Auf der Flucht.

Am Montag, also morgen, kommt der Klempner. Der Klempner, der mein Badezimmer renoviert und meine Wohnung damit voraussichtlich eine Woche lang unbewohnbar macht. Eine Maßnahme, die dringend notwendig ist, weil meine Dusche danach vielleicht endlich aufhört, in der Wohneinheit unter mir regelmäßig Wasserschäden zu verursachen. Die Gründe dafür, warum sie das tut, sind zwar ausführlich, jedoch keineswegs abschließend erforscht worden. Auf der Liste der angenommenen Gründe stehen, je nachdem ob man dem Klempner oder dem von der Hausverwaltung entsandten Sachverständigen und Gutachter Glauben schenken will, entweder unzureichend aufgebrachte Silikonschichten hinter den Kacheln (Gutachter) oder eine auf dem schwingenden Holzfußboden gebaute und damit auf Dauer nicht stabile Duschwanne (Klempner) ganz oben. Da die Wanne seit einiger Zeit (und nach den letzten Verbesserungsversuchen der Fachleute) regelmäßig kippelt und geradezu auf einer Seite absackt, sobald ich in die Wanne steige, tendiere ich zum zweiten Lösungsansatz.

Die Fachleute waren sich zwar über die Ursache des Lecks nicht einig, aber leider darüber, dass wir um eine umfassende Reparaturmaßnahme nicht herumkommen. Wenn wir Glück haben, so sagte der Klempnermeister, dann sind die Holzbohlen unter der Dusche durch das Wasser nicht beschädigt und es genügt, die Dusche komplett zu erneuern und das halbe Badezimmer neu zu kacheln (mit vorschriftsmäßiger Silikonschicht zwischen Kachel und Wand sowie einer Duschwanne, die in den Wänden verankert wird, damit sie nicht mit dem Holzfußboden schwanken und kippeln kann. Diese „kleine“ Lösung dauert voraussichtlich fünf Arbeitstage und kostet so um die 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro. Die natürlich nicht ich bezahlen muss, sondern der Vermieter. Also meine Mutter. Juhu.

Das wirklich Schlimme ist aber, dass mein Badezimmer mindestens fünf Tage nicht benutzbar ist, sondern von Klempnern, Maurern und Fliesenlegern bevölkert wird, die sich gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Gleichzeitig arbeiten können sie ja nicht, weil mein Badezimmer dafür zu klein ist.

Diese Diagnose wurde von Klempner und Gutachter im April gestellt und mir war sofort klar, dass die Renovierung nicht stattfinden kann, während die Katzen in der Wohnung sind. Zu groß ist die Gefahr, dass irgendwer mal die Wohnungstür offen stehen lässt, ohne daran zu denken, dass eine zwischen Panik und Neugier hin und her gerissene Katze sich ganz plötzlich und unbemerkt nach draußen verirrt. Katze 2 ist ja eine diagnostizierte Sozialphobikerin und selbst unter günstigsten Umständen nicht gerade das, was man handzahm nennen würde. Dafür aber komplett unberechenbar. Und selbst die Knutschkugel Katze 1 möchte ich nicht draußen wieder einfangen müssen. Sie kann nämlich unter parkenden Autos einfach durchtauchen, während ich dort unverrückbar steckenbleibe und mit Hilfe eines Krans und einer dieser aufblasbaren Recycling-Hüpfburgen befreit werden muss.

Klar war, dass die Katzen während der Renovierung ausquartiert werden müssen. Und ich gleich mit, denn ich möchte mir auch nicht vorstellen, längere Zeit in einer Wohnung zu verbringen, in der das Klo nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Der beste Freund von allen, nämlich meiner, bot zum Glück sofort an, den Katzen und auch mir für diese Zeit eine Zuflucht zu gewähren. Da die Katzen ihn ja gut kennen und sogar Katze 2 ihn nur bei ungefähr jeder zweiten Begegnung anfaucht und sich zwischendurch sogar von ihm streicheln lässt, sicher die beste aller denkbaren Lösungen. Mein Freund hat ja keine eigenen Katzen mehr und freut sich deshalb immer sehr, Katze 1 und Katze 2 zu sehen (ob er das am Ende der Woche noch immer so sagt, wird sich zeigen).

