Hab Sonne im Herzen, wenn die Bude schon kalt bleibt.

Ganz schön kalt plötzlich in Deutschland. Nach dem eher sommerlichen Einstieg in den Herbst schlägt die sogenannte Kältepeitsche jetzt gnadenlos zu; in Hamburg müssen wir uns mit Temperaturen rund um den Gefrierpunkt arrangieren. Das ist für meine Wohnung, deren zweiter Vorname „schlechte Isolierung“ lautet, definitiv zu kalt. Für die Wohnung und ihre Bewohnerinnen, also die Fräuleins und mich.

Wie schön, dass die Wohnungseigentümlichkeitsversammlung nach Jahren des Zögerns und Zauderns sich nun endlich dazu durchgerungen hat, im nächsten Jahr die Fenster neu machen zu lassen – für diesen Winter nützt uns das nichts mehr und wenn alles gut läuft, sind wir vor dem nächsten Winter hoffentlich auch schon umgezogen. Nun ja. Diesen Winter werden wir hier noch durchstehen müssen, mit undichten Fenstern, einer angeschlagenen Gastherme (die dieses Jahr schon zweimal sehr teuer repariert werden musste und bei der das Gebläse jederzeit den Geist aufgeben kann) und Nachbarn, die aus mir unerfindlichen Gründen offenbar kein Problem mit ungeheizten Wohnungen oder Ladengeschäften haben. In einer Wohnung, die schneller auskühlt, als Sie dreimal hintereinander „Eiszeit“ sagen können, und in die im Winter niemals die Sonne scheint.

Natürlich versuche ich – so wie alle verantwortungs- und preisbewussten Bürgerinnen und Bürger in diesem Jahr – nicht mehr Energie, vor allem Gas, zu verbrauchen als unbedingt notwendig. Die Heizkosten in dieser Wohnung waren schon immer unanständig hoch, was damit zu tun hat, dass ich mit den Jahren immer kälteempfindlicher werde, und damit, dass es hier nicht so ohne Weiteres (will sagen: ohne Katzenprotest) möglich ist, beispielsweise ein Zimmer vorübergehend aus dem Verkehr zu ziehen, dessen Tür zu schließen und es nicht zu heizen. Die beiden kleinen vorderen Zimmer sind durch einen türlosen Durchgang miteinander verbunden und heizungsmäßig nicht voneinander zu trennen. Es ist schwer, sie warm zu bekommen, weil sie verhältnismäßig große Fenster haben, und mit jedem Schritt in Richtung Fenster die Raumtemperatur absinkt.

Das Schlafzimmer geht nach hinten raus und ist klein. Es wird erheblich schneller warm als die vorderen Räume, lässt sich aber nicht gut und schnell lüften. Vor einigen Jahren habe ich dort mit Olga und Ida mal einen langen und kalten Hamburger Winter verbracht, weil die spanischen Mädels vor ihrer Zahn-OP ja sehr krankheitsanfällig waren und sich auf keinen Fall erkälten durften. Das war muffelig-kuschelig, aber neben Bett und Kleiderschrank und Katzenkörbchen gibt es dort auch keinen Platz für weitere Möbel, so dass ich den Winter mehr oder weniger im Bett verbringen musste. Das würde mein Rücken heute nicht mehr mitmachen, denke ich.

Zum Glück sind die Fräuleins nicht so kälteempfindlich wie die spanischen Keinzahnkatzen, aber natürlich haben sie es auch lieber warm. Trotzdem heize ich die Bude sehr viel sparsamer als normalerweise… und ich friere mir dabei den Hintern ab. Im Wohnzimmer hat es gerade, obwohl die Heizung seit dem frühen Morgen eingeschaltet ist, 17 Grad, in der Küche, im Bad und im Schlafzimmer ist es noch ein ganzes Stück kälter. Ich trage zwei Pullis und bin in zwei Kuscheldecken gewickelt… und friere trotzdem.

