„Zu dritt geht es schneller!“ – Bettenbeziehen mit Katzen

Manchmal, sonntags, wenn ich morgens einigermaßen fit und schon aufgestanden bin, wenn die Katzen nach dem Frühstück ein bisschen ruhen müssen, komme ich auf die kluge Idee, mein Bett frisch zu beziehen. Das ist meistens dringend notwendig, weil die Katzen und ich gleichermaßen Haare und Krümel aller Art im Bett verlieren und es nach ein paar Tagen immer so aussieht, als hätte eine Horde Grizzlys ihren Winterschlaf darin verbracht.

Seit einigen Jahren besitze ich eine XXL-Bettdecke, die 2,20 mal 2,40 Meter misst. Das hätte ich nicht unbedingt gebraucht, die 2 mal 2 Meter-Decke, die ich vorher hatte, war auch groß genug, um für mich noch genug Decke zum Bedecken der empfindlichen Nierengegend zu bieten, nachdem die Katzen es sich gemütlich gemacht haben. 2 mal 2 Meter hat Ikea aber leider aus dem Sortiment genommen und mit dem größeren, nicht quadratischen Format ersetzt.

Und da fangen meine Probleme schon an. Mein Bettdeckenäquivalent zu Ganzjahresreifen ist nämlich, zusätzlich zur Größe, schwer, verdammt schwer. Und länger und breiter als mein Bett. Von länger und breiter als meine Arme rede ich gar nicht. Die längere und die kürzere Seite zu bestimmen, um den ebenfalls nicht quadratischen Bezug richtigherum draufzuziehen, ist gar nicht so einfach. Einfach abschätzen, welche Seite jetzt wohl 2,40 Meter lang ist welche 20 Zentimeter kürzer, geht nicht. Markierungen aller Art habe ich bereits an der Decke angebracht; um sie zu finden, muss ich aber meistens den gesamten Deckenrand (also 9,20 Meter) zweimal durch meine Hände gleiten lassen. Inzwischen bin ich dazu übergegangen, die Decke an einer Ecke anzufassen und beide angrenzenden Seiten aufeinanderzulegen. Wenn man das einigermaßen sorgfältig macht, steht hinten eine Ecke über. Dann wiederhole ich die Prozedur mit dem Bezug.

Wie gerne würde ich bei der Bettenbeziehaktion, die im günstigsten Fall so um die zwanzig Minuten dauert, herzhaft fluchen und vor mich hin motzen. Aber das geht leider gar nicht, denn wenn ich Lärm mache, wachen sofort die Katzen auf und wollen mir helfen. Und Katzen, die beim Bettenbeziehen helfen, sind nun wirklich so ungefähr das Schlimmste, was am Sonntagmorgen passieren kann. Lesen Sie selbst:

Ich schleiche mich ganz leise ins Schlafzimmer, während die Katzen zwischen dem vierzehnten und fünfzehnten Gang zum Wochenend-All-you-can-eat-Buffet eine kleine Pause und ein Schläfchen machen. Befreie den Korbstuhl von etwa zwei Kilo Katzenhaaren und beginne, die Bettdecke und vier Kissen aus ihren Bezügen zu nehmen. Damit sie dann auf dem Bett nicht im Weg sind oder auf dem staubigen Fußboden liegen müssen, werden sie dann auf dem Korbstuhl gestapelt.

So geräuschlos wie möglich öffne ich die Schranktür und ziehe die Lade mit dem sauberen Bettzeug vor. Dabei sehe ich aus dem Augenwinkel, wie der Kissenturm vom Stuhl zu kippen droht. Springe – noch immer lautlos, versteht sich – hin und stabilisiere die Weichware. Zurück zum Schrank und zur halbherausgezogenen Lade. Auf der sauberen Bettwäsche schläft Katze 1 tief und fest. Verdammt.

„Katze 1“, sage ich, „das passt jetzt nicht und außerdem bricht so der Schrank zusammen. Komm da bitte weg!“

Ich zupfe ein bisschen an dem unter der Katze hervorlugenden Laken. Katze 1 öffnet noch nicht einmal ein Auge, knurrt aber leise. Ich ziehe ganz vorsichtig die Lade ganz heraus und hebe den Bettwäschestapel mitsamt Katze 1 aus dem Schrank und aufs Bett.

Als ich mich wieder umdrehe, um die Schranktür zu schießen, sehe ich, wie Katze 2 sich in der obersten Lade zwischen meinen BHs ein Nest baut.

„Katze 2“, sage ich, „bitte…“ – da schießt sie schon mit gesträubtem Fell und Augen, so groß wie Teetassen an mir vorbei und aus dem Zimmer. Schnell schließe ich den Schrank und wende mich wieder dem Bett zu.

Katze 1 hat mittlerweile ein Auge geöffnet, mit dem sie mich finster fixiert. Ich überwinde meine Furcht und ziehe ihr zumindest die Kissenbezüge unter dem Hintern weg. Sie verkrallt sich in den Deckenbezug und schließt das Auge wieder.

