Eine Woche Urlaub

Eine Woche Urlaub im September. Klingt doch nicht übel, oder? Nicht so gut wie zwei Wochen Urlaub im September, aber doch erheblich besser als kein Urlaub im September.

Aus einer Woche Urlaub kann man doch was machen. Wenigstens erholen sollte doch gehen.

So dachte ich, als ich den Urlaub einreichte. Nicht weil ich davon überzeugt war, dass das der ideale Urlaubszeitpunkt war, sondern weil mein Kalender behauptete, dass danach auf absehbare Zeit kein weiterer Urlaub möglich sein würde, weil so viele Termine drinstehen, die ich nicht an andere Menschen bzw. Kolleg*innen weiterschieben kann.

Es ist schon merkwürdig. Ich arbeite nicht mehr am Theater, sondern in einem Hospiz. Okay, ich mache Öffentlichkeitsarbeit, die für das Hospiz wirklich unerlässlich und sehr wichtig ist, aber so richtig dringend ist dort eigentlich selten etwas. Außer natürlich in der Woche vor dem Urlaub, klar.

Zu einer Urlaubswoche gehören ja bei einem Job mit verhältnismäßig normalen Arbeitszeiten, also ohne Wochenenden und ohne Schichtdienst, normalerweise zwei Wochenenden, so dass man insgesamt auf neun freie Tage kommt. Dass das hier nicht klappen würde, war mir vorher schon klar, denn am Samstag nach dem letzten Arbeitstag war unser Hospizsommerfest im Deich-Hospiz geplant und das fällt natürlich voll und ganz in meinen Zuständigkeitsbereich. Aber dann… so war der Plan.

Der einzige Termin, den ich in der Urlaubswoche vorab vereinbart hatte, war ein Friseurtermin. Obwohl ich normalerweise nicht mehr als meine 36 Stunden pro Woche arbeite, habe ich ja zurzeit wesentlich mehr Fahrtzeiten zur Arbeit und wieder zurück, sodass ich es seit meinem letzten Urlaub im Juni nicht geschafft hatte, einen Friseurtermin zu planen. Entsprechend sah es auf meinem Kopf aus und die Katzen sowie der große freundliche Mann sparten auch nicht mit entsprechenden Bemerkungen.

Ansonsten lag die Woche terminlos und ungeplant vor mir. Herrlich… bis genau eine Woche vorher mein Telefon klingelte und ein freundlicher Handwerker mir ankündigte, am Dienstag der Urlaubswoche die langersehnten neuen Fenster in meiner Wohnung einbauen zu wollen. Natürlich morgens um acht. Na gut, dachte ich, das passt mir zwar nicht, aber lieber jetzt als vielleicht im November, wenn es draußen kalt ist, oder irgendwann, wo es wirklich schwierig ist, einen Tag freizunehmen. Und wenn die Fenster am Dienstag eingebaut werden und ich am Mittwoch zum Friseur gehe, dann habe ich ja noch von Donnerstag bis Sonntag frei und meine Ruhe und kann machen, was ich will.

Was ich im Urlaub auch immer gerne mache, ist ein paar Klamotten zu bestellen, und zwar bei einem großen deutschen Versandhändler (dessen Hosen mir besser passen als die Hosen aller anderen deutschen Versandhändler und Vor-Ort-Anbieter), der dummerweise seine Waren exlusiv mit Hermes versendet. Weil ich ja in diesem Leben noch nie eine Hermes-Sendung einfach nur so erhalten habe wie geplant, ist eine solche Bestellung immer ein ziemlicher Angang für mich, der mit Berufstätigkeit und ohnehin schon leicht gestresst wirkenden Tagen nicht zu vereinbaren ist. Aber so eine Urlaubswoche ist doch genau der richtige Moment, da kann ich ja einfach dann zu Hause sein, wenn Hermes kommt und alles wird gut. So bestellte ich und während ich bestellte, stellte ich fest, dass Hermes jetzt auch Abholstationen, Hermes Boxen genannt, anbietet, von denen eine gar nicht so weit von mir entfernt liegt und verhältnismäßig nahe an einer Bushaltestelle. Super, dachte ich, dann also die Hermes Box. Kann ja nicht viel bei schiefgehen.

Die Urlaubswoche begann, das Hospiz-Sommerfest war nett, der folgende Sonntag, an dem der große freundliche Mann nach Hamburg kam, erholsam. Am Montag bereitete ich die Wohnung für den Fenstereinbau am Folgetag vor und erlaubte den bereits im Haus tätigen Monteuren, abends schon ihre Werkzeuge in meine Wohnung zu stellen. Dafür versprachen sie, am nächsten Tag die Fenster genau in der Reihenfolge zu montieren, die ich vorgeschlagen hatte, um die Katzen den Tag möglichst stressfrei im Schlafzimmer verbringen zu lassen.