Zwei Dinge, die mich über diesen Grundzustand hinaus fertig machen:

  1. Mitmenschen, die fröhlich erzählen, dass sie ihre Wohnung in diesem Herbst noch nicht geheizt haben, Sie wissen schon, wegen Mittellage, heizender Nachbarn, Abhärtung, warmer Pullis, eiserner Kondition oder VIELLEICHT AUCH, WEIL SIE INNERLICH SCHON TOT SIND, ODER WAS MEINEN SIE?
  2. Meinen Gasversorger, der die Höhe meiner Abschlagszahlungen in diesem Jahr in zwei Schritten ohnehin schon verdoppelt hatte, legt jetzt noch einmal nach und fordert ab Januar fast viermal so viel wie im Frühjahr. Viermal so viel. Das ist richtig viel Geld dafür, dass die Wohnung trotzdem nicht richtig warm wird. Wahlweise schlägt er mir einen Tarifwechsel vor, in dem sich die Abschlagszahlung wieder auf gut das Doppelte des normalen Betrages reduziert, ich mich aber für 24 Monate auf diesen Tarif festlegen muss.

Und nun? Wie lange wird der Ukraine-Krieg noch dauern und wie lange dauert es dann anschließend – falls wir dann noch da sind und in der Lage, zu heizen und Heizkosten zu bezahlen – bis sich die Energiekosten wieder normalisiert haben? Werden die Preise, ohne irgendeine Art von Garantie, noch weiter steigen, bis wohin und wie lange noch? Ist es besser, superhohe Abschläge zu zahlen und darauf zu hoffen, dass das Energiesparen was bringt und irgendwann eine superhohe Rückzahlung kommt? Oder gehen die Energieversorger eh alle pleite und unsere Rückzahlungen verschwinden in irgendwelchen Konkursmassen? Ist es klüger, den Anbieter zu wechseln, einen niedrigeren Abschlag zu vereinbaren, ein bisschen Geld (oder viel Geld) auf die Seite zu legen und das Beste zu hoffen? Kann und will ich mir weiterhin Ökogas leisten oder lieber den günstigsten Tarif, den ich bekommen kann? Wie finde ich eine bezahlbare Wohnung im Osten Hamburgs, die nicht so schwer zu beheizen ist, solange ich noch einen befristeten Arbeitsvertrag habe?

Fragen über Fragen. Und keine Ahnung von nichts, gepaart mit einem soliden Unwillen, mich mit diesen Fragen ernsthaft zu befassen. Was mir aber nichts nützt, schon klar: Unerfreuliche Entscheidungen aus deiner Gegend wollen getroffen werden.

Und die Nebenkriegsschauplätze:

  • Heizdecken für Bett und Sofa und Katzenkörbchen, yay oder nay?
  • Ein kleiner Fernseher fürs Schlafzimmer – ist nicht gerade Black Week, die beste Zeit des Jahres zur Anschaffung von Elektroartikeln, die man eigentlich nicht braucht?
  • Wer strickt mir Armstulpen für meine kalten Unterarme oder wo kann ich welche kaufen?

Das alles, während wir von Twitter zu Mastodon übersiedeln. Was auch ein überaus schmerzhafter Prozess ist, genau das richtige für die kalte, dunkle Jahreszeit. So richtig warm und gemütlich ist es für mein Gefühl gerade weder hier noch dort – und das hat nichts mit dem kalten Wind und der schlappen Gastherme zu tun. Irgendwie verbraucht alles gerade mehr Energie als früher, oder, teilweise so viel, dass man sich fragt, wo man diese Energie eigentlich noch hernehmen soll. Aber Wärme ist ein Grundbedürfnis, das wissen wir ja auch, und davon zu viel einzusparen, egal mit wie vielen triumphierenden „Also, ich heize ja noch gar nicht!“-Entgegnungen wir täglich konfrontiert werden, wäre nicht zielführend. Es sollte schon möglich sein, einen Blogpost zu tippen, ohne dass dabei die Finger einfrieren. Hoffentlich. Bald wieder. Vielleicht mache ich mir jetzt einen Tee. Verteilt auf zwei Becher. Für jede Hand einen.

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