Während ich das vierte Kissen beziehe, schleicht sich Katze 2, noch immer mit sehr großen Augen aber immerhin mit abgeschwollenem Fell, wieder ins Zimmer, krabbelt unterm Bett durch und springt dann von der anderen Seite hoch, um sich am äußersten Ende auf kleinstmöglichem Raum zusammenzukauern und mir Blicke zuwerfen, die sagen: „Jag mich ruhig weg, wenn ich dich störe. Ich bin es ja nicht anders gewohnt.“

„Katze 2“, sage ich gewollt heiter, „wie schön, dass du da bist. Fühl dich doch bitte ganz wie zu Hause!“

Im Grunde müsste jetzt das frische Laken auf das Bett. Das geht aber gerade nicht, weil erstens beide Katzen auf dem Bett sind und zweitens Katze 1 sich inzwischen, auf dem Deckenbezug liegend, mit dem Laken zugedeckt hat. Katze 2 hingegen beginnt gerade, sich aus den vier Kissen auf dem Bett ohne Laken eine Höhle zu bauen.

„Mädels“, werfe ich vorsichtig ins Gespräch, „seid ihr schon zu satt oder möchtet ihr vielleicht Catsticks?“

Ein zweistimmiges, markerschütterndes „MIAU!“ erinnert mich daran, dass es „zu satt“ im Zusammenhang mit Katzen nicht gibt (okay, im Zusammenhang mit mir auch nicht).

Wir gehen also in die Küche, ich ziehe einen Catstick aus der Verpackung, während ausgehungerte Katzen um mich herum ihre Namen tanzen und dazu singen wie Margot und Maria Hellwig. Den Catstick zerschneide ich in winzig kleine Stückchen und diese verteile ich ich locker auf dem Fußboden. Die Katzen stürzen sich drauf wie kleine Staubsauger, aber die Aktion sollte mir etwa dreißig Sekunden Vorsprung verschaffen.

Ich stürze zurück ins Schlafzimmer, reiße alles vom Bett, was draufliegt, und beginne damit, das Laken auszubreiten und an den Ecken unter der Matratze festzuklemmen. Das klappt bei drei Ecken, aber auf der vierten Ecke des Betts kauert auf kleinstmöglichem Raum Katze 2 mit Augen wie Teetassen, die alle Catstickstückchen rückstandsfrei inhaliert hat, und mir wieder einen dieser Blicke, Sie wissen schon, zuwirft.

„Katze 2“, sage ich, „kannst du nicht auf die Seite gehen, wo das Laken schon richtig drauf ist?“

Katze 2 faucht entsetzt und rast mit Augen, so groß wie Teetassen, und gesträubtem Fell davon.

Ich seufze erleichtert, springe aufs Bett und zerre das Laken über die vierte Ecke der Matratze. So. Ich atme tief aus und entspanne mich für den Bruchteil einer Sekunde, bis mein Blick auf die Beule unter der Mitte des Bettlakens fällt. Eine atmende Beule.

„Katze 1“, ächze ich, „komm da bitte raus. Wir wollen doch jetzt den neuen Bezug auf die Decke machen!“

Als ich das Laken am Rand lüpfe, hüpft mir Katze 1 tatsächlich entgegen, fröhlich grinsend und in Erwartung des nun folgenden Höhepunkts.

Zuerst werfe ich die 2,20 mal 2,40 m große und etwa zehn Kilo schwere Decke so glatt aufs Bett, wie es mir möglich ist. Das gute Stück ist noch nicht ganz gelandet, da liegt Katze 1 schon fest schlafend in der Mitte. Ich ignoriere sie konsequent und greife mir den auf links gedrehten Bezug. In meinem Rücken spüre ich die verstörten Blicke von Katze 2, aber auch sie ignoriere ich jetzt.

Ich entferne ein knappes Kilo Katzenhaare vom frischen Bettbezug und entkrumpele ihn so gut, wie man das eben tun kann, ohne ihn dabei irgendwo abzulegen. Natürlich sieht keine Seite länger aus als die andere. War ja klar. Ich greife in den Bezug hinein und suche die beiden hinteren Ecken. Von innen und ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Dann beuge ich mich vor und greife mit den beiden Bezugsecken die zwei vorderen Ecken der Bettdecke.

Katze 1 schläft tiefenentspannt und quasi verwachsen mit der Bettdecke. Sehr vorsichtig breite ich die Arme aus, um extrem fachmännisch abschätzen zu können, ob jetzt zwei lange Seiten aufeinanderliegen, zwei kurze oder eben zwei, die nicht zueinander passen.

Dies ist der Moment, in dem ich normalerweise meinen Freund (Flügelspannweite: fast 2,60 Meter) sehr intensiv vermisse. Der schläft aber um diese Zeit normalerweise noch friedlich in seinem eigenen Bett.

Ich habe keine Ahnung, ob das jetzt so passt, aber ich habe auch keine bessere Idee, wie ich das herausfinden kann. Also lasse ich den Bettbezug über die Decke und Katze 1 gleiten.

Hinter mir holt Katze 2 tief Luft. Ich drehe mich kurz zu ihr um, murmele etwas Beruhigendes und sehe, dass Katze 2 bereits das Telefon in der Hand hält und die Nummer vom Tierschutzverein eintippt. Ich lasse alles fallen und reiße ihr das Telefon aus der Hand.