Der Dienstag begann dann damit, dass der Wecker eine Stunde vor der üblichen Zeit klingelte. Eigentlich eine Zumutung im Urlaub, aber ich wollte den Fensterbauern ja auch nicht im Nachthemd gegenübertreten. Schnell duschte ich, machte Kaffee, versorgte die Katzen und schloss alle Zimmertüren in der Wohnung, während die Katzen im Wohnzimmer waren. Währenddessen räumten die Monteure schon lautstark Zeug im Treppenhaus herum.

Das kam bei den Katzen, vor allem bei Lotti, nicht gut an. Sie rannte planlos im Wohnzimmer herum und hechelte vor Stress. Ich versuchte, sie zu beruhigen, so gut es ging, war aber auch selbst ziemlich aufgeregt. Dann kamen die Handwerker und begannen verabredungsgemäß mit dem Fenster im Schlafzimmer. Dabei machten sie unendlich viel Lärm, viel mehr, als ich erwartet hatte. Lotti war kurz vorm Durchdrehen und ich auch. Zum Glück dauerte der Lärm nicht zu lange, dann war das Fenster drin und die Handwerker gingen zum Rauchen nach draußen. Leo lief selbstständig ins Schlafzimmer, als ich die Türen öffnete. Lotti musste ich rübertragen und dann verschwand sie unter dem Bett, wo sie sich für den Rest des Tages verkroch. Ich verbrachte den Tag lesend und fernsehend im Bett und zählte die Stunden bis zum Ende der Fenstermontage. Viele Stunden.

Endlich wurden die Monteure fertig und gingen. Die neuen Fenster sehen immerhin gut aus und scheinen dichter und besser zu sein als die alten. Zwar komme ich an den oberen Klappen ohne Tritt nicht an, aber die unteren Fenster und auch die Balkontüren lassen sich jetzt kippen. Das ist grundsätzlich eine Verbesserung, allerdings befinden sich jetzt zwanzig Zentimeter breite Öffnungen oben an den Kippfenstern, die von einer halbwegs sportlichen Katze natürlich leicht zu erreichen sind. Von Lotti unterm Bett eher nicht. Ich schlief also trotz des Chemikaliengestanks bei geschlossenen Fenstern und bestellte noch in der Nacht Katzenschutzgitter für die Öffnungen.

Am Mittwoch tauchte auch Lotti wieder auf, zum Glück, und ich ging vormittags halbwegs optimistisch zum Friseur. Der allerdings durch Abwesenheit glänzte und auch nicht zu erreichen war. So ging ich etwas später unverrichteter Dinge und ziemlich genervt wieder nach Hause.

Am Donnerstag fuhr ich dann nach Bremen, um die Männer-WG zu besuchen. Kurz bevor ich das Haus verließ, teilte mir DHL mit, die Katzenschutzgitter nicht, wie bisher behauptet, am Freitag liefern zu wollen, sondern jetzt am Donnerstag. Mist. Um die Sendung zum Kiosk an der Ecke umzuleiten, war es nun zu spät, ich gab also kurzfristig den Laden unten im Haus als bevorzugten Nachbarn an. In Bremen nahm der Tag an Fahrt auf: Da meine Frisur noch immer wie ein Vogelnest aussah, beschloss der große freundliche Mann, mich in Bremen zum Haareschneiden zu bringen und machte einen Spontantermin bei seiner Friseurin für mich. Diese schnitt meine Haare so schnell wie ich es noch nie erlebt habe, und das auch noch megagünstig. 21 Euro für Waschen, Schneiden, Föhnen? Dafür gehen Hamburger Friseure noch nicht einmal ans Telefon. Ihr Styling überzeugte mich nicht, aber der Schnitt ist vollkommen in Ordnung.

Während ich in Bremen war, hatte Hermes mein Klamotten-Paket in die Hermes Box gepackt und ich fuhr abends auf dem Weg nach Hause noch dorthin, um mein Paket abzuholen. Dafür, so sagte die Mail, die ich erhalten hatte, musste ich eine weitere Mail anfordern, in der die Abhol-Tan und ein QR-Code stehen sollten. Ich füllte die Anforderung aus und erhielt – nach einigen wenigen Fehlermeldungen – die Rückmeldung, dass die entsprechende Mail mir in Kürze zugehen werde. So saß ich ein paar Minuten vor der Hermes Box im Dunkeln und wartete. Nichts geschah. Weil ich sonst nichts Besseres zu tun hatte, begann ich eine Unterhaltung mit dem Hermes-Chat-Bot. Dieser kannte leider den Begriff „Abhol-Tan“ nicht und konnte mich nicht mit einem menschlichen Wesen, weil die menschliche Hermes Hotline nur von 8 bis 18 Uhr besetzt ist.

