Novemberblues oder Novemberreggae?

Es regnet. Seit Stunden. Ohne Unterbrechung. Wenn Sie wissen, wie eine Katze aussieht, die leicht angefeuchtet unter einem nicht sehr wasserdichten Gebüsch kauert und missmutig darauf wartet, dass die Sonne wieder durchbricht, wissen Sie, wie ich mich fühle.

Als ich sagte: „Ich hätte gerne häufiger die Gelegenheit, Aquafit zu machen!“, meinte ich: Baut mir einen Pool vor die Haustür.
Und nicht: Regnet, bis mir das Wasser bis zum Hals steht!

Natürlich habe ich keinen Schirm bei mir, aber selbst wenn ich einen hätte: Schirme benutzen in Hamburg nur Touristen und Menschen, denen es nichts ausmacht, sich für jeden Regen einen neuen Schirm zu kaufen. In Hamburg kommt der Regen grundsätzlich von allen Seiten und zwischendurch pfeift auch immer mal eine kleine Sturmböe vorbei, die auch Regenschirme, die deutlich teurer waren als 5 Euro und deutlich schwerer sind als 5 Kilogramm, mal eben in surrealistische Skulpturen verwandeln, mit denen kreative Menschen noch viel anzufangen wissen. Nur vor Wasser von allen Seiten schützen sie eben nicht mehr.

Wer bei diesem Wetter in Hamburg nicht nass werden möchte,
trägt altmodisches Ölzeug von Kopf bis Fuß oder neumodisches
Funktionszeug im Wert eines Kleinwagens.
Oder er bleibt zu Hause.

Also. Zeit für den Novemberblues. (Und natürlich dafür, ein paar Tweets mit mehr als 140 Zeichen nicht zu twittern, sondern hier ganz elegant und dekorativ einzusetzen.) Novemberblues deshalb, weil dieser ekelhaft verstimmte Zustand, in dem ich mich gerade befinde, ja schließlich nichts Ernstes ist und ich mir nicht anmaßen möchte, es depressive Verstimmung oder Burnout zu nennen. Schließlich schaffe ich ja noch alles, was ich schaffen muss, und nebenbei reiße ich sogar noch dämliche Witze.

Es ist halt nur einer dieser Tage, an denen ich stundenlang darüber weinen könnte, dass ABBA sich getrennt hat. Damals, 1982. Obwohl das ja damals gar nicht als Trennung bezeichnet wurde, sondern als Pause. Ich war damals 18 Jahre alt, las die Bravo nur noch, wenn sie beim Zahnarzt im Wartezimmer lag, und hatte keinen Zugang zu gesicherten Informationen. So konnte sich ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir am Leben halten, dass das alles nur Gerüchte seien und es vielleicht doch eines Tages noch eine ABBA-Deutschland -Tournee geben könnte. Bis sich irgendwann die Berichte darüber, dass irgendein Gruppenmitglied, meistens Agnetha, einen gemeinsamen Auftritt abgelehnt hatten, häuften und ich endlich begreifen musste, dass es ABBA schon seit Jahren nicht mehr gab. Schon seit Jahren. Und den Zeitpunkt, darüber zu sprechen oder gar zu weinen, hatte ich klar verpasst.

Damals war das eben so. Erst viel später wurde mir klar, dass ich hier ganz klar Trauerarbeit nachzuholen hatte. Schließlich war ABBA jahrelang meine unangefochtene Lieblingsband gewesen und Agnetha und Frida meine ersten Gesangslehrerinnen und musikalischen Vorbilder gewesen.

Meine fünf All-Time-Favourite-Top-Five-Abba-Songs sind übrigens:
The Name of the Game
Fernando
SOS
When I kissed the Teacher
I’ve been waiting for you
I wonder (Departure)
The Day before you came

Wenn ich an Tagen wie dem heutigen nicht über ABBA heule, dann vielleicht darüber, dass es im Büro öde ist oder ich noch immer keinen Heimplatz für meine Mutter habe und sie immer abwechselnd sehr beunruhigt in eine ungewisse, einsame Zukunft schaut oder beschließt, dass es ihr ja auch gut genug geht, um gar nicht in ein Heim zu wollen. Oder darüber, dass es ausgerechnet in der Mittagspause regnet und ich nichts zu essen kriege, ohne dabei komplett nass zu werden.

Weiterhin doof ist, dass mein treues Smartphone, das Samsung Galaxy S5, allmählich den Geist aufgibt. Es überhitzt schon bei ganz normaler Benutzung (und Außentemperaturen im einstelligen Bereich) und der Akku entlädt sich schneller, als ich das Ladekabel einstöpseln kann. Die Entscheidung für ein neues Telefon fiel mir nicht so furchtbar schwer; ich habe mich für das Galaxy A5 2017 entschieden, das mein Freund schon seit einigen Monaten sehr gerne benutzt. Blöd ist, dass ich für dieses Smartphone erstmals eine Nano-Simkarte brauche und dass mein Mobilfunkanbieter Congstar, mit dem ich sonst wirklich sehr zufrieden bin, diese mit DHL Express verschicken wird. DHL Express ist Altgriechisch und bedeutet: „Du wirst zwei Wochen nichts von uns hören und dann erfahren, dass deine Simkarte seit drei Wochen in einem DHL-Express-Depot am anderen Ende der Stadt liegt, das nur zweimal pro Monat für jeweils zwanzig Minuten geöffnet ist und das Päckchen am nächsten Montag an den Absender zurückschickt.“ Ich freue mich. Sehr.

„Könnt ihr nicht die dem Postboten öffnen
und die Simkarte entgegennehmen?“
„Miau?“
„Ja, ihr dürft dafür eine Perücke aufsetzen
und meinen Lippenstift benutzen!“
„Miau.“
„Das kostet achtzehn Tütchen und
zwei Pakete Catsticks?“
„Miau.“
„Na gut. Kann ich in Raten zahlen?“
„Miau… miau.“
„Zinsen? Was denn für Zinsen?“
„Miau.“

Ich vermute, die Katzen werden den Postboten fressen. Hoffentlich nehmen sie ihm vorher meine Simkarte und alle Päckchen mit essbarem Inhalt ab.

Wenn ich Ihnen noch etwas was ans Herz legen darf für diese ekligen Novemberblues-Tage, dann einen zu Unrecht vergessenen Song von ABBA: Tropical Loveland. Reggae-Rhythmus, handgemacht mit Gitarre und Akkordeon, plus man kann zweistimmig mit sich selbst singen. Ich finde, das hilft. Gegen vieles.

„Oh, it’s a tropical loveland
Oh, I want to share it with you
Life can be funny
Happy and sunny
Oh, in my tropical loveland“
Quelle: ABBA

giphy

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