Katze 2 faucht entsetzt und rast mit Augen, so groß wie Teetassen, und gesträubtem Fell davon.

Ich werfe das Telefon zur Seite und wende mich wieder dem Haufen auf dem Bett zu. Der hat jetzt natürlich keine einzige Ecke (in Fachkreisen auch Orientierungshilfe genannt) mehr. Und Katze 1 ist auch nicht zu sehen.

Ich suche die Öffnung des Bettbezugs, in dem die Bettdecke nun, halb drinnen und halb draußen, festzustecken scheint. „Katze 1?“ rufe ich hinein. Keine Antwort, aber ein scharrendes Geräusch unter dem Bett. Sehr gut.

Ich stopfe die Decke ohne Rücksicht auf Verluste in den Bezug, klettere hinterher und mache mich auf die Suche nach irgendeiner Art von Ecke. Der Bettbezug von innen ist durchaus weitläufig, aber nur wenige Zentimeter entfernt von mir leuchten zwei glühende Augen in der Größe von Teetassen.

„Katze 2“, schreie ich und sie schreit auch, hechtet über meine Schulter, wo sie sich mit etwa 42 Krallen kräftig abstößt, dem Ende des Tunnels entgegen und rast davon. Ich hoffe, dass kein Blut auf den Bettbezug kommt, und versuche verzweifelt, die Ecken der Decke irgendwie in die Ecken des Bezugs zu zerren. Den Ausgang aus diesem Bettbezug kann ich nun auch nicht mehr sehen. Bilde ich es mir ein oder ist die Luft hier schon ziemlich knapp?

Plötzlich heftiges Atmen neben mir und zwei weitere glühende Augen, die sich zu messerscharfen Schlitzen verengen.

„Katze 1“, rufe ich, „hör damit auf. Das ist kein guter Platz für ein Schläfchen, denn ich werde diese Bettdecke jetzt zurechtschütteln!“

Da sie sich nicht bewegt, greife ich nach Katze 1 und ziehe sie langsam in Richtung Bettbezugsöffnung. Dabei kann ich im letzten Moment mit einem beherzten Griff verhindern, dass der Bettbezug sich wieder auf links dreht. Wahrscheinlich war diese Bewegung zu abrupt, denn von draußen höre ich ein deutliches PLUMPS.

Als Katze 1 und ich uns, leicht außer Atem, endlich aus dem Bettbezug befreit haben, werden wir schon erwartet von Katze 2, die vorwurfsvoll die Beule zeigt, die sie sich eben zugezogen hat, als irgendjemand sie in brutaler Weise vom Bett geschubst hat.

„Ach, Katze 2“, rufe ich, „du Arme! Das war doch keine Absicht! Tut es doll weh?“

Sie humpelt mit einem beleidigten Blick aus Augen, so groß wie Teetassen, und mit gesträubtem Fell davon. Ich eile hinterher und beobachte, wie sie sich in der Küche die Wodkaflasche greift und einen kräftigen Schluck nimmt. Meine gestammelten Entschuldigungen ignoriert sie komplett.

Während ich noch überlege, ob ich ihr einen weiteren Catstick geben soll oder lieber den Tierarzt anrufen (wo ist eigentlich das Telefon?), höre ich aus dem Schlafzimmer das typische Zwerchfell-Kontraktionsgeräusch von Katze 1, das eine Kotzattacke ankündigt.

„NICHT INS BETT!“, brülle ich mit voller Lautstärke und rase zurück ins Schlafzimmer. Dort sehe ich Katze 1, die weiterhin in regelmäßigen Abständen Würgegeräusche von sich gibt, wieder in den Bettbezug krabbeln. Während ich wegen überhöhter Geschwindigkeit auf dem Bettvorleger ausrutsche und mit dem Kinn auf die Bettkante knalle, rast Katze 2, auf geheimnisvolle Weise genesen und mit einem Pommespiekser („für die dicken Stücke!“) ausgerüstet, an mir vorbei und ebenfalls in den Bettbezug, in dem Katze 1 jetzt deutlich hörbar kotzt.

Ich sehe Sterne und mein Kiefer scheint ausgerenkt zu sein. Von meiner zerkratzten Schulter tropft das Blut. In meiner frisch bezogenen Bettdecke befinden sich zwei verstörte Katzen und ein wenig Erbrochenes. Draußen scheint die Sonne. Alles in allem ist das doch ein sehr vielversprechender Tagesbeginn und ich hoffe, es kommt bald jemand mit Brötchen vorbei.

 

 

 

 

3 Kommentare

  1. Fazit 1: Nach DIESER Aktion müsstest du gut schlafen können 😉
    Fazit 2: Ich bleibe bei meinen Bettdeckenmaßen von 90×200 in zweifacher Ausführung! 🙂 Obwohl Fixi Mausebär die Bettwäschewechselaktionen eher ignoriert bzw. mit genügend Abstand betrachtet. Ihn interessiert das erst wieder, wenn alles komplett neu bezogen und schön glattgestrichen ist 🙂

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