Ich ging wutschnaubend nach Hause und ins Bett.

Am Freitagmorgen brauchte es mehrere Versuche und über eine Stunde, bis ich eine Hermes-Mitarbeiterin am Telefon hatte, die mir den guten Tipp gab, die Abhol-Tan noch einmal anzufordern und eine andere Mailadresse anzugeben. Warum, konnte sie mir nicht sagen, aber offenbar hatten andere Kund*innen schon dasselbe Problem gehabt wie ich – und gelöst. Auch bei mir klappte es und nach dreißig Sekunden hatte ich eine Abhol-Tan und einen QR-Code. Auf dem Weg zur Hermes Box fragte ich im Laden unten nach meinem DHL-Paket – leider wusste der Inhaber von nichts und hatte auch nichts für mich angenommen. Die DHL-Sendungsverfolgung war übrigens der Meinung, mir das Paket selbst überreicht zu haben. Hm.

Die Abholung an der Hermes-Box war jetzt ein Kinderspiel und nach kürzester Zeit durfte ich mein großes Paket nach Hause schleppen. Die Nerven, die bestellten Hosen anzuprobieren, hatte ich allerdings bisher noch nicht. Das Rumfragen in den Läden der Nachbarschaft, ob jemand mein DHL-Paket hat, war bisher erfolglos. Vielleicht meldet sich ja irgendwann ein*e Nachbar*in. Seufz. Der Hamburger Friseur ist übrigens auch wieder aufgetaucht; er war noch im Urlaub, sein Kalender hatte sich nicht aktualisiert und sein Flug wurde verschoben und ob ich vielleicht am nächsten Dienstagvormittag kommen möchte. Nein.

Heute ist Samstag und eigentlich wollte der große freundliche Mann nach Hamburg kommen, aber nun ist Jehan gerade so anhänglich, dass er nicht aus dem Haus gehen mag. Das heißt, ich liege heute auf dem Sofa und fahre voraussichtlich morgen nach Bremen, um die beiden zu besuchen.

Was wollte ich noch aus meiner Urlaubswoche erzählen? Ach ja, ich habe mich bei Bluesky angemeldet. Zusätzlich zu Mastodon, nur um mal zu gucken. Sieht ja ganz nett aus und es ist vielleicht ein bisschen mehr los als bei Mastodon. Ich will aber nicht schon wieder die Plattform wechseln und eigentlich auch nicht bei zwei Plattformen parallel unterwegs sein. Hm. Der große freundliche Mann ist auch nicht überzeugt davon, dass Bluesky etwas ist, das er ausprobieren möchte. Aber ich habe noch ein bisschen Hoffnung.

Montag gehe ich wieder arbeiten. Erholt? Natürlich nicht. Aber wie soll man sich auch erholen in nur einer Woche Urlaub?

3 Kommentare

  1. Bluesky, wie schön!!
    Ich bin nach meinem Ausflug zu Mastodon bei Bluesky gelandet und finde es dort sehr viel gemütlicher!! Hat etwas vom frühen Twitter, finde ich.
    Ich mach mich dann gleich mal auf die Suche nach den Keinzahnkatzen und werde Euch mit Freuden begrüßen (und folgen)!!
    Bis dahin..

  2. Liebe Bettina,
    das Dilemma mit den Paketdiensten kennen wir leider auch zu genüge. Obwohl wir keine Wahnsinns Besteller sind, hatten wir schon einige Probleme mi Hermes und auch DHL.
    Hermes wirft unsere Pakete immer in ein Gebüsch im Vorgarten, die ich dann durch Zufall finde. Das ist wirklich nervig. ich wünsche ihnen, dass ihr Paket schnell wieder auftaucht und noch einen schönen Sonntag.
    Liebe Grüße
    Gitte

  3. Und ich dachte immer, dass diese Paketlieferungssache in der Großstadt ein Klacks ist – also anders als im beschaulichen Vorstädtchen. DHL kommt bei uns allerdings IMMER! einen Tag früher als angekündigt. Die wollen, dass sich die Kunden freuen. Tun sie auch, wenn sie diese Tatsache kennen und sie in den Tagesablauf einplanen. So wie ich.
    Nichts hat mich mehr gefreut, als dich und die Fräuleins im Himmel zu treffen. Bestell dem großen freundlichen Mann einen Gruß von mir und sag ihm, dass Bluesky das richtige, echte Twitter ist. Wie in den Anfängen damals. Als wir noch Pioniere waren und richtig mit Spaß dabei. Und sag ihm auch, dass wir uns freuen würden, ihn hier auch begrüßen zu dürfen.

    Hoffnungsvolle Grüße nach HH und HB
    Pepe&dieFF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.