Die Vorstellung, Katze 4 (Kater 1) in eine Transportbox zu verfrachten auf welche Weise auch immer dafür zu sorgen, dass Katze 4 (Kater 1) sich im annähernd entscheidenden Moment in seiner Transportbox befindet und nicht davor, dahinter, in der Dusche, unter dem Bett, im Kleiderschrank oder in einem selbstgegrabenen Tunnel zum Tierschutzverein, lässt uns nämlich in kalten Schweiß ausbrechen, uns gegenseitig bange Blicke zuwerfen, sämtliche Versicherungspolicen zu überprüfen zu erhöhen und Dinge wie „Blasrohr“, „Hypnose für Katzen“ und „Deine Trauma-Katze und du“ zu googeln.

Zur Erinnerung: Katze 3 und Katze 4 (Kater 1) kamen diesen Sommer aus dem Tierheim zu meinem Freund. Sie lebten im Tierheim sehr zurückgezogen und ließen uns, obwohl wir sie dort zunächst zwei Wochen lang fast jeden Tag besuchten, kaum an sich heran. Ihre dortige Bezugsperson, die für die Katzenabteilung hauptverantwortliche Tierpflegerin, wusste zu berichten, dass ihr Umzug ins Tierheim für die Katzen nicht gut gelaufen war und den Tieren sehr wahrscheinlich einen kleinen seelischen Knacks verpasst hatte.

Aus diesem Grund wurden die vor der Adoption noch notwendige tierärztliche Untersuchung plus Zahnsanierung und der Umzug in die Wohnung meines Freundes sehr gründlich durchdacht und geplant, um zu vermeiden, dass diese Aktionen, die ja dem Wohl der Katzen dienen sollten, sich kontraproduktiv auswirken und die armen Kerlchen noch weiter verstören.

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„Wenn er da gemütlich sitzt, bekommt er schnell die Spritze und nichts passiert!“ –  Und Katze 4 (Kater 1) so: „Nö.“

Der Plan sah vor, die Katzen in ihrer normalen Umgebung, zwei miteinander verbundenen Zimmern in einer ruhigen Ecke des Tierheims zu lassen, sie dort mit dem Tierarzt „zu besuchen“ und ihnen ganz nebenbei die Narkosespritze zu verpassen. Erst dann sollten sie ins Behandlungszimmer gebracht werden. Nach Untersuchung und optimal verlaufener Zahn-OP, so ging der Plan weiter, sollte dann noch ein Schmerzmittel gespritzt werden, die Katzen in Transportboxen gepackt und nach beobachtetem Aufwachen dann uns übergeben werden.

Bei Katze 3 klappte auch alles wie vorgesehen. Sie saß in ihrem Lieblingsmöbel, einer hellblauen Tonne, bekam ihre Spritze und blieb ruhig dort sitzen, bis sie eingeschlafen war. Kluge Katze 3.

Katze 4 (Kater 1) hingegen sah und witterte den fremden Besucher und verließ fluchtartig seinen Liegeplatz durch die Katzenklappe in die gesicherte Außenterrasse, die zu dem Zimmer gehört. „Hm“, dachten Tierpflegerin und Tierarzt, „das ist nicht optimal, aber eigentlich nicht so schlecht. Die Terrasse hat nichts zum Verstecken und wenn wir die Transportbox genau hinter die Katzenklappe stellen, müsste es eigentlich gehen.“

Es ging auch. Ungefähr beim vierten Versuch, nachdem Katze 4 (Kater 1) vorher in seiner Panik mehrmals gegen eine Fensterscheibe gesprungen war. Genauer mochte uns die Tierpflegerin die Geschichte gar nicht mehr erzählen, so erschrocken war sie selbst davon.

Die tierärztliche Untersuchung war quasi befundlos und die Zahnsanierung nicht weiter dramatisch, wir durften die Katzen also wie erhofft am frühen Nachmittag abholen. Sie saßen stumm und entsetzt und bedröhnt in ihren Boxen, die armen Kerlchen. Wir bekamen noch den guten Rat, die beiden am ersten Tag getrennt zu halten, damit sie sich in ihrer Aufregung und Verwirrtheit und wegen des Tierarztgeruchs nicht noch in die Haare bekommen, und ein paar Schmerztabletten mit auf den Weg.

