Zu viel zu tun

Es ist gerade alles ein bisschen viel, finden Sie nicht auch? Der Tag hat angeblich noch immer 24 Stunden, mag sein, aber die stehen ja schließlich nicht alle zur Verfügung. Also, jedenfalls nicht mir. Weder um sinnvolle oder unterhaltsame Dinge zu tun, noch um mich zu erholen. Einen großen Teil der 24 Stunden verbringe ich damit, so scheint es mir jedenfalls, mich todmüde aber schlaflos hin- und herzuwälzen oder aber erregt und gleichzeitig antriebslos auf der Bett- oder Sofakante zu sitzen und mir Sorgen darüber zu machen, wie ich „das alles“ schaffen soll.

Ein weiterer großer Teil der Zeit vergeht damit, mit Hilfe der Hamburger Nahverkehrsapp herauszufinden, welcher Bus heute welche Umleitung fährt und wie ich trotzdem an meinen Arbeitsplatz, egal ob der gerade in Altona oder in Allermöhe auf mich wartet, gelange. In der Tat fährt momentan kein einziger der Busse, die ich für beide Strecken nutze, einfach seinen normalen Linienweg. Auf der Strecke nach Altona wird gerade die Straße erneuert und vielleicht ein Radweg angelegt, auf der Strecke zum Deich hatten sie – unter anderem – noch keine Zeit, die Straßensperrungen, die für das große Bürgerfest am Tag der deutschen Einheit notwendig waren, wieder abzubauen und weiter ländlich, schon kurz vor dem Ziel, sorgt ein Wasserrohrbruch an einer mir unbekannten Stelle dafür, dass mein Bus eine hübsche aber langwierige Umleitung über Kirchwerder und Neuengamme fährt statt einfach über Reitbrook nach Allermöhe zu fahren.

Morgen beginnt übrigens die Hamburger Hospizwoche. Das ist eine gute Sache, denn da finden in allen möglichen Einrichtungen, die Hospiz- oder Palliativarbeit machen oder sich damit verbunden fühlen, interessante Veranstaltungen statt. So auch bei uns, sowohl in Altona wie auch am Deich. Jeden Abend dürfen sich die paar Menschen, die noch bereit und willens sind, abends ihre Wohnung zu verlassen und eine Veranstaltung zu besuchen, zwischen mehreren schönen Angeboten entscheiden. Was dazu führt, dass die meisten Veranstaltungen nicht sonderlich gut besucht sind und ich in meiner Zuständigkeit für Öffentlichkeitsarbeit bis zum letzten Moment trommeln muss, um vielleicht noch ein paar Menschen vom Sofa zu locken.

Wobei ich ganz klar sagen muss: Ich würde mich auch nicht locken lassen, von so gut wie nichts. Was ich mir während der Pandemie zwangsläufig abgewöhnen musste, nämlich zum Vergnügen abends mit vielen Menschen zusammen in einem Raum zu sein, das fehlt mir wirklich überhaupt nicht. Weder Musik noch Theater noch Essen im Restaurant fehlen mir. Fast alles geht ja zu Hause, ohne Menschen, dafür aber mit Katzen. Und was will ich denn eigentlich mehr? Eben.

Weil danach aber mal wieder niemand fragt, bin ich in der Hospizwoche ganz schön auf Achse. Heute zum Beispiel, während Sie das hier lesen, eröffne ich eine Kunstausstellung, die Benefizkunstauktion „so oder anders“ im Altonaer Hospiz im Helenenstift. Später am Tag gestalte ich, gemeinsam mit meinen beiden liebsten Trauerbegleitungs-Kolleginnen, eine Gesprächsrunde zum Thema „Trauernde unterstützen – das können wir alle“. Beides schöne Sachen, aber eigentlich sitze ich am Sonntag auch gerne kekseessend auf dem Sofa, in Hamburg oder in Bremen.

Weitere Veranstaltungen in der Woche stehen an und wollen gestaltet und überstanden werden. Bin schon jetzt sehr gespannt, ob ich nach unserem Testballon „Wohnzimmergespräche am Deich. Folge 1: Wie komme ich ins Hospiz?“ am Mittwoch wohl den letzten Bus zurück in die Stadt erwischen werde und ob der dann auch über Neuengamme und Kirchwerder fährt.

Alles schön und gut, aber… Eigentlich treffe ich mich ja jedes Jahr mit meinem Bruder zum Gedenken an unseren Vater, und zwar zwischen dem Todestag (28. September) und seinem Geburtstag (8. Oktober). Wird wohl in diesem Jahr etwas verspätet stattfinden.

Und noch viel wichtiger: In der kommenden Woche feiern der große freundliche Mann unser zehnjähriges Jubiläum. Also, falls wir dazu kommen. Vielleicht sollte ich lieber „begehen“ sagen statt „feiern“. Zur Feier des Tages könnten wir auf dem Sofa sitzen, erst indisches und dann vietnamesisches Essen bestellen („aber nicht mehr als vier Gerichte pro Nase“) und mit Apfelschorle auf Jette und Jehan und Olga und Ida anstoßen. Und im Internet nach Hunden – anfängerfreundlich und katzenkompatibel – gucken. Schließlich ist das ein wichtiges Jubiläum. So zum Ende der Woche hin dann, wenn vielleicht alles wieder ein bisschen besser wird.

 

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