Drei Jahre ohne Olga und Ida (dafür mit Lotti und Leo)

Jetzt, in der ersten Hälfte des Monats November im Jahr 2022, ist es schon drei Jahre her, dass Olga und Ida, die Keinzahnkatzen, gestorben sind. Olga am 5. und Ida am 14. November 2019. Die Zeit seitdem verging wie im Flug, aber meine Güte: Was inzwischen alles geschehen ist. Global und allgemein betrachtet ebenso wie in meinem Leben.

An viele der Geschehnisse im November 2019 kann ich mich noch erinnern, als wäre es erst gestern gewesen: Wie Olga immer weniger fraß, matter wurde und sich zurückzog, bis ich eines Morgens aufwachte mit der Gewissheit, dass sie nicht mehr gesund werden würde, dass ich eine Entscheidung treffen musste. Wie ich mit Ida und meinem Kaffee traurig auf dem Sofa im Wohnzimmer saß, während Olga im Schlafzimmer in ihrer Höhle hockte, wie ich meiner Chefin schrieb, dass ich zur Tierärztin muss, meinem Freund schrieb, dass ich ihn brauche (woraufhin er sich auf den Weg nach Hamburg machte), und dann wartete, bis ich in der Tierarztpraxis jemanden erreichen konnte. Wie ich am Telefon zur Tierärztin sagte: „Ich glaube, es geht nicht mehr.“ Und sie mir nicht widersprach.

Wie wir mit der toten Olga nach Hause kamen, damit Ida sich verabschieden konnte. Tapfere kleine Ida. Wie sehr hoffte ich, dass ihr noch ein bisschen mehr Zeit auf dieser Welt vergönnt sein würde, aber neun Tage später wurden die Rufe von Olga offenbar so laut, dass ihre Schwester ihr folgen musste. Jede einzelne Sekunde dieses grässlichen Tages kann ich mir jederzeit vergegenwärtigen, so scheint es mir. Zumindest sind die Abläufe lückenlos und nicht nur, weil ich schon so viel darüber geschrieben habe. Sie sind für immer in meinen Erinnerungen einzementiert.

Drei Jahre. Wie gestern. Und dennoch: Was ist seitdem nicht alles passiert? Neue Katzen zogen ein und wuchsen mir schneller und intensiver ans Herz, als ich es mir hätte vorstellen können. Das machte die Trauer um Olga und Ida nicht weniger stark, aber das neue Glück mit Lotti und Leo zeigte mir bald deutlich, dass ich vorwärtsgewandt leben will. Dass ich all die Liebe für Olga und Ida, gepaart mit der Trauer um die beiden, für immer in mir trage, dass sie ein Teil von mir und ein Teil meines Lebens sind, dass die Trauer sogar eine Bereicherung darstellt. Dass ich mit dieser Trauer leben kann und will.

Ganz ehrlich glaube ich, dass das meiste, was mir dann in den folgenden drei Jahren passiert ist, nicht passiert wäre ohne Olga und Ida und ohne den Abschied von ihnen. Die Pandemie wäre trotzdem gekommen, natürlich, aber wahrscheinlich hätte ich meinen Job nicht einfach hingeschmissen mit dem festen Glauben, dass etwas anderes und Besseres kommen wird – und falls nicht, dass ich dann trotzdem nicht mit dem alten Job weitermachen kann. Die Möglichkeit, in die Trauerarbeit im Hospiz einzusteigen. Die Tatsache, dass es ein neues Hospiz und somit neue Arbeitsplätze geben wird, sogar genug für eine feste Stelle und in Vollzeit. So etwas passiert wirklich nicht gerade täglich.

Es sollte alles so sein, da bin ich sicher. Ich war offen für Veränderungen, aber hätte ich mich ohne Olga und Ida getraut, sie wirklich durchzuziehen? Vielleicht, aber ohne Olga und Ida hätte ich nicht die Trauer als mein neues Lebensthema entdeckt, das steht mal fest. Und wenn ich nicht hätte merken dürfen, dass mir dieses Thema wirklich liegt und ich ganz persönlich dazu etwas zu sagen habe, dann hätte ich vielleicht gar nicht den Mut aufgebracht, den Sprung in das neue Umfeld zu machen und mich als Quereinsteigerin im hospizlichen Umfeld neu zu erfinden.

Und dann haben Olga und Ida mir ja auch noch Lotti und Leo geschickt. Sie wussten ja, dass ich ohne Katzen verloren wäre, dass ich aber wegen irgendwelcher Skrupel vielleicht länger gewartet hätte mit neuen Katzen, als gut für mich gewesen wäre – man stelle sich nur mal vor, ich hätte beim ersten Lockdown keine Katzen um mich gehabt! Aber wie Ida immer zu sagen pflegte: „Im umgekehrten Fall, wenn du den Löffel abgeben würdest, dann würde ich mir doch auch umgehend einen neuen Menschen suchen, der mich füttert und mir die Öhrchen krault. Glaub bitte nicht, dass wir da aus Pietätsgründen mit warten würden.“

Trotzdem hätte ich mir – nein, habe ich mir – gewünscht, einfach bis zum Ende meiner Tage mit Olga und Ida zusammenleben zu dürfen. Weil es so schön mit ihnen war. Stattdessen lebe ich nun mit Lotti und Leo und der Erinnerung an Olga und Ida – und das ist auch schön. Ob die Fräuleins sich der andauernden Wichtigkeit ihrer Vorgängerinnen in meinem Empfinden bewusst sind oder nicht, spielt gar keine Rolle: Sie sind die flauschigen, hungrigen und anhänglichen Persönlichkeiten, die sie nun einmal sind, ganz echt und unverstellt. Sie brauchen mich, so wie ich sie brauche, und lieb haben wir uns auch, jawohl.

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Blogbeitrag – der war genau das, was ich heute lesen musste… Ich habe im August 19 meinen Kater Leo mit 16 Jahren gehen lassen müssen, und dann diesen Februar noch seine Schwester Lara, sie war 19.
    Gestern habe ich nach langem mit mir Ringen die Zusage gegeben, zwei neue Katzen bei mir einziehen zu lassen. Und mich prompt seit dem gefragt ob das zu früh sei, weil die Trauer um Leo und Lara noch so roh und präsent ist. Aber es stimmt schon. Vermutlich kann ich die einen noch lieb haben und vermissen, und mein Herz und Haus dennoch neuen Miezekatzen öffnen… DANKE 🙂

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