Nun ja. Ich habe hier im Blog und auch bei Twitter ja schon ein bisschen erzählt. Das erste Wochenende verbrachten Katze 3 und Katze 4 (Kater 1) unter dem Bett bzw. dem Sofa und blieben für uns komplett unsichtbar. Da sie wegen der Nachwirkungen der Zahn-OP nichts fressen mochten, bekamen sie natürlich auch keine Schmerzmittel, die Armen. Es war aber klar und auch so mit den Fachleuten besprochen, dass in diesem Fall die Erholung wichtiger war und wir sie in Ruhe lassen sollten. Die drei Tage, bis der Hunger endlich größer wurde als das Unwohlsein, kamen uns unfassbar lang vor (den Katzen mit Sicherheit auch), aber sie vergingen. Zum Glück.

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Und Katze 4 (Kater 1) so: „Hallo, hier bin ich. Hey, guck mich nicht so scharf an, sonst renne ich wieder in die Dusche!“

Katze 3 unternahm auch schon sehr bald neugierige Ausflüge aufs Sofa, auch wenn mein Freund dort saß und es dauerte keine zwei Wochen, bis sie sich bei ihm – vorsichtig, aber entschlossen – ausgiebige Streicheleinheiten abholte. Katze 4 (Kater 1) hingegen saß unterm Bett und schwieg oder – an einigen ganz schwierigen Tagen – in der Dusche und fauchte. Es dauerte lange, bis er sich in der Gegenwart meines Freundes ans Licht wagte, und auch dann saß er mit großem Sicherheitsabstand und beobachtete das muntere Treiben seiner Schwester. Er ließ sich zwar mit Leckerlis anlocken, aber auf gar keinen Fall anfassen und zog sich anschließend meist sofort wieder zurück.

Vor etwa zwei Monaten merkte mein Freund, dass Katze 4 (Kater 1) allmählich anfing, seine Nähe zu suchen und einen Kontakt zu etablieren. Er saß noch immer zu weit entfernt, als dass man ihn hätte greifen können, aber deutlich näher als vorher und schnurrte mit halbgeschlossenen Augen laut vor sich hin. Ich habe das einige Mal miterlebt und die Schwingungen, die zwischen den beiden hin- und hergingen, waren fast mit den Händen zu greifen.

Es ist nun etwas länger als einen Monat her, dass Katze 4 (Kater 1) sich tatsächlich von meinem Freund streicheln lässt. Natürlich sitzt er noch immer nur so dicht dran, dass mein Freund ihn mit ausgestrecktem Arm gerade eben erreichen kann, und zwischendurch fängt er (also Kater 1) auch mal Boxkämpfe an. Aber er kommt immer wieder und manchmal sitzen sogar beide Katzen mit meinem Freund auf dem Sofa und tun so, als wäre das ganz normal.

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„Ich bin Katze 3. Das dahinten ist mein Bruder, aber der traut sich sowieso nicht, also: STREICHEL MICH!“

Die Vorstellung, dieses langsam wachsende Vertrauen durch einen Umzug wieder erschüttern zu müssen, ist keine angenehme. Aber die Wohnung in Bremen ist angemietet und die in Hamburg ist gekündigt. Katze 4 (Kater 1) wird also irgendwie von hier nach dort umziehen müssen. Vermutlich in einer Transportbox. Wir wissen noch nicht genau, wie.

Im Tierheim könnten wir uns eine Lebendfalle ausleihen, das würde meinem Freund das Greifen und Einpacken von Katze 4 (Kater 1) und ersparen. Allerdings muss man so eine Falle aufstellen und dann ruhig abwarten, bis die Katze hineingeht. Das kann natürlich dauern und in einer kleinen Wohnung mit zwei Katzen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die mutigere Katze 3 zuerst (und immer wieder) in die Falle tappst, bei ca. 87,8 Prozent.

