Die tollkühne Frostbeule in ihrem fliegenden Bett

Kennen Sie das, wenn sich am Freitag nach einer langen und harten Woche endlich der Feierabend nähert, in Ihrem Kopf schon ein TGIF-Gif nach dem nächsten in Dauerschleife läuft und Sie völlig irritiert sind, weil noch irgendein Kollege oder gar ein Vorgesetzter noch irgendwelche Auskünfte oder gar Aktionen von Ihnen erwartet. Unangenehm, nicht wahr? Sie stellen sich dann doch auch tot, oder?

Wenn die wichtigste Frage, das anstehende Wochenende betreffend, lautet: Wie bekomme ich mein Bett in die Sauna? Und: Wie viele zusätzliche Wärmflaschen brauche ich, um diese im Bett strategisch so verteilen zu können, dass mindestens eine außerhalb der Reichweiter der Katzen endet?

Noch 58 Minuten bis zum Feierabend. Es ist kalt in Hamburg. So richtig mit Temperaturen unter Null, zeitweise sogar im zweistelligen Minusbereich. Und mit eisigen Winden, die dafür sorgen, dass ungeschützte Ohren, Nasen, Arme und andere Kleinigkeiten in Minutenschnelle erstarren und abfallen.

Kann mein Bett eigentlich mit drei Bettdecken (davon zwei 2,40×2,20 groß), mehr als drei Wärmflaschen, ein bisschen Proviant, dem Router und dem Fire-TV-Stick, zwei Katzen und mir an Bord noch fliegen? Oder müssen wir eine von den Wärmflaschen zu Hause lassen?

Immer noch 48 Minuten. In meiner Wohnung liegen die Temperaturen natürlich nicht unter dem Nullpunkt, außer vielleicht direkt hinter den Glasbausteinen in der Dusche, an der riesigen, deformierten und nicht doppelt bescheibten Küchenbalkontür und natürlich an der oberen Fensterklappe im Schlafzimmer. Die ist nämlich so undicht, dass es für die Temperaturen keinen Unterschied macht, ob sie geöffnet oder geschlossen ist.

Die Gastherme in der Küche macht Geräusche wie ein startender Düsenjet. Ich hoffe aber sehr, dass sie nicht irgendwann abhebt. Vielleicht, wenn ich sie auf Stufe 5 hochstelle – aber das wage ich nicht. Wärme ist bei diesem Gerät wahrscheinlich ein Neben- oder Abfallprodukt, nehme ich an, und so sehr viel Wärme entsteht auch gar nicht. Zumindest nicht von der haltbaren Sorte. Wie warm oder kalt es in der Wohnung ist, weiß ich aber nicht, denn das Thermometer ist schon vor Jahren eingefroren und abgefallen.

Ab 2019 sollen in unserem über hundertjährigen Haus, so hat es die Eigentümergemeinschaft be- und versprochen, die Fenster erneuert werden. Falls wir bis dahin nicht erfroren sind, wird das vielleicht ganz toll. Also hinterher, nicht währenddessen.

Jetzt sind es nur noch 39 Minuten bis zum Abpfiff dieser Bürowoche. Die Katzen kommen mit dem Winter so mittelgut zurecht. Man merkt schon, dass sie – auch wenn die Sonne scheint – deutlich weniger am Fenster sitzen als sonst. Sie sind ja nicht blöd und merken, dass sie dort einen kalten Hintern bekommen. Jedenfalls meistens. Wenn es nicht so gut läuft, frieren sie halt fest, weil sie einer snackenden Meise oder ausrutschenden Fußgängern zugesehen haben, ohne zu merken, dass sie festfrieren. Tja. So gegen sieben komme ich ja meistens nach Hause und kann sie befreien. Dann liegen sie mit mir im Bett unter den drei Decken, auf der Wärmflasche – aber ohne klappernde Zähne. Aus Gründen.

Im Büro sind die Fenster etwas moderner, aber auch dort zieht es sofort kalt rein, wenn man die Heizung nicht durchgehend volle Pulle laufen lässt. Anfang dieser Woche ging es mir nicht so besonders gut und ich saß in eine Wolldecke gewickelt und trotzdem mit klappernden Zähnen am Schreibtisch. Sehr sexy, ich weiß.

Noch 21 Minuten bis zum Feierabend (ja, ich wurde in meiner Kontemplation unterbrochen und musste mich richtig anstrengen, um einem Kollegen gegenüber bloß keine sinnvollen Auskünfte zu erteilen – schließlich will ich nicht die Preise verderben). Ich habe Hunger, hatte keine Zeit für Mittagessen und hatte heute bisher nur ein Brötchen. Heute Abend wird es also mindestens vier Hauptgerichte brauchen. Ich muss mich nur entscheiden, ob ich erst Pizza, dann Indisch und dann Burger oder erst Falafel, dann Mexikanisch und zum Schluss Bratnudeln will. Oder alles gleichzeitig. Ob ich einen einzelnen Lieferhelden dazu bringen kann, die Sachen nach und nach zu holen und dann gleichzeitig bei mir anzuliefern? Und kann ich alles, was ich heute nicht aufesse, in meinem Bett gut verstecken und so in die Sauna schmuggeln?

(Ja, die Katzen sind bereit für die Sauna und haben schon Flip-Flops und Handtücher in ihren Bauchtaschen. Sie hassen allerdings Dampfbäder, nur damit Sie Bescheid wissen.)

Für Alkohol wäre ich jetzt übrigens auch mehr als bereit. Sorte und Zubereitungsart spielen keine Rolle. Aber ein Schirmchen im Glas/Flaschenhals wäre schon nett, schließlich haben wir Stil.

*singt: „Alkohol, Alkohol, Alkohohol-hohol“ auf die Melodie von „Mexico“*

Noch 9 Minuten bis zum Feierabend. Vielleicht könnte das fliegende Bett mit den Katzen vorbeikommen und mich aus dem Büro abholen? Und vorher noch schnell die Pfandflaschen wegbringen? Dann holen wir die vierzehn bestellten Lieblingsgerichte in unseren sechs Lieblingsrestaurants ab, fliegen mal so rum und machen uns einen entspannten Abend irgendwo, wo es warm ist. Und wo es WLAN gibt. Natürlich. Und dann wird sich der Countdown zum Wochenende hoffentlich gelohnt haben.

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