Mein Ehrenamt. Meine Überlegungen zum gekippten § 217. Teil 1.

Alle vier bis sechs Wochen treffen sich die Ehrenamtlichen im Hospiz zu einem Austauschabend. Unter der Leitung einer unserer Koordinatorinnen dürfen wir dann in einem kleinen Ritual unsere Gäste, sofern sie seit dem letzten Austauschabend gestorben sind, verabschieden. Anschließend sprechen wir über selbstgewählte Themen, die im Zusammenhang mit unserer ehrenamtlichen Tätigkeit stehen; jede*r darf etwas ansprechen bzw. vorschlagen und die Gruppe entscheidet dann, welches Thema die meisten von uns interessiert.

Dabei kamen wir neulich auf die Frage: Ist im Hospiz eigentlich Suizid ein Thema?

„Natürlich“, sagte unsere Koordinatorin, „darüber gesprochen wird immer wieder. Der Bedarf, darüber zu sprechen, ist oft da. Aber es ist meines Wissens noch nie vorgekommen, dass sich dann tatsächlich jemand suizidiert hat.“

Ihre Antwort kam mir diese Woche im Zusammenhang mit der Sterbehilfe-Diskussion und der Streichung des §217 SGB wieder in den Sinn, denn ich denke, dass unsere Koordinatorin da in schlichten Worten und komplett unaufgeregt etwas unerhört Wichtiges gesagt hat: Menschen, die schwer, unheilbar und lebensverkürzend erkrankt sind, denken, sofern sie nicht Meister der Verdrängung sind, selbstverständlich an den Tod. Sie wissen, dass sie sterben werden, und denken darüber nach, wie sie wohl sterben werden. Und selbstverständlich sind diese Gedanken meistens auch mit Angst besetzt.

Menschen, die ins Hospiz einziehen, haben fast immer schon einiges hinter sich. Oft einen jahrelangen Kampf gegen ihre Krankheit, verschiedene Therapien, verschiedene Therapieerfolge, Krankenhausaufenthalte, Schmerzen, Nebenwirkungen, mehr und mehr Einschränkungen und Verluste, zuletzt meist den Verlust ihrer Selbständigkeit und gefühlt auch den Verlust ihrer Würde. Nachdem ihnen vielleicht über Jahre immer wieder neue Angebote gemacht wurden, am Leben zu bleiben und ihre Lebensqualität zu verbessern, sind sie nun auf einmal austherapiert. Im Hospiz geht es nicht um Heilung, so erfahren sie, sondern um Symptomkontrolle. Und ums Sterben, früher oder später.

Der Impuls, sich ein Stück Kontrolle zurückzuholen und zu entscheiden, dann, wenn es sowieso keine Heilung, keine Besserung, keine Hoffnung mehr gibt, doch lieber früher als später sterben zu wollen, ist da sehr nachvollziehbar und keinesfalls leichtfertig, finde ich.

„Ich möchte sterben“, das wird im Hospiz häufig gesagt. Und: „Worauf soll ich denn noch warten?“ Und dann vielleicht noch: „Können Sie mir nicht dabei helfen zu sterben?“

Das wirklich Großartige am Hospiz ist, dass solche Bitten und Fragen nicht abgetan werden. Es darf und es muss über Todesängste und Todeswünsche gesprochen werden. Über alles, was thematisiert wird. Auch für die ganz finsteren Fragen und Ideen gibt es kein Denkverbot. Die Menschen, die im Hospiz arbeiten, die lassen sich auf Gespräche ein. Sie hören zu, beantworten Fragen, fragen auch mal nach und urteilen nicht.

Und was tun die Menschen im Hospiz dann, um ihren Gästen gerecht zu werden? Was haben sie – außer Empathie und Zuhören – zu bieten? Was unterscheidet Sterbebegleitung von Sterbehilfe?

Mist, wo ist die zweite Hälfte des Blogposts geblieben? Den ich schon geschrieben und meines Wissens auch gespeichert hatte? Argh.

Verzeihen Sie mir, ich bin hier noch nicht fertig, muss aber zum Zug nach Bremen. Wenn ich die zweite Hälfte noch wiederfinde, reiche ich sie nach. Sonst nächste Woche… Versprochen.

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