Clickertraining wäre sicher eine gute Idee gewesen; das hat bei Katze 1 und 2 damals – in vielerlei Hinsicht – wahre Wunder gewirkt. Allerdings braucht man dazu Zeit, Regelmäßigkeit und Konzentration – alles Dinge, die meinem Freund, der noch tausend Dinge zu regeln hat, im Moment gerade etwas abgehen. Die ganze Umzugsaktion findet eben doch recht kurzfristig statt.

Ob es für Katzen sanfte, nebenwirkungsfreie und unproblematisch zu verabreichende Beruhigungsmittel gibt, müssen wir wohl noch mit der Tierärztin unseres Vertrauens besprechen. Im Internet kann man zu diesem Thema eigentlich nur Horrorgeschichten lesen.

Hat von Ihnen zufällig schon mal jemand das „Transportspray“ von Feliway ausprobiert? Auch wenn es ein bisschen so klingt wie das „Anti-Hai-Spray“ von Batmans Robin… die Idee, die dahintersteht, ist ja eine gute. Den Katzen die Transportbox so angenehm und wenig furchteinflößend zu machen, ist ja auf jeden Fall vernünftig. Vielleicht könnte man mit einer eingesprühter Box das vorsichtige Leckerli-Training, das mein Freund im Moment mit den Katzen betreiben, noch erheblich effektiver machen, bevor dann der Umzugstag-Ernstfall eintritt?

Sind Sie schon mal mit Ihrer Katze/Ihren Katzen umgezogen? Auch mit einer traumatisierten Problemkatze? Und wie haben Sie und die flauschigen Freunde das gemacht? Berichten Sie uns gerne davon! Katze 3 und Katze 4 (Kater 1) bedanken sich schon jetzt und im Voraus.

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2 Katzen und ein menschlicher Fuß auf demselben Sofa!

 

 

 

 

10 Kommentare

  1. Ich wünsche alles Gute! Zufällig habe ich gestern aus Neugier ein Buch „Klickertraining mit Katzen“ in der Bücherei durchgeblättert, aber da fehlt ja, wie im Blogbeitrag beschrieben, die Zeit. Allerdings war da ein eigenes kleines Kapitel zur Transportkiste, wo gar nicht so viel vom Klickern die Rede war, sondern eher so im Stil: Transportkiste tage-/wochenlang offen herumstehen lassen, belohnen, wenn er sie berührt/eine Pfote reinsetzt/Kopf reinsteckt, vielleicht sogar mal drin sitzt – vielleicht reicht die Zeit zumindest für so etwas, oder kriegt er schon Panik, wenn er die Kiste nur sieht?

    1. Danke für den Hinweis! Mit solchen Übungen und vielen Leckerlis experimentieren wir auch gerade herum. Der Kater ist interessantweise im Hinblick auf die Box mutiger als die Katze. Aber sie lässt sich – mindestens einmal – mit Sicherheit greifen und reinschieben, wenn es nicht anders geht… Lustig ist es eben auch mit zwei Katzen, wenn man nicht eine schon zum Durchdrehen bringen will, weil sie beim Einpacken der anderen zuschauen muss. Nun ja. Ich berichte…

  2. Tja, das Drama habe ich auch gerade hinter mir. Katze 1 lebt seit November 2016 und lässt sich bis heute nur mit 1 Sorte Leckerchen und auf dem Bett sitzend berühren. Aber sie war noch nicht kastriert und die Impfungen waren fällig und ihr Wohnungskater-Kumpel ist vor 6 Wochen gestorben und sie war seit Weihnachten dauerrollig… Sprich, sie musste unbedingt zum Tierarzt. An Transportkorb gewöhnen klappte nicht, Lebendfalle wurde ignoriert. Ich habe mir Hilfe im Tierheim geholt – die wissen einfach, was zu tun ist und das hat am Freitag ganz hervorragend funktioniert (und ich bin nicht der Buhmann…) Jetzt ist sie kastriert, geimpft und darf nach draußen und ist – hoffentlich – glücklich…

    1. Dann halte ich die Daumen, dass es der Katze mit Freigang gut geht und sie allmählich zutraulicher wird. Klar wissen die Kollegen im Tierheim, wie es geht – aber es klappt eben doch nicht alles. Aber dort um praktische Unterstützung zu bitten, ist natürlich eine Option. Vielen Dank.