Da ich, was meine Katzen angeht, einem nicht zu unterdrückenden Kontrollzwang ausgesetzt bin, war mir von Anfang an klar, dass die Umquartierung der Katzen nur in meinem Urlaub stattfinden kann, wenn ich genügend Zeit habe, mich zu vergewissern, dass es ihnen auch in einer ungewohnten Wohnung gut geht. Folglich arbeitete ich mit meinem Freund und dem Klempner meines Vertrauens (der selbst Katzen hat und deswegen viel Verständnis für meine Sorgen aufbringt) eine provisorische Lösung für meine Dusche aus, die aus einer unanständigen Menge Fugenabdichtung in allen Ritzen, einem darübergelegten Handtuch und einem zweiten Duschvorhang an der Wand, an der die Duscharmatur befestigt ist, besteht. Sieht total krank aus, scheint aber zu funktionieren. Der Tipp des Klempners war, die Armaturen, Wasserhähne und den fest verklebten Duschvorhang so wenig wie möglich zu bewegen. Was bedeutet, dass diese Konstruktion seit April besteht und ich so langsam gar nicht mehr wissen möchte, wie es dahinter aussieht. Selbst die freiliegenden Teile der Dusche sehen inzwischen relativ eklig aus, weil ich ja den Duschkopf nicht mehr aus der Halterung nehmen darf – somit sind Putztätigkeiten nur sehr eingeschränkt möglich. Aber das kommt ja alles weg, ist also egal. Dachte ich damals, im April. Heute denke ich nur noch: ARGH! Hoffentlich muss ich hier nicht mehr so oft duschen! Und: Hoffentlich verirrt sich nie irgendein Besucher, egal wer, in dieses Badezimmer.

Mein Plan war, die Renovierung dann in meinem Sommerurlaub so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Pustekuchen. Nach langem Hin und Her und riesigen Anzahlungen war die Klempnerfirma endlich so freundlich, mich für den baldmöglichsten Termin in den Kalender zu schreiben… meine letzte Urlaubswoche. So schön. Aber irgendwie wird das schon klappen, dachte ich. Damals.

Montag, also morgen, kommt nun also der Klempner. Das heißt, dass die Katzen und ich am Sonntag, also heute, ausziehen müssen, uns also quasi auf die Flucht begeben. Damit das nicht zu einfach wird, findet den ganzen Tag lang ein riesiges Fahrradrennen vor meiner Haustür (und in der gesamten Hamburger Innenstadt) statt, das sehr effektiv verhindern wird, dass mein Freund einfach mit den „Helly-Kitty-Bikini“ auf die Packliste?

Ich reise mit meiner Zahnbürste, etwas Unterwäsche und vier Pfund Ladekabeln. Die Katzen reisen mit:

  • Zwei Plüsch-Eigenheimen (eins grau, eins fliederfarben)
  • Einem Doppelhaus aus hellgrauem Filz
  • Vier bis sechs Fleecedecken, farblich sortiert
  • Einem Kratzmöbel (dem kleinsten, das wir haben)
  • Einem Katzenklo mit Deckel (extrabreit)
  • Vier Futterschälchen
  • Einem Wassernapf
  • Ungefähr 1 Kubikmeter Spielzeug
  • Katzenstreu
  • Katzengras
  • Katzenfutter (Huhn, Lamm, Rind)
  • Catsticks (nicht mit Fisch!)

Dazu kommen natürlich noch die Transportkörbchen mit den Katzen selbst. Die vorher noch eingefangen und in die Körbchen gesteckt werden müssen. Das ist, wie Sie sicher wissen, auch immer so eine Sache. Eine Katze, die nicht damit rechnet, ins Körbchen zu tricksen, ist meistens machbar. Aber die zweite Katze, die der Übertölpeln der ersten Katze beobachtet hat, wird dann schon komplizierter. In diesen Momenten bin ich immer ganz froh, dass meine Katzen keine Zähne haben.

Der nächste spannende Moment wird sich ergeben, wenn mein Freund und ich versuchen, die Katzen, das Gepäck und uns selbst im Auto zu verstauen. Ein Kleinwagen, versteht sich. Immerhin dürfen wir, falls das gelingen sollte, davon ausgehen, dass wir auch alle in die Wohnung meines Freundes passen werden. Vielleicht sogar ins Bett. Alle gleichzeitig. Vorsichtshalber ohne die Eigenheime. Dann muss ich den Katzen nur noch zeigen, wo ihr Katzenklo steht, und sie bitten, nicht ohne Begleitung auf den Balkon zu gehen.

Wenn das alles klappt, machen wir eine Woche Urlaub. In St. Pauli, ungefähr 1.200 Meter Luftlinie von zu Hause. Hoffentlich wird das Wetter schön. Und hoffentlich ruft der Klempner nicht so furchtbar oft an, um zu berichten, dass die Renovierung schwieriger, teurer und vor allem langwieriger wird als vermutet. Drücken Sie uns die Daumen. Wir berichten – und wie die Flucht mit dem Bollerwagen über die zugefrorene Ostsee der Umzug verlaufen ist, können Sie wahrscheinlich schon heute Abend im Brennpunkt nach der Tagesschau sehen.

 

 

 

 

1 Kommentar

  1. Ooooooh, ich drücke die Daumen! Vor allem dafür, dass die Katzen sich in der Übergangsbleibe wohl fühlen. Und nicht Tagelang unter Sofas oder Betten „stecken“ bleiben…

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