  3. Liebe Bettina, liebe Katzen,

    ich bin mit Sierra und Laines einmal, mit Sierra zweimal umgezogen. Persönlich bin ich großer Fan von Feliway. Ich habe diese Steckdosendinger einige Tage vor dem Umzug in der neuen Wohnung und auch in der alten Wohnung eingestöpselt. Zusätzlich habe ich die Katzendecken die mit in die Transportkörbe sowie die Körbe selbst sollten mit Feliway eingesprüht, so dass den Katzen das ganz vertraut war.
    Bei den beiden hat das wunderbar funktioniert. Als Unterstützung kann ich das sehr empfehlen.
    Ich wünsche einen gelungenen Umzug!
    Ina (@_guisi)

    1. Danke, Ina, das klingt ja ganz ermutigend. Die Steckdosendingsis hatte mein Freund schon beim Einzug im Einsatz und nun werden wir dann – wie du auch – alles einsprühen, was sich nicht bewegt. Danke schön und viele Grüße an Sierra und Laines.

  4. Sehr schöner Bericht – danke.

    Mit unserem ca. 7jährig-zugelaufenen Kater sind wir 2x umgezogen.

    96, da war er dann so 11 Jahre alt, und 2003, mit 18 Jahren.

    Beide Male war er der letzte, der umzog,
    und erst einzog, als Teppiche und Möbel schon standen
    und somit die vertrauten Gerüche!

    Nach ca. 3-4wöchiger Quarantäne durfte er dann wieder raus
    und ist immer wieder zu uns gekommen.

    Alles Gute für 2018 und den Umzug mit Katzis und
    viel Glück und viel Segen und
    LG, Hiltrud

  5. Vielen Dank für diesen ausführlichen Erfahrungsbericht. Ich könnte über die Erlebnisse beim Einpacken meiner Katzen auch einen Roman schreiben – das war auch oft schwierig, aber wenigstens kann ich inzwischen darauf vertrauen, dass sie sich schnell wieder erholen und nicht nachtragend sind. Das wissen wir bei diesem Kater eben noch nicht… Mein Freund trainiert aber seit ein paar Tagen mit Leckerlis und Boxen und er macht gut mit. Was für Öle benutzt man denn für Katzen? Die meisten ätherischen Öle riechen meinen Mädels viel zu stark. Positiv denken und den Katzen vermitteln, dass ihnen nichts Schlimmes passiert, ist klar. Mal sehen, wie wir es machen und ob alles wunschgemäß funktioniert. Ich berichte.
    PS: Tierkommunikation ist ein spannendes Thema, mit dem ich mich gerne befassen würde. Wenn ich mal wieder Zeit habe…

    1. Es gibt ein prima Buch zur Anwendung on Ölen bei Tieren von Claudia Iris Russ. Gute Öle sind stark, deshalb reicht oft ein Tropfen. Ich würde zu einer bestimmten Mischung tendieren, die auch im Buch beschrieben wird.
      Von Lavendel z.b. weiß man, daß er beruhigt und Angst nimmt. Es gibt ihn in guter Qualität auch von anderen Herstellern.
      Öl nicht in einer Lampe erhitzen, sondern kalt vernebeln. Ich verneble fast täglich Öl oder Mischungen in der Küche. Die Katzen kommen damit klar. Aufs Fell mags nicht jede, da ist etwas Vorsicht geboten, da Katzen anders verstoffwechseln als andere Tiere.
      Das ist doch super, wenn das Training mit Box und Leckerei gut angelaufen ist. Positiv denken – das wird!
      Habe den Beitrag zwei mal geschrieben, da mir das iPad manchmal nette Auto Korrektur macht.

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